Bezirksvertretungssitzung
Diskussionen um die Zukunft des Alsergrunds
Das Alsergrunder Bezirksparlament hat nach dreimonatiger Sommerpause wieder im Amtshaus getagt.
WIEN/ALSERGRUND. Frisch erholt von der Sommerpause, kam die Alsergrunder Bezirksvorstehung wieder im Amtshaus in der Währinger Straße zusammen. Es sollte ein langer Abend werden, mit vielen hitzigen Diskussionen. Die Themen waren u. a. die Kosten der smarten Sitzbänke, die dauerhafte Reduktion der Fahrspuren in der Hörlgasse sowie die Jugend im Bezirk.
Aber der Reihe nach: Bezirksvorsteherin Saya Ahmad (SPÖ) begrüßte Kurt Wendt als neuen Links-Bezirksrat und zwei neue Mitarbeitende im Amtshaus. Wendt folgt damit auf Katarzyna Winiecka, die das Amt aus persönlichen Gründen zurücklegte, wie verlesen wurde. Außerdem verabschiedete sie auch Tamara, eine langjährige Kollegin aus dem Bezirksamt, in den Mutterschutz. Die Alsergrunder Bezirkspolitik verabschiedete sich mit tosendem Applaus von ihr.
In ihrem Bericht darüber, was sich in den Monaten seit der letzten BV-Sitzung im Juni ereignet hat, zählt sie u. a. das kulturelle Geschehen auf, erwähnt den Lichtentaler Kirtag, gibt ein Update zu den Bauarbeiten im Servitenviertel und berichtet über große sowie kleine Veränderungen im Bezirk. Beispiele sind das Aufstellen von Radbügeln, der Start der Bauarbeiten von "Frau schafft Raum" oder eine neue Ampelschaltung am oberen Ende der Nußdorfer Straße. Auch die Wiener Heldin aus dem Alsergrund, die in Zusammenarbeit mit der BezirksZeitung gewählt wurde, wurde namentlich erwähnt.
Für den Bericht der Lichtentaler Gespräche nimmt sich Ahmad besonders viel Zeit. Anrainerinnen und Anrainer berichten seit geraumer Zeit von Unruhen rund um den Lichtentaler Park, weshalb die Lichtentaler Gespräche als Mediationsmittel ins Leben gerufen wurden. An drei Terminen konnten Interessierte sich über das Geschehen im Grätzl austauschen. Während der Termine waren Mediatoren von Wohnpartner, dem Team vom "Zentrum9" und "Juvivo" anwesend. "Man hat gemerkt, dass Redebedarf da ist", so Ahmad. Aufschlussreich war, dass doch einige Sichtweisen weit auseinandergehen, es aber doch Punkte gibt, wo die Leute wieder zusammenfinden.
Nachdem Ahmad geendet hatte, meldete sich der FPÖ Bezirksrat Nikolaus Amhof zu Wort. Er thematisierte die Drogenkriminalität entlang des Donaukanals und forderte mehr Polizeipräsenz in dem betroffenen Gebiet. (4. Oktober, Anmerkung der Redaktion: Das Zitat wurde fälschlicherweise dem ÖVP Bezirksrat Heinz Appel zugeordnet, gemacht wurde es aber von Nikolaus Amhof)
Viele Fragen an die Bezirkspolitik
Der nächste Programmpunkt waren die Anfragen aus der letzten Sitzung. Hier ging es unter anderem um Ersatzradwege im Bereich der U5-Baustelle, LED-Beleuchtung im Neunten, einen Dachbodenausbau in der Hörlgasse sowie Racial Profiling seitens der Polizei gegenüber Jugendlichen.
Rudolf Mayrhofer-Grünbühel (Neos) zeigte sich verwundert über den Kostenvoranschlag für smarte Sitzbänke im Bezirk. "Wie kann es sein, dass eine Bank 20.000 bis 30.000 Euro kostet, wenn es vergleichbare Angebote für etwa 5.000 Euro in Deutschland gibt?", fragt er in die Runde. Brigitte Niederseer (SPÖ) erklärt, dass man versucht, kosteneffiziente Entscheidungen zu treffen. Doch der Antrag wurde dann abgelehnt.
Für Verwunderung sorgte ein Antrag der SPÖ, der das Aufstellen eines Weihnachtsbaums im nördlichen Teil der Liechtensteinstraße forderte. Momo Kreutz von "Damma wos" fragte amüsiert: "Welche Magistratsstelle soll dafür zuständig sein, die MA 2412?". Der Stellvertretende Bezirksvorsteher Christian Sapetschnig (SPÖ) verteidigte den Antrag mit den Worten, dass man sich nicht über die Wünsche der Anrainer lustig machen solle.
Es sei das Wesen der Bezirkspolitik, dass man sich auch über die kleinen Anliegen kümmere. Vera Schmitz (ÖVP) lud mit den Worten, dass der Christbaum, nicht allein ein religiöses Symbol sei, sondern auch ein Zeichen der Fruchtbarkeit. Der Antrag wurde mehrheitlich angenommen, die Anrainer dürfen sich diesen Dezember wohl über ein kleines Weihnachtswunder im Grätzl freuen.
Nächstenliebe am Alsergrund
Ein SPÖ-Antrag, der Wärmestuben im Neunten forderte, wurde mehrheitlich angenommen. Bei diesem Antrag gab es Wortmeldungen seitens Damma wos und den Grünen, die der Sinnhaftigkeit des Antrags zwar zustimmten, aber auch einen generellen Ausbau der Anlaufstellen für Bedürftige forderten.
Der Antrag "Hörlgasse – Dauerhafte Reduktion der Fahrspuren" sorgte für reichlich Diskussionsstoff. Aktuell gibt es bei der Hörlgasse wegen der U-Bahn-Baustelle eine Fahrspurreduktion, die Antragsteller wünschen sich, dass das künftig auch so bleibt. Wendt, der seit über 30 Jahren selbst in der Hörlgasse wohnt, will sich nicht vorwerfen lassen, dass der Antrag persönlich motiviert ist.
In der Vergangenheit wurde das Thema schon öfter aufgegriffen. Sapetschnig nutzt die andauernde Diskussion dazu, seine Jause auszupacken. Wendt erzählt unterdessen von seinem Schulsprecher aus der Wasagasse, den das Thema "Umbau Hörlgasse" seine ganze akademische Laufbahn hindurch begleitet hat. Raimund Fichter-Wöß (Grüne) wirft ein, dass man nicht alle Maßnahmen zur Verkehrsreduktion auf die Fertigstellung des U-Bahn-Baus aufschieben soll. Es drängt sich die Frage auf, ob alle baulichen Schritte im Neunten bis zur Fertigstellung der U5 stillstehen.
Die nächsten Programmpunkte beschäftigten sich mit sicheren Radwegen und Ampelschaltungen. Ein ÖVP-Antrag für "klimafitte Parkplätze" sorgte für Stirnrunzeln – ein Oxymoron? Laut Erklärung handle es sich dabei um Parkplätze, die von Bäumen beschattet werden. Schmitz will die Sticheleien der anderen Parteien nicht unkommentiert lassen und sagt vehement: "Autofahrer sind auch Menschen. Es ist doch besser, gemeinsam eine Lösung zu finden." Nicht das Schaffen neuer Parkplätze sei das Ziel dieses Antrags, sondern das Verbessern der Bestehenden, lässt sie die Anwesenden wissen. Der Antrag wurde abgelehnt.
Verkehr im Neunten
Die Neos-Anträge beinhalteten eine Bereitstellung der Planungsunterlagen zur U5-Baustelle "Arne-Karlsson-Park", die Errichtung eines kostenlosen Indoor-Spielplatzes, Reparaturmaßnahmen an den Pflastersteinen in der Porzellangasse – dieser Antrag war mittlerweile obsolet, da Mayrhofer-Grünbühel das Problem dank der 'Sag's Wien'-App lösen konnte – und die Errichtung eines Radstreifens stadteinwärts in der Fuchsthallergasse. Sapetschnig kommentierte, dass es sich dabei um eine "Verschlimmbesserung" der aktuellen Situation handle. Friedrich Kofler (Grüne) warf noch ein, dass es sich bei der Stelle um eine Herausforderung für Radlerinnen und Radler handle. Der Antrag wurde abgelehnt.
Wendt, für den es die erste BV-Sitzung in seiner neuen Funktion war, brachte noch einen Antrag für einen autofreien Rooseveltplatz ein. "Mit so einer Maßnahme würde man österreichweit ins Gespräch kommen", argumentiert er und kann sich einen Seitenhieb auf die Argumentation, dass ein saniertes Servitenviertel weltweite Social-Media-Präsenz bringen würde, nicht verkneifen. Celine Wawruschka (Grüne) kontert damit, dass die Autos durch die Größe des Rooseveltplatzes nicht so stören würden und durch die vielen Bäume auch keine Hitzeinseln entstehen. Der Antrag sowie der zweite Links-Antrag zu einer Reduzierung der Parkplätze in der Hörlgasse wurde abgelehnt.
Hitzige Diskussionen um die Jugend
Damit kam man zu den Resolutionsanträgen. Hitzig diskutiert wurde jener SPÖ-Antrag, der sich für das Jugendzentrum "Zentrum9" starkmachte. Aus allen Parteien kamen Wortmeldungen, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Der Sukkus war jener, dass das Jugendzentrum als schützenswert gelte. Einzig die FPÖ stellte sich hier quer. "Ich sage nicht Nein zu einem Jugendzentrum am Alsergrund, ich sage Nein zu einem Jugendzentrum an diesem Standort", hieß es von Nikolaus Amhof. Der Resolutionsantrag wurde gegen die Stimmen der FPÖ angenommen.
Gleich drei Resolutionsanträge befassten sich mit Mieterhöhungen und einer Forderung nach einem Mietpreisdeckel. Ein Geplänkel dazu, wer für die Mieten in den Gemeindebauten zuständig ist, sowie gegenseitige Schuldzuweisungen folgten. Am Ende der Diskussion gab es kein befriedigendes Ergebnis.
Das könnte dich auch interessieren:
Du möchtest selbst beitragen?
Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.