Wintersportler, Achtung auf die Birkhühner!
Wildbiologin DDr. Veronika Grünschachner-Berger berichtet über die schützenswerte Art "Birkhühner", auf die gerade Wintersportler besonders Rücksicht nehmen sollten.
Wen zieht es da nicht hin: Schneeweiße Berge, Sonne und blauer Himmel, kitschig schön wie der Winterprospekt eines Tourismusverbandes. Manchen gefällt es im Gebirge sogar so gut, dass sie da gleich ihren Lebensmittelpunkt gewählt haben: Birkhühner wohnen das ganze Jahr nahe der Waldgrenze, auch wenn die Sonne gerade nicht scheint.
Schwere Zeiten im Winter
Besonders im Winter ist es nicht leicht hier zu überleben, weiß man beim Naturschutzbund. Bei Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt, Schneestürmen und kaum verfügbarer Nahrung müssen sie schon Überlebenskünstler sein! Die Hühner haben sich deshalb mit etlichen Anpassungen „klimafit“ gemacht, um ihre "Energiebilanz" nicht negativ werden zu lassen. Die Einnahmen (d.h. die Nahrung) sind besonders in strengen Wintern nicht überragend. Sich im Herbst eine dicke Fettschicht anzufressen, also auf Vorrat zu leben, funktioniert bei den Vögeln nicht - sonst sind sie zu dick und können nicht mehr ausreichend fliegen. Daher muss das Birkhuhn versuchen, mit den Ausgaben zu sparen. Hornstifte an den Zehen, die wie Schneeschuhe wirken, „behaarte“ Beine mit feinen Federn, eine zweite kleine Afterfeder auf jeder Deckfeder und befiederte Nasenlöcher sind die wesentlichen Anpassungen an die große Kälte und den Schnee.
Kurze Wege und Strukturvielfalt sind gefragt
Energie sparen können Birkhühner am besten mit besonderen Verhaltensweisen. Die wichtigste ist die „Strategie der kurzen Wege“: Sie versuchen, ihre Grundbedürfnisse auf kleinstem Raum beisammen zu haben. Nur dann ist der Lebensraum wintertauglich, wenn Nahrung, Deckung und Witterungsschutz nah beisammen liegen. Dann können sie vielleicht direkt vom Schlafbaum herunter „fallen“ um ein paar freistehende Heidelbeeren um den Stamm abzurupfen. Und wenn ein Adler vorbeischaut, können sie gleich in ein Schneeloch unter der nebenstehenden Latsche verschwinden. Auf kleinen Geländebuckeln können die Hühner zwischen nordseitigem Pulverschnee (wichtig für das Anlegen von Schneehöhlen) und südseitigem Harsch (wo man nicht einsinkt) hin- und herwechseln. Möglichst große Vielfalt auf kleinstem Raum ist also gefragt!
Wie soll man sich verhalten?
Das ist einfach, wenn man die Lebensräume und die Strategien der Hühner kennt: Eben die besonderen, kleinräumig gut strukturierten Flächen möglichst vermeiden. Verzichten sollte man jedenfalls auf aktives Suchen der Hühner. Jedes Aufjagen aus einer (relativ) warmen Schneehöhle bedeutet mehrstündiges Sitzen in größerer Kälte und damit einen Energieverlust. Man kann die "Kampfzone" des Waldes aber nicht zur Gänze vermeiden. Für die Hühner hilfreich ist aber schon ein Durchqueren auf möglichst kurzem Weg. Kleine Baumgruppen, Latschen oder Erlen mit teilweise ausgeaperter Bodenvegetation sollte man umgehen und nicht gerade dort seinen Jausenplatz wählen. Insbesondere bei Schneeschuhgehern ist das längere Wandern entlang der Baumgrenze in den Erlen- und Latschenregionen sehr reizvoll, aber wenig birkhuhnfreundlich! Birkhühner sind insbesondere in den Morgenstunden und vor Sonnenuntergang zur Nahrungssuche unterwegs. Wenn man seine Tour so plant, dass man erst am Vormittag in die „Birkhuhnregionen“ kommt, hat man schon wieder geholfen.
Die Tour gut planen, dann geht's
Hinauf geht jeder Tourengeher in den bereits vorhandenen Schispuren. Bergab versucht aber jeder, einen unberührten Hang und ein möglichst unbefahrenes Stück Pulverschnee zu ergattern. Der Flächenverbrauch ist da in besonders schneereichen Wintern, in denen auch die letzten Latschen zugeschneit sind, enorm! In solchen Wintern kommt auf die Birkhühner eine doppelte Belastung zu: noch weniger Nahrung und noch großflächigere menschliche Anwesenheit.
Das Resümee für Winterwanderer: Es geht nicht darum, keine Touren durchzuführen. Aber wenn man auf seiner Tour versucht, die Gegend mit den Augen eines Birkhuhns zu sehen und sich danach zu richten, hat man schon eine Menge für die „schwarzen Ritter“ und ihre „braunkarierten“ Damen getan.
DDr. Veronika Grünschachner-Berger ist freischaffende Wildbiologin und hat ein Büro in der Obersteiermark (Salzatal). Sie hat lange Erfahrung mit den heimischen Raufußhühnern. http://www.die-wildbiologin.at, anderkraeuterin@aon.at, mobil 0664 380 50 67
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