Ukrainerin erzählt über ihr erstes Jahr in Baden:
Ein neues Leben abseits vom Krieg

Svitlana K. und ihre Tochter Olena mit Eva Woska-Nimmervoll, die die beiden Ukrainerinnen durch ihr erstes Jahr in Baden begleitete und sie unterstützte, wo sie konnte. "Sie ist meine österreichische Schwester", dankt Svitlana. | Foto: Stockmann
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  • Svitlana K. und ihre Tochter Olena mit Eva Woska-Nimmervoll, die die beiden Ukrainerinnen durch ihr erstes Jahr in Baden begleitete und sie unterstützte, wo sie konnte. "Sie ist meine österreichische Schwester", dankt Svitlana.
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Ziemlich genau vor einem Jahr stand Svitlana K. mit ihrer 11-jährigen Tochter Olena und zwei Koffern in einem Auffanglager des Roten Kreuzes an der ungarischen Grenze.
"Ich bin am 24. Februar daheim in Charkow von explosionsartigen Geräuschen aufgewacht und habe Bomben fallen gesehen. Ich wusste nicht, was los war. Erst via Telegram haben wir vom Krieg erfahren."

BADEN. Svitlana, ausgebildete Krankenschwester mit einem fixen Job an der Polyklinik in Charkow, überlegte nicht lange und stieg mit Tochter in einen so genannten Evakuationszug, der an die ukrainische Grenze fuhr.

"Der Zug war so voll, dass die Leute aneinander klebten, meine Tochter fiel mehrmals in Ohnmacht. Männer hatten ihre Tiere am Schoß, dachten aber nicht daran, einer Mutter mit Kind Platz anzubieten",

erinnert sich Svitlana an die schrecklichen Tage. Vom Auffanglager an der ungarischen Grenze fuhr schließlich ein Autobus nach Baden, direkt zur Notschlafstelle der Pfarre Leesdorf. Dort nächtigten Mutter und Tochter. Der Familienvater ist daheim geblieben, ein Bauingenieur, der nicht zum Militär muss, da er untauglich ist.
Nach einer Nacht in der Notschlafstelle begegneten Svitlana und Olena Eva Woska-Nimmervoll und ihrem Mann Gerhard, die in diesen wirren Zeiten "einfach etwas Gutes tun" wollten, das "auf keinen Fall falsch sein kann: helfen."

Haben Sie im letzten Jahr Menschen aus der Ukraine persönlich kennengelernt?

Ein Jahr später

Ein Jahr später, Interview im Café Central: Svitlana dachte zuerst, ihr Aufenthalt in Baden würde nur kurz sein. Doch der Krieg in der Heimat hörte nicht auf. Sie kündigte im Juni ihre Arbeit im Polyklinik und setzte sich in einen Deutschkurs in Baden, die Prüfung für Niveau A2 steht unmittelbar bevor. Mehr und mehr wurde ihr klar, dass sie wohl "nie wieder heimkommen" würde - trotz Heimweh.

"Ich danke Eva für all ihre Hilfe", sagt Svitlana auf Deutsch. "Sie ist jetzt meine neue österreichische Schwester."

Auch Evas Mama erweist sich als begnadete Deutschlehrerin.

Eva hat beobachtet: „Sie kochen oft miteinander, da können sie nur deutsch miteinander reden.“

Olena besucht zwei Schulen

Svitlanas Töchterchen Olena besucht die Neue Mittelschule in der Pelzgasse und eine Tanzgruppe der BeyondBühne. Bemerkenswert: Die Schulklasse daheim, aus der Olena kriegsbedingt herausgerissen wurde, bietet weltweiten Online-Unterricht, sodass Olena zwei Schulen gleichzeitig "besucht" – die Pelzgasse und die Schule in Charkow, wo erst nach der elften Schulstufe in Gymnasium oder Berufsschulen differenziert wird. Von den 30 Kindern ihrer ukrainischen Klasse ist übrigens nur ein Drittel in der Heimat geblieben, auch diese zehn werden jetzt nur online unterrichtet.
Die Tücke unterschiedlicher Systeme: Was Olena in der Ukraine in Mathematik vor drei Jahren lernte, ist z.B. im Lehrplan der NMS in Österreich erst jetzt dran. "Geografie, Zeichnen und Schwimmen" seien ihre Lieblingsfächer, und Designerin wolle sie einmal werden, sagt das Mädchen. Am Handy zeigt sie eigene handgefertigte farbenprächtige Malereien: einen Schwan, ein Pferdchen, einen Leuchtturm und ein gesunkenes Schiff...

Hilfe bei Behördenwegen

Eva Woska-Nimmervoll half Svitlana bei den Behördenwegen:

"Meldeamt, Sozialamt, Schulamt, Fremdenpolizei, AMS, Kontoeröffnung, Elternabend und das alles in der richtigen Reihenfolge, es war schon eine Challenge," sagt Eva.

Seit dem 8. März 2022 leben Svitlana und Olena in Evas Haus, gemeinsam mit ihrer Mama, die beim Deutschlernen hilft. Es gilt, Balance zu finden zwischen Familienanschluss und eigenständigem Leben und eines ist auch klar: "Ewig kann Svitlana nicht bei uns wohnen".

So geht es weiter

Deshalb ist eines der nächsten Projekte der Besuch eines Info-Tages an der Badener Pflegeschule. Svitlana, obwohl ausgebildete Krankenschwester und Hebamme, müsste in Österreich die Ausbildung noch einmal absolvieren, da die ukrainischen Prüfungen hier nicht alle anerkannt werden. Die Blaue Karte garantiert die Krankenversicherung und berechtigt sie zum Aufenthalt und prinzipiell zum Arbeiten in Österreich. Über Grundsicherung und Familienbeihilfe sind vorläufig Ausgaben für Betriebskostenzuschuss, Essen, Bekleidung und Mobilität einigermaßen gedeckt. „Sogar den Klimabonus haben wir bekommen“, ist Svitlana dankbar.

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