GLOBAL 2000 sammelt Unterschriften
Betreiber wollen veralteten Atomreaktor nicht abschalten
Martin Aschauer, Leiter Digital bei Global 2000 und Gemeinderat in Tattendorf war gemeinsam mit Kollegen im rund 300 Kilometer entfernten Krško/Slowenien.
BEZIRK. Der slowenische Atomreaktor Krško läuft bereits seit 40 Jahren. Das schwere Erdbeben der Stärke 6,4 vom 29. Dezember 2020 zeigte erneut, dass das nur 85 Kilometer vom Epizentrum entfernte Atomkraftwerk mitten in einem Erdbebengebiet liegt und von den europäischen Reaktoren am stärksten durch seismische Erschütterungen gefährdet ist. Die Laufzeit des Kraftwerks soll laut ursprünglichem Plan der Ingenieure 2023 enden.
GLOBAL 2000 fordert internationale Prüfung
„Die Betreibergesellschaft will jedoch den alten Reaktor noch bis 2043 laufen lassen“, sagt Dr. Reinhard Uhrig, Atom-Sprecher von GLOBAL 2000 im Rahmen einer Online-Pressekonferenz. „Aufgrund der erfolgreichen Klage unserer slowenischen Partnerorganisation muss jetzt dieses Jahr eine internationale Umweltverträglichkeitsprüfung des Reaktors durchgeführt werden.“
Gerade nach dem Erdbeben-Warnschuss vor knapp drei Monaten fordern GLOBAL 2000 und ihre Friends of the Earth-Partnerorganisationen in Slowenien, Kroatien und Bosnien eine neue und allgemein anerkannte Bewertung der Erdbebengefährdung durch unabhängige internationale ExpertInnen.
Lehren aus Fukushima-Krise ziehen
Während der Fukushima-Katastrophe nach dem schweren Erdbeben vor genau zehn Jahren am 11.03.2011 empfahl die US-Atomaufsicht die Evakuierung eines 80 Kilometer-Radius rund um die explodierten drei Reaktoren. Sogar hochgradig krebserregende Plutonium-Teilchen wurden bis zu 120 Kilometer weit aus dem AKW geschleudert.
Erdbeben-Widerstandskraft ist fraglich
Neuere Erdbeben-Forschung zeigt, dass die Risiko-Annahmen, unter denen das AKW errichtet wurde und die seither sogar noch erhöht werden mussten, nicht mit aktuellen Erkenntnissen zu den Bruchlinien in der Nähe des Reaktors und dem daraus abgeleiteten Risiko vereinbar sind.
„Krško wurde auf einen Spitzenwert der horizontalen Bodenbeschleunigung von 0,3 g ausgelegt. Schon das Beben der Stärke 5,4 (Intensität VII) vom 22.03.2020 bei Zagreb entsprach einer maximalen Bodenbeschleunigung von 0,4 g – und im 40 Kilometer vom Epizentrum entfernten Krško waren 0,2 bis 0,3 g zu erwarten“, erklärt Dr. Roman Lahodynsky, emeritierter Geologe am Institut für Risikoforschung der Universität Wien. (Zum Vergleich: Ein Erdbeben mit einer Stärke von 4,3 wurde 2013 in Ebreichsdorf gemessen.) „Das Gebiet von Krško wurde in historischer Zeit von mehreren Starkbeben erschüttert, deren stärkstes (1640) die Intensität IX hatte. Das Beben von Brezice (1917) erreichte die Stärke 5,7 (Intensität VIII). Von solchen Starkbeben an den Randstörungen des Krško-Beckens oder in der Nähe des Reaktors sind daher wesentlich höhere Bodenbeschleunigungen zu erwarten, für die es im alten AKW keine Sicherheitsspielräume mehr gibt.“
Petition: Abschalten statt verlängern
Da die schon seit 1995 empfohlenen höheren Werte für eine Nachrüstung des Reaktors nicht berücksichtigt wurden, hingegen jetzt ein angedachter weiterer Reaktor am Standort und ein Brennelemente-Lager auf 0,78 g - für einzelne Bauteile sogar auf 1,2 g - ausgelegt werden soll, ist ein Weiterbetrieb des alten Atomreaktors offenkundig unverantwortlich.
GLOBAL 2000 startet daher eine Petition an die Bundesregierung: Umfassende Sicherheitsprüfung – abschalten statt Risiko verlängern.
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