Staatsmeisterschaft Latein 2015 & Minnerl Sandner, Latein-Weltmeisterin 1959

1958 - International Rumba, Foto aus dem Privatarchiv von Gerhard Sandner
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Am 21.3.2015 ist es wieder soweit.
Die Staatsmeisterschaft in Latein wird ausgetragen. Österreichs beste Lateiner treffen einander und demonstrieren dem faszinierten Publikum ihre tanzsportlichen Fähigkeiten. Sie bringen, streng nach Reglement, diese einzigartige Mischung von Musik, Bewegung und Rhythmusgefühl, sportlich aufs Parkett.
Neben dem Titel Staatsmeister, erhält die Dame des Staatsmeisterpaares, zusätzlich den legendären „Minnerl Sandner Gedächtnis-Pokal „.
Ein Wanderpokal, gestiftet vom Ehemann und Tanzpartner, dieser überaus emanzipierten und sehr sportlichen, Minnerl Sandner.

Unsere Recherchen haben uns in das urbane Großstadttreiben Australiens geführt.

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Gerhard, vor kurzem hat der ORF wieder „Darf ich bitten Frau Gemahlin“, von 1960 ausgestrahlt. Eine Melange aus urigem Wiener Schmäh und sehr gezielt angelegten Tanzlektionen, in der du mit deiner Tanzpartnerin und Ehefrau Minnerl, die Hauptrolle gespielt hast.
Wie findest du das?

GERHARD SANDNER:
Es freut mich aufrichtig, dass der ORF diese Serie wiederholt hat. Diese Sendereihe, mit dem legendären Ernst Waldbrunn als Frontman, begann am Freitag, 4. November 1960. Eine historische Sendung, da hier zum ersten Mal, weltweit, Tanzen im Fernsehen, unterrichtet wurde. Gäste wie Karl Farkas, Heinz Konrads, Staatsoperballett Tänzer Willy Dirtl, Burgschauspielerin Elfriede Ott (damals Ernst Waldbrunns Frau), Sängerin Liane Augustin und vielen anderen, sicherten den zusätzlichen Erfolg dieser Sendung.

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Du bist Mitte der 60er nach Australien ausgewandert. Bist du dem Tanzsport treu geblieben?

GERHARD SANDNER:
Ich habe in Australien als Tanzdirektor für Fred Astaire und später für Arthur Murray gearbeitet. Minnerl und ich hatten Arthur Murray und seine Frau Kathrin 1958, anlässlich eines Europapokal Turniers in Biarritz kennen gelernt. Arthur war ja eigentlich ein Landsmann, da er in Galizien (im früheren Österreich-Ungarn) geboren war.
Mein Interesse an jeder Form von Tanz, besonders aber am Turniertanz, ist immer wach geblieben.
Mit großem Interesse verfolge ich die Resultate auf internationaler und ganz besonders natürlich auf österreichischer Ebene.

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Der Minnerl Sandner Gedächtnis-Pokal ist noch nicht so lange als Wanderpokal unterwegs. Wann hast du dich entschlossen ihn zu stiften?

GERHARD SANDNER:
Ich ließ den Pokal 2008 in Sydney herstellen, zur Erinnerung an meine unvergessliche Frau und Tanzpartnerin Minnerl. Für mich war das die einzige Möglichkeit, ihr ein Denkmal zu setzen und ihr so auch für die wundervolle Zeit, die ich mit ihr verbringen durfte, zu danken.
Der Wanderpokal geht jeweils für ein Jahr an die Dame des Lateinstaatsmeisterpaares, in Anerkennung ihrer Leistung und Wertschätzung ihres Beitrages, zum gemeinsamen Erfolg.
Die Herren sollen nie vergessen, dass der beste Lateintänzer nichts ist ohne seine Partnerin!

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Der Turniertanzsport hat sich sehr verändert. Im Vergleich zu damals wirkt er noch sportlicher, unglaublich akrobatisch, funkelnd, bunt.
Wie findest du diese Entwicklung?

GERHARD SANDNER:
Der größte Unterschied gegenüber damals ist, dass Tanzen ein wahrer Breitensport geworden ist und viel mehr Paare aller Altersstufen – von Kindern bis zu Senioren – an Tanzturnieren teilnehmen können.
Es ist eine wirkliche Freude denken zu können, dass unser Beitrag zur Tanzgeschichte etwas damit zu tun hat.
Ich freue mich ungemein über den Enthusiasmus, den die lateinamerikanischen Tänze hervorrufen und danke der mehrfachen österreichischen Meisterin Anna Ludwig-Tchemodourova von Herzen, die über einige Jahre Minnerl’s Namen so würdig in der internationalen Arena, vertreten hat.
In den Standardtänzen auf internationaler Ebene haben die Resultate der Sonderklasse etwas enttäuscht, bis auf die Senioren, die immer wieder gute Plätze heimgebracht haben!
Es ist großartig, das Österreich jetzt mit den neuen Meistern Kirin - Prozorova ein sehr talentiertes, elegantes und gut aussehendes Paar hat, mit einer großen Zukunft und dem Können, das man von Meisterpaaren erwartet und auch verlangen darf.

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Unglaubliche 165 Turniersiege im In- und Ausland – dein größter Erfolg?

GERHARD SANDNER:
Bei der WM 1959, über 8 Einzeltänze im “Lyceum Ballroom” in London, wurden wir Sieger und WELTMEISTER in Rumba, Samba, Paso Doble und Wiener Walzer.

Die komplette, unglaubliche Liste der Tanzerfolge von Gerhard Sandner findet ihr im Anschluss an dieses Interview – sie würde hier den Rahmen sprengen!

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Uns interessieren deine tänzerischen Wurzeln. Für welchen österreichischen Tanzsportklub hast du damals getanzt?

GERHARD SANDNER:
Wir lebten bis 1957 in Oberösterreich und tanzten für den TSK Weiss-Rot Linz. Unsere ständigen Lehrer waren Fred von Schlesinger-Kirchwehr und seine Frau Grete.
Linz war zu dieser Zeit die Hochburg des Tanzes. Der Weiss-Rot Klub hatte 9 Sonderklassenpaare - ein einmaliger Rekord. Für diesen Klub gewannen wir die Verbandsmeisterschaft 1955 (in dem Jahr fand keine Staatsmeisterschaft statt) und dann die Staatsmeisterschaft 1956 und 1957.
Minnerl war gebürtige St. Pöltnerin und nachdem wir 1958 dorthin übersiedelten tanzten wir für den neu gegründeten TSK Blau-Gold St.Pölten. Wir gewannen für diesen jungen Klub die Staatsmeisterschaft 1958 und 1959.
Wir hatten die besten Trainer. Für lateinamerikanische Tänze buchten wir, Roger und Micheline Ronnaux in Paris und für die Standard Tänze trainierten wir mit Größen wie Alex Moore, Elsa Wells und Len Scrivener in London, Wim Bonel in Amsterdam und Paul Krebs in Nürnberg.

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Wir fanden es großartig, dich in einem Portal wie Facebook aufzuspüren. Deine Postings sind interessant, pointiert und vor allem lassen sie uns immer ein wenig in eine Zeit zurück gehen, die wir nicht kennen, weil wir sie gar nicht miterlebt haben, aber mit dir Rückschau zu halten macht so richtig Spaß!
Gerhard, dürfen wir dich fragen wie alt du bist?

GERHARD SANDNER:
Am letzten Weihnachtstag war ich 84. Ich erfreue mich bester Gesundheit und bin niemals ernsthaft krank gewesen. Meine Erben werden noch einige Zeit warten müssen...

TANZSPORT SEITENBLICKE:
“ Der beste Lateiner ist nichts ohne seine Partnerin!“
Für diesen Ausspruch liebt dich die Damenwelt des Tanzes.
Danke für das Interview!

GERHARD SANDNER:
Es war mir in Vergnügen!

Und hier liebe Tanzsportfreunde, die Liste der größten Erfolge:

1955 – Verbandsmeister des ATVOe (es fand keine Staatsmeisterschaft statt)
1956 – Österreichische Staatsmeister
4. Platz bei der EM in den lateinamerikanischen Tänzen und somit Meister von Mitteleuropa in den lateinamerikanischen Tänzen
Sieger im “Großen Preis von Italien”
1957 – Österreichische Staatsmeister
2. Platz bei der EM in den lateinamerikanischen Tänzen
Endrundenteilnehmer bei den “International Championships” in der Royal Albert Hall in London, als erste Österreicher auf persönliche Einladung.
1958 – Österreichische Staatsmeister
2. Platz bei der EM in den lateinamerikanischen Tänzen
Sieger im “Großen Preis von Europa” über 8 Tänze (Kombination wurde damals noch ohne Jive und Cha-cha-cha ausgetragen) in ChiancianoTerme.
Sieger im “Großen Preis von Österreich” in der großen Wiener Stadthalle in der Kombination.
1959 – WM 8 Einzeltänze im “Lyceum Ballroom” in London.
SIEGER und WELTMEISTER in Rumba, Samba, Paso Doble und Wiener Walzer
Südeuropameister in Campione, einer Italienischen Enklave am Lago di Lugano.
Nordeuropäische Fernsehmeister in Kopenhagen
Zum vierten (und letzten) mal Österreichische Staatsmeister
In diesen Jahren wurden Kombinationsturniere sehr populär. Wir gewannen jedes dieser Turniere, einmal 7 hintereinander auf einer langen Turnierreise!
1960 – jetzt als Professional.
5. Platz Europa in den Lateinamerikanischen Tänzen, Stuttgart
3. Platz, Weltmeisterschaft in den Lateinamerikanischen Tänzen, Berlin
1962
2. Platz im „International Fernsehturnier in Scheveningen“, Holland

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