Mobbingverdacht
Pfleger soll schwer Behinderte misshandelt haben

- Landesgericht St. Pölten
- Foto: Ilse Probst
- hochgeladen von Stefanie Machtinger
Schwere Vorwürfe erhoben drei Mitarbeiterinnen einer Pflegeeinrichtung im Mostviertel gegen einen 45-jährigen Ungarn, der zwischen Februar 2022 und Dezember 2023 als Pfleger vier Bewohner gequält, vernachlässigt, schwer verletzt, bzw. längere Zeit eingesperrt haben soll.
MOSTVIERTEL. Gegenüber Richter Andreas Jungbauer bekannte sich der Angeklagte am Landesgericht St. Pölten nicht schuldig.
„Er ist ein wunderbarer Mensch, der sich um Menschen kümmert, bei denen andere oft wegschauen“,
so Verteidigerin Veronika Ujvarosi, die von einem Mobbingangriff seiner Kolleginnen, die ihn belasten, ausging.
In der Einrichtung befinden sich Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen, wobei der ausgebildete Sozialpädagoge in einer der beiden Wohngemeinschaften zuletzt 30 Stunden tätig war. In seiner Obhut befanden sich auch vier Männer im Alter zwischen Mitte 20 und Mitte 40, von denen zwei mittlerweile verstorben sind.
Laut Aussagen der drei Belastungszeuginnen habe der 45-jährige Klienten etwa an deren 24-Stunden-Schutzhelm gepackt, mehrmals mit dem Kopf gegen einen Schrank gestoßen, und am Genick in einen anderen Raum gedrängt. Einem der Betroffenen habe er einen Schlag ins Gesicht verpasst, wodurch zwei Seitenzähne abbrachen. Mehrmals soll er zwei Schützlinge über längere Zeit in einem Zimmer eingesperrt haben.

- Verteidigerin Veronika Ujvarosi
- Foto: Ilse Probst
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Einen weiteren Bewohner habe er bei zwei Vorfällen getreten. Einmal begann dabei eine ältere Wunde am Knie zu bluten. Als dieser Klient sich bei einem Sturz in die Lippe biss, habe er es unterlassen, ihn ärztlich behandeln zu lassen.
Einen im Rollstuhl sitzenden Klienten habe er geschlagen, ihn immer wieder zu Boden geworfen und kalt abgeduscht. Zuletzt habe er Ende 2023 den schreienden Mann aus dem Rollstuhl gehoben, mehrfach zu Boden geworfen und ihm schließlich einen halben Liter Wasser gewaltsam in den Mund geleert.
Der Ungar bezog vorerst zu einem Teil der Vorwürfe Stellung. So musste er eine Türe absperren, um andere Bewohner vor den Aggressionen von Klienten im Gemeinschaftsraum zu schützen. Der Raum habe aber noch eine zweite unversperrte Türe gehabt, die in den Hof führte. Zu den abgebrochenen Zahnspitzen sei es vermutlich gekommen, als der Betroffenen nachts versuchte, aus dem Bett zu steigen und dabei ausrutschte.
Widersprüchliche Aussagen erzeugen Mobbingverdacht
Während Jungbauer die drei Zeuginnen mit widersprüchlichen Aussagen konfrontierte, sprach die Leiterin der Einrichtungen in Niederösterreich davon, dass sie sich nicht vorstellen könne, was man dem Pfleger vorwerfe. Sie habe schon mehrfach Probleme mit den drei Zeuginnen gehabt.
„Jede neue Leitung ist innerhalb kürzester Zeit wieder gegangen“,
meinte sie und betonte, dass kein anderer Angestellter je Negatives über den Pfleger geäußert habe.
Zur Einholung von Dokumenten und Pflegeberichten vertagte Jungbauer den Prozess auf unbestimmte Zeit.
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