Kaup-Hasler zu Lueger-Denkmal
"Wir können die Vergangenheit nicht wegputzen"

- "Würden wir das Lueger-Denkmal aus dem Blick räumen, nehmen wir uns die Möglichkeit, uns mit der eigenen Vergangenheit kritisch auseinanderzusetzen", so Kaup-Hasler.
- Foto: Markus Spitzauer
- hochgeladen von Nicole Gretz-Blanckenstein
Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) spricht im großen Interview mit der BezirksZeitung über das Lueger-Denkmal und wie wir mit unserer dunklen Vergangenheit umgehen sollten.
WIEN. Heute, Mittwoch, wurde die Installation "Lueger Temporär" bei der Karl-Lueger-Statue eröffnet. Im Zuge dessen hat die BezirksZeitung Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler zum Interview gebeten.
Warum gibt es eine temporäre künstlerische Auseinandersetzung mit dem Lueger-Denkmal, wenn jetzt der Wettbewerb zur permanenten künstlerischen Kontextualisierung gestartet ist?
VERONICA KAUP-HASLER: Seit 2020 gibt es eine öffentlich geführte Auseinandersetzung mit extremen Positionen. Die einen, die gar nichts verändern wollen; die anderen, die die Statue weghaben wollen. Daraufhin haben wir die verschiedenen Stimmen aus unterschiedlichsten Feldern zu einem Treffen ins Rathaus geladen, um die Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen. Danach war klar, die Stadt muss etwas tun, das über die bestehende Informationstafel, den "Wienkl", hinausgeht. Wir haben uns für eine künstlerische Kontextualisierung des Denkmals und einen geladenen Wettbewerb entschieden. Für die Ausarbeitung der Grundlagen wurden vier Historiker gebeten, unterschiedliche Aspekte zu Lueger aus zeitgenössischer Sicht zu betrachten, weiters bedarf es auch einer technischen Prüfung der Möglichkeiten. Das alles benötigt Zeit. Um hier in der Zwischenzeit ein Signal zu setzen, dass dieser Dialog fortgesetzt wird und die Stadt nicht die Hände in den Schoß legt, braucht es manchmal Symbole und Zeichen. Das temporäre Kunstwerk ist so ein starkes Zeichen.
Inwiefern?
"Lueger Temporär" ermöglicht und schafft einen neuen Denkraum, der für alle offen ist. Es ist ein Ort, wo wir reflektieren, uns mit Geschichte auseinandersetzen und der in gewisser Form rätselhaft ist und auch bleibt. Und das ist auch gut. Denn Kunst muss nicht immer eine banale Antwort parat haben, sondern kann auch zum Nachdenken und Sinnieren anregen.

- Seit Mittwoch, 12. Oktober, steht die künstlerische Kontextualisierung "Lueger Temporär" bei der Lueger-Statue.
- Foto: Iris Ranzinger/KÖR
- hochgeladen von Nicole Gretz-Blanckenstein
Zusatztafeln oder künstlerische Interventionen: Wie sollten wir mit kritischen Denkmälern umgehen?
Ich glaube an Erkenntnisgewinn durch Kunst und gleichzeitig glaube ich an Aufklärung durch Information und zeitgenössische Geschichtswissenschaft. In den Geschichtsbüchern meiner Kindheit stand noch, dass Österreich das erste Opfer von Nazideutschland war. Also wir haben offensichtlich in unterschiedlichen Zeiten einen sich wandelnden Blick auf das, was unsere Vergangenheit ausmacht. Daher sehen wir Lueger heutzutage richtigerweise so viel kritischer als noch vor 20, 30, 40 Jahren. Das heißt, wir brauchen für Menschen, die sich im öffentlichen Raum bewegen, klare Zeichen des Bruches mit dieser Vergangenheit und eine klare Distanzierung von dieser Vergangenheit. Und das kann Kunst.
Es gibt Personen, die grundsätzlich die Entfernung kritischer Denkmäler und Straßennamen aus dem öffentlichen Raum fordern.
Das halte ich für eine äußerst problematische Haltung. Wir können uns die Vergangenheit nicht schön färben oder wegputzen, so gerne wir hätten, dass in dieser Stadt nie was Böses passiert wäre. Wir müssen einfach anerkennen, dass viele unserer Vorfahren diese Faschismen mitgetragen haben. Wir brauchen eine kritische Auseinandersetzung. Würden wir das Denkmal aus dem Blick räumen, nehmen wir uns die Möglichkeit, uns mit der eigenen Vergangenheit kritisch auseinanderzusetzen. Denn über eine Leerstelle kann man nicht diskutieren.
Wie geht es jetzt mit dem Lueger-Denkmal weiter?
15 Künstlerinnen und Künstler aus dem In- und Ausland wurden zum Wettbewerb für die permanente Kontextualisierung eingeladen. Diese werden jetzt Entwürfe erarbeiten und dann wird es im Frühsommer hoffentlich eine spannende Lösung geben. Wenn alles passt, könnte es im Herbst 2023 zu einer Aufstellung kommen.
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