Schreibwettbewerb der BezirksZeitung
"So eine freche Rübe" von Sophie

Die strahlende Siegerin Sophie ist 10 Jahre alt und kommt aus Penzing. | Foto: Gase
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Sophie aus Penzing hat mit dieser Geschichte den Schreibwettbewerb der BezirksZeitung gewonnen.

WIEN/PENZING. Die Sonne schien durch das Fenster. Müde setzte Jakob sich auf und schwang die Beine aus dem Bett. Er schlüpfte in ein angenehmes Gewand und schlurfte zu seinem Vater in die Wohnstube. Das kleine Häuschen, in dem Jakob mit seinem Vater Anton Wisely wohnte, stand direkt neben dem Stephansdom. Das war gut, da Herr Wisely der Organist in der Kirche war und so keinen besonders langen Weg zur Arbeit hatte.

„Guten Morgen, mein Junge!“, begrüßte Anton seinen Sohn. Jakob antwortete: „Guten Morgen, Vater! Unternehmen wir heute etwas zusammen?“. Aber Herr Wisely meinte: „Jakob, du weißt doch, dass in ein paar Tagen wichtiger Besuch in den Dom kommt und ich da Orgel spielen muss. Der Papst höchstpersönlich wird mir zuhören. Deswegen muss ich heute noch einmal proben!“

Jakob versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie sauer er war. Seit Tagen probte sein Vater. Nie hatte er Zeit für ihn. Er dachte mürrisch: „Ich wünschte, die blöde Orgel wäre kaputt!“. Da fiel sein Blick auf die Karotte, die auf dem Tisch lag und Jakob hatte eine teuflische Idee. Aufgeregt sprang er auf und stopfte die Karotte unauffällig in seine Jackentasche. Allerdings musste er noch bis zum Abend warten, um seinen Plan in die Tat umzusetzen.

Als sein Vater schlief, tapste Jakob nach Einbruch der Dunkelheit auf leisen Füßen ins Vorzimmer und zog sich eine Jacke und warme Stiefel an. Dann atmete er einmal tief durch und drückte die Tür des Hauses auf. Draußen wehte ein eisiger Wind, der dem Jungen die dunkelbraunen Haare völlig zerzauste. Er fror erbärmlich. Aber Jakob ignorierte es und schlang die langen Arme um seinen Körper. Mit steifen Bewegungen lief er zum Stephansdom. Dort sah er vor dem Riesentor, dem größten Tor des Stephansdoms, zwei Männer stehen, die den Eingang bewachten.

Wegen des hohen Besuches waren vorübergehend wertvolle Kerzenleuchter im Mittelschiff des Doms aufgestellt worden, die vor Diebstahl beschützt werden mussten. Natürlich gab es noch andere Eingänge, doch die waren verschlossen. Jakobs Kopf arbeitete auf Hochtouren. Er wollte gerade aufgeben und seinen dummen Plan sein lassen, da kam ihm plötzlich eine tolle Idee. Sein Vater hatte ihm doch von einem kleinen Seiteneingang neben dem Zahnweh-Herrgott erzählt. Das war eine Statue, die auf der hinteren Seite des Doms hing.

Mit schnellen Schritten und neuer Energie umrundete er den Stephansdom. Da! Jakob hatte den Zahnweh-Herrgott entdeckt. Dort begann er die Mauer abzusuchen und entdeckte wenig später einen versteckten Eingang. Der Weg dahinter war noch dunkler als die Nacht und überall hingen Spinnweben. Jakobs Herz schlug so laut, dass er meinte, jeder im Umfeld von einem Kilometer könnte es hören. Nach ein paar Minuten war er keuchend am Ende des Ganges angekommen. Ehe er es sich versah, stand Jakob im Stephansdom.

Die geöffneten Flügel des Altars warfen gespenstische Schatten auf den polierten, rutschigen Boden. Er wendete sich ab und suchte nach der großen Orgel. Es war gruseliger als gedacht nachts allein im Dom. Fast bemerkte Jakob nicht, dass er beinahe gegen die Kanzel gestoßen wäre. Er sah auf und fand sich Auge in Auge mit einer Schlange, die auf dem Handlauf der Kanzel abgebildet war. Natürlich wusste Jakob, dass sie nicht echt war, doch er schauderte am ganzen Körper. Aber er riss sich zusammen, eilte von der Kanzel weg und schlich sich an der Dienstbotenmadonna vorbei, ohne sie anzusehen.

Neben Zauberstab und Karotte, musste auch der Stephansdom im Text vorkommen. | Foto: Pixabay
  • Neben Zauberstab und Karotte, musste auch der Stephansdom im Text vorkommen.
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  • hochgeladen von Nicole Gretz-Blanckenstein

Endlich kam er zur Treppe, die zur Orgel führte und lief nach oben. Schon oft hatte Jakob zugesehen, wie sein Vater auf der Orgel gespielt hatte. Früher, als seine Mutter noch lebte, hatten sie gemeinsam sein Spiel bewundert. Fast überlegte er es doch nicht zu tun, doch dann fiel Jakob wieder ein, wie wenig Zeit sein Vater für ihn hatte und seine Entscheidung stand fest. Entschlossen nahm er die Karotte aus seiner Jackentasche und stopfte sie schnell in eine kleine Orgelpfeife. Jetzt war es geschafft, er hatte es wirklich getan. Jakob warf der Orgel noch einen verächtlichen Blick zu, dann verließ er den Dom. Nun hatte er keine Angst mehr. Sein Vater würde morgen bei der Probe bemerken, dass die Orgel nicht mehr funktionierte und einen großen Schreck bekommen. „Dann hat er endlich wieder mehr Zeit für mich“, triumphierte Jakob.

Am nächsten Morgen als Jakob wach wurde, war sein Vater schon in der Kirche angekommen und setzte sich an die Orgel. Er fuhr sich durch das streng zurückgekämmte Haar und begann zu spielen. Doch schon nach dem ersten Ton, zuckten seine Finger zurück, als hätte er auf eine heiße Herdplatte gegriffen. Warum hatte die Orgel so unglaublich schief geklungen? Verwirrt spielte der Organist weiter, weil er dachte, es könnte besser werden. Doch das wurde es auch nach mehreren Versuchen nicht, immer wieder klang es furchtbar. Pater Herrmann, der Leiter des Domes, kam die Treppe nach oben gelaufen und sah Herrn Wisely fragend an. „Warum klingt die Orgel so schrecklich?“, fragte der Pfarrer mit besorgter Stimme. „Ich weiß nicht, woran es liegt!“, seufzte der Organist kummervoll.

Sie untersuchten gemeinsam das Instrument, doch sie entdeckten die Karotte nicht. Da kam ein junger Mann die Treppe nach oben gelaufen. Er hieß Matthias und war Messdiener im Stephansdom. Auch er hatte gehört, wie schief die Orgel geklungen hatte und meinte ängstlich: „Bestimmt hat der Teufel die Orgel verflucht. Nur der berühmte Zauberer Cassaras von Zauberfels kann uns noch helfen!“. Die drei Männer einigten sich darauf, den berühmten Magier sofort um Hilfe zu bitten.

Es dauerte nicht lange, bis ein älterer Mann im blauen Seidengewand vor ihnen stand und mit weicher Stimme sagte: „Seid gegrüßt! Ich werde nun die Orgel von ihrem Fluch befreien!“. Cassaras von Zauberfels streichelte das Instrument mit seinen runzeligen Fingern und warnte: „Tretet einen Schritt zurück!“. Langsam holte er seinen goldenen Zauberstab heraus und schwenkte ihn ein paar Mal in der Luft. Bei genauerem Hinsehen erkannte Herr Wisely, dass der Magier Zeichen in die Luft malte und dabei leise Zauberformeln murmelte. Er hielt die Luft an, als Cassaras den Stab wieder sinken ließ. „Nun ist die Orgel vom Fluch erlöst!“, verkündete er hoheitsvoll und verließ hoch erhobenen Hauptes den Dom.

Herr Wisely war so aufgeregt, dass er sogar vergaß, sich bei dem Zauberer zu bedanken. Eilig setzte er sich und begann zu spielen. Doch schon nach den ersten Tönen stand er wieder auf, denn das Instrument klang genau wie davor. Nun meinte Pater Herrmann: „Ich werde den Besuch des Papstes jetzt absagen. Ohne Musik gibt es auch keine Messe.“ Er wandte sich Herrn Wisely zu und seufzte unglücklich: „Ihr könnt nachhause gehen!“.

Bekümmert verließ der Organist den Dom und wartete in seinem Haus auf Jakob. Als der Junge nachhause kam, tat er so, als wäre er erstaunt, dass sein Vater schon zurück war. Doch er erschrak, als Anton in Tränen ausbrach und sich in seine Schlafstube verzog. Jakob hatte Mitleid mit seinem Vater und er schämte sich für das, was er getan hatte. Er konnte gar nicht fassen, wie blind vor Wut er gewesen war und fasste einen Entschluss. Er würde heute Nacht wieder in den Stephansdom gehen, um die Karotte aus der Orgelpfeife zu entfernen.

Ein paar Stunden später schlich sich Jakob wie geplant nach draußen. Im Dom angekommen lief er auf dem schnellsten Weg nach oben zur Orgel. Er zog die Karotte aus der Pfeife, steckte sie schnell in seine Jackentasche und wollte verschwinden. Doch schon auf der dritten Stufe blieb er stehen. Jakobs Herz stand kurz still, denn ganz plötzlich war der Schatten eines Mannes zu sehen, der heimlich einen Kerzenleuchter aus Gold unter seinem Umhang verschwinden ließ. Hektisch sah sich der Dieb noch einmal um und verschwand im versteckten Seiteneingang.

Auch das Wort Karotte musste in der Geschichte vorkommen.  | Foto: Hochgesangt/unsplash

Jakob hatte aber im Mondlicht das Gesicht des Mannes gesehen. Es war der Zauberer Cassaras von Zauberfels. Jakob verharrte noch ein paar Minuten auf der Treppe und rannte dann nach unten. Nun hatte er es sehr eilig nachhause zu kommen. Als der Junge wieder im Bett lag dachte er: „Morgen früh werde ich zu Pater Herrmann gehen und ihm erzählen, was ich gesehen habe“. Auch, wenn ihm bewusst war, dass er dann beichten musste, was er so spät in der Nacht im Dom zu suchen gehabt hatte.

Gleich am nächsten Morgen setzte er seinen Plan in die Tat um und klopfte an die Tür des Paters. „Jakob, was machst du denn hier?“, fragte Pater Herrmann freundlich. „Ich wollte etwas mit euch besprechen. Ich glaube, nur ihr könnt mir helfen!“, antwortete Jakob verunsichert. Als er aber bemerkte, dass Pater Hermann ihm zulächelte, begann er ganz von selbst zu erzählen. Aufgeregt berichtete Jakob von dem Streit mit seinem Vater, dem geheimen Gang, der Karotte in der Orgelpfeife, dem plötzlichen Mitleid und von seiner Beobachtung im Dom. Als Jakob endete, war Pater Herrmann sprachlos. Doch auf einmal leuchteten seine Augen, er beugte sich zu Jakob hinunter und flüsterte ihm ins Ohr: „Ich habe eine gute Idee! Hör zu...“

Jakob verließ am Abend nun schon zum dritten Mal in Folge heimlich das Haus. Doch dieses Mal war er nicht allein. Aufgeregt lief Jakob zum Zahnweh-Herrgott, wo Pater Herrmann schon auf ihn wartete. Der Pfarrer hatte in der Zwischenzeit das Wirtshaus zur Goldenen Gans besucht, in dem sich Cassaras bekannterweise gerne aufhielt. Dort hatte er herumposaunt, dass zum Besuch des Papstes eine wertvolle Krone in der Katharinenkapelle des Stephansdoms aufbewahrt wurde. Nun hofften sie, Cassaras auf frischer Tat zu ertappen.
Jakob zeigte Pater Herrmann den geheimen Gang, den er in der 1. Nacht entdeckt hatte.

Im Dom legten sich die Beiden auf die Lauer, bis sie plötzlich eine Bewegung bemerkten. Angespannt warteten sie, bis Cassaras von Zauberfels am Eingang des Geheimganges erschien und zur Katharinenkapelle schlich. Als er dort die Krone unter seinem Mantel verschwinden lassen wollte, sprangen sie hervor und der Pfarrer packte den Zauberer von hinten. Jakob läutete wild an einer Glocke, die an der Wand befestigt war. Sofort stürmten die zwei Wachen herein und nahmen Cassaras fest. Pater Hermann erzählte ihnen gerade, was passiert war, doch Jakobs Aufmerksamkeit galt seinem Vater, der das Läuten ebenfalls gehört hatte und angelaufen kam. „Was macht du denn hier?“, fragte er seinen Sohn.

Pater Herrmann trat hinter Jakob und meinte: „Jakob wird euch morgen alles erzählen. Heute Nacht müsst ihr euch ausschlafen, denn morgen werdet ihr die Orgel spielen!“. „Aber die wurde doch vom Teufel verflucht!“, antwortete Herr Wisely verwirrt. „Vertrauen wir doch einfach auf unseren Gott,“ meinte der Pater mit einem Augenzwinkern in Jakobs Richtung. Ungläubig schüttelte der Organist den Kopf, nahm seinen Sohn wortlos an der Hand und zog ihn mit nachhause.

Am nächsten Tag begleitete Jakob seinen Vater zur Generalprobe. Als die beiden vor der Orgel standen, sah Jakob, wie die Hände seines Vaters zitterten. In seinem Gesicht sah man deutlich die Angst. Da fing Jakob ganz von selbst an zu erzählen. Er erzählte einfach alles. Sein Herz schlug immer schneller und bei manchen Stellen der Geschichte überschlug sich seine Stimme vor Aufregung. Doch als er geendet hatte, verspürte er eine unglaubliche Erleichterung.

Eine Weile sagte der Vater nichts, doch dann fing er plötzlich an zu lachen. Es schallte durch den ganzen Dom. Herr Wisely zog seinen Sohn in eine feste Umarmung und versprach: „Es tut mir leid, ich werde mir in Zukunft mehr Zeit für dich nehmen!“ Nachdem sie sich voneinander gelöst hatten, setzte er sich an die Orgel und begann zu spielen. Seine Finger flogen über die Tasten und wunderbare Musik tönte durch den Stephansdom.

Als er geendet hatte, lief Matthias zu ihnen hinauf und jubelte: „Der teuflische Fluch ist verschwunden! Und ich dachte, Cassaras von Zauberfels ist ein Scharlatan und ein Dieb, nun hat er doch ein Wunder bewirkt!“. „Das hat er nicht. Es bleibt allerdings ein Geheimnis, was mit der Orgel los war. Aber eines kann ich euch sagen: Sie war nie verflucht!“ lachte Anton und zog seinen Sohn ein zweites Mal in die Arme. In diesem Moment war schwer zu sagen, wer von beiden gerade glücklicher war. Beide hatten in den letzten Tagen viel gelernt und eine wundervolle Zeit lag vor ihnen.

Die strahlende Siegerin Sophie ist 10 Jahre alt und kommt aus Penzing. | Foto: Gase
Neben Zauberstab und Karotte, musste auch der Stephansdom im Text vorkommen. | Foto: Pixabay
Auch das Wort Karotte musste in der Geschichte vorkommen.  | Foto: Hochgesangt/unsplash
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