Interview mit Zentrumsplaner DI Martin Rella
Es wird ernst mit der Zentrumsgestaltung in Bad Vöslau
BAD VÖSLAU. Seit Oktober ist mit Martin Rella (40) ein Zentrumskoordinator in Amt und Würden. Der Traiskirchner hat sich unter rund 40 Bewerbern für diese Position im Vöslauer Rathaus durchgesetzt. Im Interview erzählt der studierte Raumplaner, was die nächsten Schritte in der Zentrumsgestaltung sein werden.
BEZIRKSBLÄTTER: Wie gut kennen Sie Bad Vöslau?
MARTIN RELLA: Da ich lange im Büro Liske tätig war, das auch für Bad Vöslau die Raumordnung plante, doch ziemlich gut. Auch gibt es, wenngleich schon etwas entfernt, familiäre Bande nach Bad Vöslau.
Was sind denn nun Ihre Aufgaben?
Es geht darum, das Zentrum gemeinsam mit der Bevölkerung neu zu denken. Dazu gehört auch, dass die Stadt eine neue Corporate Identity entwickeln wird - quasi den Außenauftritt. Wir wollen etwas Unverwechselbares finden, für das Bad Vöslau steht und mit dem sich die Bevölkerung identifiziert. Das ist aber nur ein Schritt. Der zweite Schritt ist die komplette Umgestaltung des Zentrums und die Belebung mit Geschäften.
Können Sie die wichtigsten Veränderungen kurz skizzieren?
Das aktuelle Hauptaugenmerk liegt auf der Neugestaltung der beiden Plätze vor dem Schloss und dem Bad. Diese sollen als Erste in Angriff genommen werden, die weiteren Abschnitte wie das Verkehrsband oder auch die Nebenfahrbahn folgen dann schrittweise in den Jahren danach. Die derzeitige Gesamtkonzeption sieht hierbei einen Kreisverkehr an der Kreuzung Hochstraße vor. Die Fahrbahn zwischen Hochstraße und Badplatz, soll zweigeteilt werden, mit einer Baumreihe im Mittelstreifen Durch dieses Verschwenken wird auch die jetzige Nebenfahrbahn auf der Schlossplatzseite in Längsparkplätze umgewandelt. Auf der anderen Seite soll ein großzügiger kombinierter Geh- und Radweg entstehen, wobei auch dort zusätzlich Längsparkplätze vorgesehen sind. Der leicht schräg hängende Schlossplatz selbst soll begradigt werden, sodass dass man bspw. von der Terrasse der Bäckerei Mann eben auf den Platz treten kann - also eine Ebene von der Straße weg. Darüber hinaus wird auch die Bevölkerung in den gesamten Prozess im Rahmen der Dorf- und Stadterneuerung eingebunden.
Wie wird sich die Parkplatzsituation ändern?
Am Schlossplatz, der als multifunktionaler Platz gestaltet wird, werden wahrscheinlich Parkplätze wegfallen, wobei wir überzeugt sind, dass dies aufgrund der aktuellen Auslastung machbar ist. Vor allen weiteren Maßnahmen soll jedenfalls ein entsprechendes Ersatzangebot geschaffen werden. Auf jeden Fall soll auf diesem Platz sichtbar werden, dass gleich hinter dem Rathaus der tolle Schlosspark ist bzw. dieser ins Stadtzentrum hinein bis zum Badplatz geführt werden. Welche Stadt hat schon einen Park mitten im Zentrum? Das muss sichtbar werden. Der Platz gegenüber bleibt vorerst unverändert.
Was ist mit den umstrittenen Parkdeckplänen am Rande des Schlossparks? Wird das Parkdeck gebaut?
Ich denke schon. In welcher Größe, ist aber noch offen. Vorher wollen wir genau evaluieren, wo und wie viele Parkplätze wir im Zentrum brauchen. Den Anrainern könnte mit dem Parkdeck jedenfalls eine Alternative außerhalb der Kurzparkzone geboten werden. Auch Gäste des Zentrums könnten dort länger parken. Man geht - durchaus attraktiv - nur 3 Minuten durch den Schlosspark ins Zentrum. Dort wollen wir mit weniger Autoverkehr und einem guten Branchenmix eine hohe Aufenthaltsqualität schaffen.
Wird es eine Begegnungszone mit einem 20 km/h-Limit geben?
Angedacht ist es, zumindest im Bereich von der Hochstraße bis zum Badplatz. Ob es aufgrund der Autofrequenzen auch behördlich genehmigt wird, ist noch offen. Wie überhaupt das ganze Konzept ja noch bewilligt werden muss. 30 km/h-Begrenzung gibt es ja jetzt schon, nur zur Erinnerung. Es wird leider oft nicht wahrgenommen. Das soll sich jedenfalls durch eine deutliche optische Umgestaltung in dem Bereich ändern.
Für viele Menschen ist der Badplatz der heimliche Hauptplatz der Stadt. Wird sich auch dort etwas ändern?
Ja. Der bestehende Park soll neugestaltet und langfristig mit dem Grünbereich um den Freiheitsbrunnen verbunden werden, um so einen attraktiven Frei- und Stadtraum zu schaffen. Die badseitige Bushaltestelle wird dann nach vorne in die Badner Straße verlegt.
Das Hotel Stefanie wurde ja jetzt verkauft. Wird dort etwas Neues gebaut?
Der Bereich ist in einer Schutzzone gelegen, es kann daher nicht beliebig gebaut werden. Der neue Eigentümer hat uns ein Konzept vorgelegt, das betreutes Wohnen mit einem Zubau zum bestehenden denkmalgeschützten Haus. Es gibt dort eine Grünfläche, die laut Konzept verbaut werden soll, was aber aufgrund der Schutzzone sowie der Widmungssituation in dem Ausmaß nicht geht. Die Grünfläche kann überhaupt nur nach vorherigem Architektenwettbewerb und nur in geringem Ausmaß, in Abstimmung mit dem Schutzzonengremium, verbaut werden. Das ist noch ein längerer Prozess. Gegenüber liegt das Café Thermalbad, in dessen Bereich die Firma Vöslauer nach wie vor ein Headquarter errichten will. Das Projekt hat sich jedoch verzögert., Meines Wissens sind die Pläne aber nach wie vor aktuell.
Das Radfahren im Zentrum ist derzeit eher riskant. Viele Eltern bringen ihre Kinder deshalb mit dem Auto in die Schulen in der Raulegasse, Verkehrsstau inklusive...
Ja, Radfahren im Zentrum ist wirklich riskant. Deshalb wird ja auch dem Fußgänger- und Fahrradverkehr bei den Planungen eine hohe Priorität eingeräumt und soll ein sicherer Radweg durch das Zentrum bis weiter in den Schulbezirk geführt werden. Ein erster Schritt durch die Aufnahme der Gemeinde in das Radbasisnetz, der übergeordnete Netzplanung des Landes NÖ, ist ja bereits erfolgt. Ziel muss jedenfalls sein, die Verkehrssicherheit und die Aufenthaltsqualität im Zentrum drastisch zu steigern.
Noch eine Frage zum Thema Corporate Identity. Wie soll dieser Prozess ablaufen?
Wir haben jetzt im Sommer die Agentur Message, ein renommiertes Unternehmen mit einem Team aus Professionisten mit langjähriger und internationaler Erfahrung in der dialogischen und partizipativen Markenentwicklung,beauftragt, uns in diesem Prozess professionell zu begleiten. Sie hat bspw. auch schon das CI auch schon für Mödling, Waidhofen an der Ybbs oder Neulengbach entwickelt. Der Kick-Off ist für Mitte September geplant. Wir möchten eine Stammarbeitsgruppe aus 20 - 25 Leuten bilden, die repräsentativ die Bevölkerung widerspiegelt, aber auch lokale Experten und Meinungsmacher mit ins Boot holt. Diese wird dann durch den ganzen CI-Prozess aktiv bleiben und mehrfach durch einen größeren Personenkreis erweitert, wobei es auch öffentliche Veranstaltungen geben wird. Mit dem Stadtfest am 21. August starten wir eine „Aktivierungskampagne“, die die Menschen animieren soll, in Form von Bildern und Videos ihre Stadt zu präsentieren und zu zeigen, was Bad Vöslau ausmacht und diese dann unter #meinbadvöslau in den sozialen Medien zu posten. Darauffolgend wird die CI entwickelt, die Marke Bad Vöslau, wobei die Ergebnisse des Entwicklungsprozesses dann laufend evaluiert und weiterentwickelt sowie in größerer Runde rückgekoppelt und abgestimmt werden. Natürlich sind auch hier alle interessierten Bürgerinnen und Bürger eingeladen zu partizipieren und ihre Ideen und Vorstellungen miteinzubringen.
Was passiert mit dem Slogan "Wein-Wald-Wasser"?
Die Themensind natürlich weiterhin relevant, der Slogan hat allerdings ausgedient bzw. soll neu gedacht werden
Wie soll der Bürgerbeteiligungsprozess gestaltet werden?
Das Bürgerbeteiligungsformat zur CI ist in den Gesamtprozess eingebunden, welcher durch die Agentur Message betreut wird, jener für die Zentrumsentwicklung erfolgt separat im Rahmen der Dorf- und Stadterneuerung, gemeinsam mit der NÖ Regional. Es gibt hier sicherlich Überschneidungen, wobei die Dorf- und Stadterneuerung ein noch größeres Themenfeld abdeckt und hier unterschiedliche Zeitschienen bestehen. Bzgl. der Umbauten am Schlossplatz bzw. am Badplatz, welche ja zuallererst in Angriff genommen werden, werden wir im Herbst den aktuellen Planungsstand präsentieren Und dann nehmen wir - auch im Zuge des CI-Prozesses - die Ideen aus der Bevölkerung zusätzlich auf. Der CI-Prozess soll ja im Frühjahr 2023 abgeschlossen sein. Im Frühjahr 2023 sollen dann auch die Ausschreibungen für die Bauarbeiten erfolgen. Die große Baustelle im Zentrum erwarte ich für Sommer 2023.
Und die Kosten für das alles?
Schwer zu sagen angesichts der aktuellen Preisentwicklung. Aber es wird wohl in die Millionen gehen, wobei wir natürlich auch entsprechende Fördermittel des Landes, des Bundes oder auch der EU in Anspruch nehmen werden.
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