Das Fremde ist unsere Chance

Was befähigt uns, der Welt zu begegnen, wenn die Welt zu uns kommt?
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Was uns vertraut ist, engt unseren Horizont ein. Erst in der Irritation finden wir Anlässe, unsere Möglichkeiten zu erweitern.


Aber das bedeutet auch: raus aus der Komfort-Zone! Kennen Sie das Problem? Man erkennt ziemlich schnell jene Menschen, die vor zehn bis 15 Jahren aufgehört haben, sich noch für irgendwas Neues zu interessieren.

Wer beizeiten mit dem Dazulernen Schluß gemacht hat, wird schnell eine Bürde für andere, denn irgendwer muß ja die kniffligeren Jobs machen, die uns die Welt stets aufbürdet. Das schafft niemand, der noch nicht in der Gegenwart angekommen ist.

Setzen Sie sich einmal in eine Runde, wo Sie kein Wort verstehen, wo Sie geduldig warten müssen, bis sich vielleicht jemand mit vertrauten Sätzen an Sie wendet. Weltreisende kennen das Problem, aber auch zuhause können wir damit Erfahrungen sammeln.

Bei uns geht es Flüchtlingen so. Wenn sie Pech haben, müssen sie Tage und Wochen warten, bis ihnen jemand ihre Situation darlegt, ihre Rechte erklärt, ihre Pflichten erläutert. Warum sollten wir uns mit solchen Anforderungen vertraut machen? Weshalb sollten wir dem Fremden womöglich mit Vorsatz begegnen, dabei auch noch eigene Irritationen riskieren?

Ich will es Ihnen verraten, denn es spricht sich nur zäh herum. Seit der „Untertanenbefreiung“ für über 150 Jahren hat sich die Welt so grundlegend verändert, da kann sich kaum noch jemand bloß im milden Schatten des heimischen Kirchturms aufhalten.

Die Welt kommt zu uns, wo etwa, wie im Raum Gleisdorf, reger Zuzug herrscht, weil die Lebensqualität der Region verlockend ist. Doch viele unserer Kinder wandern ab, wo Gemeinden keine Betriebe mehr haben, wo der Region in manchen Bereichen die Arbeitsplätze ausgegangen sind.

Im rasanten Zuzug müssen wir also lernen, uns mit Menschen zu arrangieren, die andere Lebensvorstellungen daherbringen; und da meine ich noch nicht einmal Flüchtlinge, Immigranten, sondern etwa gut situierte Leute, die in Graz arbeiten, aber hier angenehm wohnen möchten. Fragen Sie Bürgermeister kleiner Gemeinden, wie da soziale Konflikte plötzlich hochgehen können!

Umgekehrt sollten wir unsere Kinder sozial und kulturell rüsten, daß sie sich in der Welt bewähren können, wo sie dann die Fremden, die Neuankömmlinge sind. (Ist Ihnen klar, wie gefragt gute ausgebildete Fachkräfte aus Österreich in der Welt sind?)

Wenn dann Orte ohne jeden eigenen Betrieb auch nur noch zweimal am Tag einen Postbus sehen, dann werden Sie vielleicht froh sein, falls ihr Kind den Sprung in eine andere Gegend schafft, anstatt zuhause mit 28 aus dem „Hotel Mama“ in die Arbeitslose zu stolpern.

Wie erwähnt, die Welt kommt längst zu uns und unsere Leute müssen oft in die Welt hinaus. Wir sollten alle mehr als bloß eine Sprache können und wir sollten fähig sein, uns zurechtzufinden, wenn wir gerade einmal kein Wort verstehen und auch nicht kapieren, wie die Leute ticken, mit denen wir im Zimmer sitzen.

Solche Erfahrungen und Kompetenzen nützen uns zuhause ebenso wie auf anderen Kontinenten.

Wenn uns also wer erzählen möchte, daß zum Beispiel eine Gruppe von 30 Syrern und Afrikanern in einer Zenhntausend-Seelen-Stadt wie Gleisdorf ein Problem sein soll, dann haben wir es entweder mit einem Agenten der Blödheit zu tun oder mit jemandem, der weiter ungestört hinter seinem Ofen hocken möchte und zitternd hofft, daß die Welt sich nie ändert.

Andere werden zu schätzen wissen, was etwa Helen Wieser mit ihrem Kulturprojekt „Fokus Mitmensch“ anstrebt, nämlich eine „Communication between Civilizations“, also eine Kommunikation zwischen Zivilisationen. So entsteht vor Ort die Gelegenheit, sich mit interessanten Personen auseinanderzusetzen, mit dem Bäcker, dem Ingenieur, dem Handwerker, dem Studenten, die aus völlig anderen Kulturen kommen.

Sie haben zwangsläufig jene Flexibilität und Wachheit entwickelt, die in uns teilweise schon etwas eingeschlafen ist. Sie erinnern uns daran, was eigentlich zählt, was im Leben wichtig sein kann, wenn man allerhand Wohlstands-Ramsch einmal beiseite räumt.

Es gibt also gute Gründe, die Kompetenzen dieser Menschen auf ihrem erzwungenen Transit zu würdigen. Dazu bietet übrigens die Gleisdorfer Galerie „Einraum“ im Juni 2015 Gelegenheit.

Siehe dazu auch: „Herausfinden, wer man andernorts ist“ [link]

Was befähigt uns, der Welt zu begegnen, wenn die Welt zu uns kommt?
Helen Wieser, selbst erfahrene Immigrantin, balanciert eine Kommunikationssituation, in der drei Sprachen das Minimum sind.
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