Interview
Schwieriger Neustart für Tirols Camping-Betriebe

Georg Giner ist optimistisch, nennt aber die Probleme der Campingplatzbetreiber beim Namen! | Foto: Natterer See
9Bilder
  • Georg Giner ist optimistisch, nennt aber die Probleme der Campingplatzbetreiber beim Namen!
  • Foto: Natterer See
  • hochgeladen von Manfred Hassl

Georg Giner ist Inhaber des Ferienparadieses Natterer See, WKT-Fachgruppenobmann für Freizeit- und Sportbetriebe, designierter Bundessprecher der Campingplatzbetreiber Österreichs und designierter Österreichsprecher in der EFCO-Lobby für Campingplätze.

Niemand kann die – schwierige – Situation der Campingplatzbetreiber besser beschreiben als Georg Giner. Im Interview gibt er einen Rückblick auf die vergangenen Wochen sowie einen Ausblick auf das, was jetzt kommen kann!

BB: Welche Auswirkungen hat die Krise in Ihrem Betrieb?
Giner: Bereits Ende Februar gab es einzelne Stornos von italienischen Gästen. Am 16. März wurden jene Gäste, die noch da waren, aufgefordert, die Heimreise anzutreten. Seit diesem Tag kämpfen wir mit 100 % Totalausfall. Vor Ort gibt es keine Gäste, es treffen keine Reservierungen, sondern nur mehr Stornierungen ein.

BB: Wie ist die aktuelle Situation?
Giner: In den Osterferien wären wir komplett ausgebucht gewesen. Aufgrund der Verlängerung der Reisewarnung in Deutschland werden auch die Pfingstbuchungen storniert. Dazu müssen wir auch Anzahlungen zurückerstatten. Die Ausgabe der Reisewarnung hat rechtliche Konsequenzen. Die gesamte Anzahlung muss zu 100 % refundiert werden. Die Leute wollen Geld sehen, nur wenige geben sich mit einer Gutbuchung auf ihrem Gastkonto zufrieden. Hochgerechnet bis Ende Juni beläuft sich die Schadensumme auf rund 1,3 Millionen Euro!

BB: Können vermehrte Buchungen von inländischen Gästen den Schaden einigermaßen mildern?
Giner: Ich nenne Ihnen einige Zahlen, aus denen das Kernproblem nicht nur bei uns, sondern in ganz Tirol klar hervorgeht: In Tirol stellen Gäste aus Deutschland mit 58 % die Hauptgruppe dar. Am Campingsektor kommen 42 % Deutsche, gefolgt von 20 % Holländern, 11 Prozent Schweizern, 6 % Italienern und 5 % Engländern – der Anteil der Österreicher liegt bei 4,5 %!
Entscheidend für uns ist also, dass die Grenzen nach Deutschland so schnell als möglich geöffnet werden. Ohne unsere Hauptquellmärkte Deutschland und Holland geht es nicht!

Das Ferienparadies Natterer See erhielt bereits viele internationale Auszeichnungen. | Foto: Natterer See
  • Das Ferienparadies Natterer See erhielt bereits viele internationale Auszeichnungen.
  • Foto: Natterer See
  • hochgeladen von Manfred Hassl

BB: Angenommen, die Grenzen öffnen sich wieder. Was erwarten Sie sich für die Sommermonate?
Giner: Die Stornobedingungen wurden gelockert – und das ist ein wahres Dilemma! Dadurch warten nämlich unsere internationalen Stammgäste bis zum letzten Abdruck mit der Stornierung. Diese Plätze sind also noch gar nicht offiziell frei. Dadurch können wir österreichischen Kunden auch nichts Passendes anbieten. Eine enorme Herausforderung. Aufgrund dieser Situation müssen wir Überbuchungsstrategien fahren, was wir ja gar nicht wollen.

BB: Wie beurteilen Sie die Situation der Camping-Betriebe in Österreich?
Giner: Der Shutdown hat alle massivst getroffen. Der Großteil der Campingplätze sind Sommerbetriebe, die ihren Umsatz zu 100 % in den Sommermonaten machen. In südlichen Gegenden wie Kärnten oder Steiermark gibt es einen größeren Anteil an Österreichern, was in Tirol wie erwähnt nicht der Fall ist.
Campingplätze, die Halbjahresstandplätze anbieten, haben ein weiteres Problem. Die Pauschale endet nach Ostern. Die Camper hätten nach den Osterferien abbauen müssen. Die Wohnwägen stehen immer noch da, weil die Besitzer nicht einreisen dürfen. Mit Blickpunkt Pfingsten sollten diese Plätze neu belegt werden, sind aber besetzt. Diese Gäste sollten also so schnell als möglich die Einreiseerlaubnis erhalten, um ihre Wohnwägen abholen zu können – aber ohne nach der unverzüglichen Heimkehr in Quarantäne gehen zu müssen.

BB: Sie dürfen am 29. Mai den Natterer See wieder öffnen. Mit welchem Gefühl blicken Sie diesem Datum entgegen?
Giner: Mit einem sehr gemischten Gefühl. Einerseits freue ich mich natürlich. Andererseits haben wir bis dato keinerlei Infos über die Detailregelungen. Beispiel: Wie viele Kunden gerechnet von der Gesamtkapazität dürfen wir hereinlassen? Ich fordere daher von der Regierung, dass entsprechende Verordnungen so schnell als möglich erlassen werden - wie brauchen Planungssicherheit.

Wann der Restaurantbetrieb wieder in vollem Umfang aufgenommen werden kann, steht noch nicht fest! | Foto: Natterer See
  • Wann der Restaurantbetrieb wieder in vollem Umfang aufgenommen werden kann, steht noch nicht fest!
  • Foto: Natterer See
  • hochgeladen von Manfred Hassl

BB: Wie ist die Situation am Gastrosektor in Ihrem Betrieb?
Giner: Wir müssen versuchen, österreichische Kunden vermehrt anzusprechen. In unserem Betrieb mit Restaurant und Pizzeria brauche ich mindestens sechs Arbeitskräfte ,um zu starten. Wir sind ein Tages-Ausflugsziel für Einheimische und haben das Problem, dass sich dieses Geschäft mit diesem Personalstand nicht rechnet, da 70 % des Tagesumsatzes am Abend durch die Hausgäste erzielt werden – und die fehlen. Darum rentiert sich keine Restaurantöffnung. Es gibt aber noch ein Problem. Unser Stammpersonal kommt teilweise aus dem Ausland. Es steht noch nicht fest, wer aufgrund der Beschränkungen überhaupt kommen kann. Das erschwert die Wiedereröffnung zusätzlich.

BB: Gibt es keine Möglichkeit für eine Übergangslösung?
Giner: Doch! Wir starten praktisch mit der Eröffnung unseres Imbiss am See, wo wir mit überschaubarem Personalaufwand arbeiten und wenigstens ein bissl was verdienen können. Burger, Würstel, Pommes, Kaffee und Kuchen gibt es ab sofort bei schönem Wetter ab 11 Uhr.

Weitere Berichte: www.meinbezirk.at/westliches-mittelgebirge

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.