CRRC: Ein chinesischer "Drache" erobert Europa von Wien aus mit der Bahn

Die etwa 1.200 Kilometer lange Strecke von Chinas Hauptstadt Beijing nach Shanghai schafft der Hochgeschwindigkeitszug in knapp sechs Stunden. | Foto: CC BY-SA 2.0
  • Die etwa 1.200 Kilometer lange Strecke von Chinas Hauptstadt Beijing nach Shanghai schafft der Hochgeschwindigkeitszug in knapp sechs Stunden.
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ÖSTERREICH. Wer sich in Österreichs höchstem Gebäude ansiedelt, ist entweder schon ganz oben oder will hoch hinaus. Auf die chinesische CRRC, was für China Railway Rolling Stock Corporation steht, trifft Ersteres zu. Der (laut Wochenmagazin Profil und Tageszeitung Die Welt) mit Abstand größte Schienenfahrzeughersteller der Welt hat Ende September seine Europazentrale im Wiener DC Tower offiziell eröffnet. Vom 27. Stockwerk aus will CRRC nun den europäischen Markt erobern.

ÖBB lockt mit Güterlokomotiv-Vergabe

In Österreich hofft CRRC auf den Zuschlag für die ÖBB-Ausschreibung über 200 Güterverkehrslokomotiven. Das Auftragsvolumen beläuft sich auf 570 Millionen Euro. Die Entscheidung hätte schon im Juni fallen sollen, hieß es jedenfalls in Medienberichten vom März. Doch wer den Zuschlag für den lukrativen Auftrag der ÖBB über die Lieferung von 200 Güterloks erhält, ist bis heute noch nicht entschieden. Warum sich die Vergabe in die Länge zieht, wollte die ÖBB auf Nachfrage von meinbezirk.at nicht sagen. Im Rennen sind neben CRRC auch Siemens und Bombardier, deren Bahnsparten neben dem chinesischen Unternehmen wie Zwerge anmuten.

Ein hungriger Gigant

Das erst im Juni 2015 gegründete Unternehmen beschäftigt (laut einer eigenen OTS-Aussendung vom 27. September 2016) rund 180.000 Mitarbeiter und erzielte zuletzt einen Umsatz von über 30 Milliarden Euro. CRRC ist die Frucht des Zusammenschlusses der beiden staatseigenen Unternehmen CNR und CSR zum Zweck, den Weltmarkt zu erobern, nachdem der chinesische Markt für den Bahnverkehr zunehmend gesättigt ist.

Hoffen auf Bundeskanzler Kern

Dass die Büroeröffnung von CRRC als Zeichen dafür zu werten ist, dass die Entscheidung zugunsten der Chinesen ausfallen könnte, glaubt Georg Zanger, Präsident der Austrian Chinese Business Association, aber nicht. Wien sei ein guter Standort, um Geschäfte in Mittel- und Osteuropa einzufädeln, so der Rechtsanwalt. Er bemängelt, dass Österreich die Bedeutung chinesischer Investoren unterschätze. Er hofft aber, dass sich das unter Bundeskanzler Christian Kern bald ändern werde. Kern war im März dieses Jahres noch in seiner Funktion als Vorsitzender der ÖBB nach China gereist, um Partnerschaften mit chinesischen Unternehmen auszuloten. Das Bundeskanzleramt wollte sich dazu auf Anfrage von meinbezirk.at nicht äußern.

Österreich gehen Deals verloren

Während sich Österreich nicht gerade um vermögende Manager aus China reiße, werde ihnen die Niederlassung etwa in Portugal oder Großbritannien leicht gemacht, weiß Herbert Kovar, der für Deloitte Österreich die European-Chinese-Service-Group leitet. „Da kann es schon passieren, dass der eine oder andere Deal für Österreich nicht zustande kommt“, sagt Kovar gegenüber meinbezirk.at.

China arbeitet an moderner Seidenstraße

Indes drängen die Chinesen über ambitionierte Bahnprojekte mit Hochgeschwindigkeit nach Europa. Das Ganze ist Teil von Chinas geopolitischer Strategie, international mehr Einfluss über eine Wiederbelebung der Seidenstraße zu bekommen. Es gehe dabei um weit mehr als nur chinesische Produkte noch schneller und in größerer Menge in die Welt zu bringen, schreiben die zwei China-Experten Agatha Katz und Dragan Pavlicevic. Bereits ab 2017 soll mit dem Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke von Belgrad nach Budapest begonnen werden. Die Zahl der chinesischen Bauvorhaben, Kooperationen und Lieferabkommen im Bahnbereich überschlagen sich weltweit.

Durch die Hintertür zum Ziel?

Eine strategische Zusammenarbeit hat CRRC vor kurzem mit Bombardier geschlossen, in der auch die gemeinsame Nutzung von Fertigungswerken vereinbart wurde. Die Kanadier unterhalten in Wien ein Werk, in dem Straßenbahnen produziert werden. Bombardier hat erst vor kurzem den Zuschlag für die Lieferung von 300 Nahverkehrszügen an die ÖBB erhalten.

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