Grinzens: BürgerInnenrat zum Projekt Flüchtlingsaufnahme
Viele Pro und Kontras bei Infoversammlung – jetzt soll ein "Bürgergremium" in dieser Causa einberufen werden!
Wie nicht anders zu erwarten, platzte der Gemeindesaal in Grinzens am Montag aus allen Nähten. Die Gemeindeführung hatte zu einer Infoversammlung zum Thema Flüchtlingsaufnahme geladen. Die Bühne gehörte allerdings nicht den Gemeindevertretern, sonden den Verantwortlichen der Betreuungsfirma Ibis Acam. Mag. Martin Straganz, Psychologin Mag. Vanessa Sari und Teamleiter Gerald Stern präsentierten Details über die Firma sowie über das künftige Betreuungskonzept in Grinzens. Weiters waren auch Markus Mülleder von der Abteilung Kinder und Jugend des Landes Tirol anwesend, der über seine Erfahrungen als Streetworker, Sozialarbeiter sowie als Begleiter in der Betreuung minderjähriger Flüchtlinge berichtete. Moderiert wurde die Diskussion von Mag. Rainer Krismer (Begleiter von Partizipations- und Nachhaltigkeits-Prozessen sowie für Gemeinde- und Organisationsentwicklung).
Wohngemeinschaft in Grinzens
Die Vorstellung des Betreuungskonzeptes brachte nur einen neuen Aspekt. Demnach wird jetzt doch ein Betreuer auch in den Nachtstunden in der "Wohngemeinschaft SAWA" (arabisch für: "zusammen") anwesend sein. Bei der Firma Ibis Acam Bildungs GmbH handelt es sich im ein heimisches Unternehmen, das als "Österreichs größter privater Bildungsträger" ausgewiesen ist. Neben vielen anderen Projekten steht auch die Betreuung von MigrantInnen auf dem Programm. In Grinzens werden maximal 21 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge besagte Wohngemeinschaft in einem Haus im Ortszentrum bilden. Insgesamt stehen dort zehn Betreuer zur Verfügung (einen detaillierten Bericht samt Betreuungskonzept finden Sie HIER)
Viele Fragen
Bei der Fragestunde gab es viele Wortmeldungen, Appelle und Aufrufe, diesem Projekt positiv gegenüberzustehen, aber auch zahlreiche klare Stimmen, die sich dagegen aussprachen. Die Finanzierung des gesamten Projektes bzw. die Haftungsfrage bei allfälligen Vorkommnissen, die generelle Verträglichkeit eines derartigen Projektes in einem kleinen Dorf, die Durchführbarkeit der geplanten Maßnahmen, aber auch Hinweise auf die Kriminalstatistik samt Befürchtungen betreffend Übergriffe ("Sind Frauen und Kinder in Gefahr") blieben nicht unerwähnt. Auch der "freie Ausgang" der Jugendlichen in den Nachtstunden, für die ebenso wie für heimische Jugendliche der verschiedenen Altersstufen die österreichischen Gesetze gelten, stieß nicht überall auf ungeteilte Freude.
Unzufriedenheit
Die massiven Bedenken, die von den Projektgegnern geäußert wurden, konnten von den Ausführenden an diesem Abend nicht vollständig zerstreut werden. Viele Antworten ließen noch Details offen. Zu viele Unsicherheiten blieben im Raum stehen, wobei die künftigen Betreiber des Projektes auch nicht sonderlich gut vorbereitet wirkten und offensichtlich den Andrang der Interessierten unterschätzt hatten.
Widmungsfrage ungeklärt
Bgm. Anton Bucher brachte seinerseits erneut zum Ausdruck, dass er dem Projekt positiv gegenübersteht. Anfragen, die den Zustand bzw. die rechtlichen Grundlagen einer Widmung des Gebäudes für ein derartiges Projekt betreffen, würden geklärt, sobald eine definitive Entscheidung über die Aufnahme gefallen sei, so der Bürgermeister. Die übrigen Gemeinderäte – sofern sie anwesend waren – gaben keine Stellungnahmen ab.
BürgerInnenrat in Vorbereitung
Am Ende der Diskussion stellte Mag. Rainer Krismer ein Projekt vor, dass hierzulande noch wenig genutzt wird, in Vorarlberg aber aufgrund der positiven Erfahrungen bereits in die Landesverfassung aufgenommen wurde (ein "Handbuch" des Landes Vorarlberg zu diesem Thema finden Sie HIER) Es besteht die Möglichkeit, einen BürgerInnenrat einzuberufen, der sich mit einem speziellen Projekt auseinandersetzt. 15 GemeindebürgerInnen, die per Zufall durch Losung aus dem Melderegister ausgewählt werden, setzen sich dabei eineinhalb Tage lang mit allen Fragen, Problemen und Lösungsansätzen auseinander und präsentieren anschließend der Öffentlichkeit die Ergebnisse. Mit diesen Erkenntnissen wird dann wiederum der Gemeinderat befasst, der letztlich allfällige Entscheidungen trifft. Inklusive Auswertung und Präsentation erstreckt sich ein "BürgerInnenrat" über rund drei Monate.
Bgm. Anton Bucher kann sich ein derartiges Gremium durchaus vorstellen: "Ich habe davon erst seit kurzem gehört, finde ein solches Projekt aber sehr sinnvoll. Ich glaube, dass uns ein derartiges Vorgehen in dieser Frage wesentlich weiterbringen würde!"
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