Zu nackt für St. Peter?
von Karl Kreska
WR. NEUSTADT (kre.) „Skandalöse Ausstellung - Sogar Polizei musste her“, so titelte eine Bezirkszeitung anlässlich der Eröffnung der Fotoausstellung des in Wiener Neustadt geborenen Fotografen Roland Pleterski am 5. März 1992 in St. Peter an der Sperr - und zitierte einen erbosten Besucher: „Das ist nicht Kunst, das ist Pornographie“. Es war die erste turbulente Vernissage in den ehrwürdigen Gemäuern.
Als sich Pleterski bereit erklärte, in St. Peter auszustellen, freuten sich die Kulturverantwortlichen der Stadt sehr. Schließlich war der ein international anerkannter Fotograf, der von Magazinen wie „Vogue“ und „Harpers’s Bazar“ gebucht wurde. Erst beim Auspacken der Ausstellungsfotos stellte der damalige Kulturamtsleiter Peter Radmeyer fest, dass sich neben den hervorragenden, aber nicht besonders spannungsreichen Fotos aus verschiedenen Weltgegenden, mit Portraits von Menschen, die ihre Traurigkeit und Lebensfreude zeigten, bei den Aktfotos auch "überaus gewagte, ungewöhnlich freizügige Arbeiten" befanden, bei denen die voyeuristisch-realistische Kamera auch weiß bemalte Modelle mit rosa schimmernden Schampartien einfing, die einen besonderen Kontrast darstellten.
Nach Eröffnung der Schau hagelte es auch Proteste, wobei die Reaktionen von geschmacklos bis Entrüstung, von „Fleischbeschau“ bis „Hobby-Gynäkologie“ reichten. Schließlich wurde von den Verantwortlichen ein Jugendverbot bis 16 Jahre erlassen.
Peter Wittmann, damals Vizebürgermeister und Kulturverantwortlicher meint heute: „Die Ausstellung war wahrlich ein Aufreger. Ob das heute auch so wäre, weiß ich nicht, inzwischen sind so viele Skandale jeder Art passiert, dass die Menschen teilweise schon abgestumpft sind. Kunst muss aber polarisieren.“
Zur Person: Roland Pleterski (21. 4. 1920 in Wr. Neustadt - gestorben 2000), galt als hervorragender Modefotograf. Lebte in den USA.
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