Der Brenner ist ein Symbol für das Überwinden von Grenzen

Demonstin am Brenner: Kein Mensch ist illegal - Personne n'eszt illegal   ‏@NiccoloZancan
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  • hochgeladen von Christine Schneider

Bei der Demonstration gegen die geplanten Grenzkontrollen am Brenner ist es am Sonntag zu Zwischenfällen gekommen. Mehrere Demonstranten drückten mit Schlauchbooten gegen die Barrikaden der Polizei, woraufhin diese Pfefferspray und Schlagstöcke einsetzte.

APA. Brenner: 250 bis 300 Demonstranten waren auf den Brenner gekommen. Die österreichische Polizei war mit rund 300 Mann im Einsatz. Rund 300 Meter nach der österreichischen Grenze wurde von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck-Land eine Sperrzone errichtet. Nach den Zwischenfällen fuhr die Polizei mit zwei Wasserwerfern auf, diese kamen nicht zum Einsatz. Die großteils italienischen Demonstranten verlangten von der Exekutive, die Barrikaden abzubauen.

Als die Demonstranten schließlich den Rückweg antraten, nahm die Polizei vorübergehend einen Mann fest. Woraufhin sich rund 100 Demonstranten zu einem Sitzstreik knapp vor der Grenze versammelten und die Freilassung des Mannes forderten. Erst als diese Forderung erfüllt war und der Verhaftete wieder frei war, löste sich der Sitzstreik langsam auf und die Demonstranten marschierten wieder Richtung Italien.

Österreich will schon bald am Brenner dauerhafte Grenzkontrollen zu Italien einführen, sogar ein Zaun ist geplant. Österreichs Verteidigungsminister Peter Doskozil hat sich zuletzt dahin verstiegen, von einer Totalschließung am Brenner zu sprechen, die notfalls umgesetzt werden müsse.

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"Das, was am Sonntag am Brenner passierte, reflektiert, welche Politik gerade in Europa angestrebt wird, eine Politik der Grenzen und der Kontrolle. Wir leben in einem Europa, das sich seiner historischen Verantwortung entzieht und lieber die Augen verschließt vor dem, was außerhalb seiner Grenzen passiert. Ein Europa, das die Globalisierung nutzt, um sich wirtschaftlich zu bereichern, sie aber ablehnt, wenn Menschen weltweit auf Hilfe angewiesen sind. Es reflektiert aber auch, dass es sehr viele Menschen gibt, die der politischen Tendenz Europas trotzen und sich den künstlich errichteten Grenzen widersetzen." (Mara Stirner)
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Arno Kompatscher

"Der Brenner ist aber zugleich ein Symbol für das Überwinden von Grenzen, ein Symbol für den europäischen Einigungsprozess. Österreich stellt jetzt mit seinem Vorgehen auch das Zusammenführen des historischen Tirol jenseits von nationalstaatlichen Ideen in Frage. Das wiegt schwer," sagte der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher am 16.4.2016.
Kompatscher fährt fort: "Es ist ja in der Tat so, dass in Libyen Hunderttausende Menschen auf die Gelegenheit warten, mit Schleppern nach Italien zu kommen - sicher nicht, um in Italien zu bleiben, sondern weiter nach Österreich, Deutschland und die skandinavischen Länder zu gelangen. Es ist also schon nachvollziehbar, wenn Österreich zu dem Ergebnis kommt, dass es so nicht weitergehen kann. Dafür habe ich Verständnis. Aber man wird die Menschen ja nicht stoppen, indem man den Brenner schließt."

Die jüngsten Entwicklungen weisen darauf hin, dass wohl bald mit mehr Menschen auf der Flucht am Brenner zu rechnen sein könnte. Vor allem aus Libyen setzen zahlreiche Schlepperboote nach Italien über. An Bord, Menschen, von denen die meisten nach Norden, also Österreich, Deutschland und die skandinavischen Länder weiterreisen wollen.

Arno Kompatscher appellierte in Richtung Rom: "Lasst die Menschen nicht weiter Richtung Brenner ziehen, sondern registriert sie in Hotspots in Süditalien und verteilt sie auf alle Regionen."

Brigitte Foppa, Grüne Fraktion - Gruppo verde - Grupa vërda, Südtirol, Alto Adice :

"Ich bin gegen einen Zaun am Brenner. Erstens aus ganz persönlichen Gründen. Zu gut erinnere ich mich an das großartige Gefühl, als ich das erste Mal über den Brenner fuhr, nachdem die Grenzkontrollen gefallen waren. Es war nicht nur das Überwinden einer lästigen bürokratischen Hürde. Es war vielmehr die Ahnung, nun echt Teil eines geeinten Europa zu sein. Dass das eine Einbildung war, kommt nun klar heraus: Schengen, das war nicht die Aufhebung der inneren Grenzen, sondern nur der Grenzkontrollen. Wir machen also einen Schritt zurück, wenn wir am Brenner einen Zaun errichten. Und wir müssen uns damit von einer zweiten Illusion verabschieden, nämlich dass ein so ein kreatives, modernes, die Grenzen überwindendes Gebilde wie die Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino tatsächlich möglich wäre. Sie ist es ganz sicher nicht, wenn ein Zaun mitten durch sie verläuft, der von Österreich aufgezwungen wird. In der Not kommen die alten Muster hervor. Zum Beispiel der Nationalstaat, der sich selber erhalten und schützen wird, notfalls auf Kosten anderer Staaten, der Demokratie und wohl auch der Humanität. Genau deshalb hatten wir damals Europa gefeiert. Das Europa, das jetzt so kläglich versagt.

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