Keiner will in die Landarztpraxis
Kurt Roitner zählt zu den älteren Hausärzten im Bezirk. Er fürchtet ein Generationenproblem.
BEZIRK (ah). In einem Brief an Gesundheitsreferent und Landeshauptmann Josef Pühringer weist Bezirksärztevertreter Kurt Roitner auf den bevorstehenden Generationenwechsel in der Allgemeinmedizin hin. Er sieht die Primärversorgung gefährdet. Derzeit gibt es im Bezirk 41 Einzelpraxen mit einem Altersdurchschnitt der Ärzte von knapp 53 Jahren. Laut Roitner werden in den nächsten acht Jahren 20 bis 25 neue Ärzte benötigt. Für Pühringer ist der Generationenwechsel kein Phänomen des Innviertels, sondern alle Regionen Oberösterreichs seien davon betroffen. Daher setze die Politik vielfältige Maßnahmen, um die Versorgung der Patienten auch in Zukunft zu garantieren. Einen Lösungsansatz sieht er in der Zurverfügungstellung von genug Ausbildungsplätzen. Mit dem neuen Studienangebot der Medizinischen Fakultät in Linz habe sich die Zahl der oö. Medizinstudenten um die Hälfte erhöht. Für Roitner werden aber deutlich vor dem Ausbildungsende der Med-Uni-Linz-Absolventen Ärzte im Bezirk benötigt. Wie schwer es ist, eine Arztstelle zu besetzen, zeigt das Beispiel Mattighofen. „Dort wartet man nach der nun bereits 13. Ausschreibung auf einen Bewerber für die Praxis von Bernhard Hochreiter“, zeichnet der Bezirksärztesprecher ein düsteres Bild. Er versteht das nicht. Die Kollegen vor Ort würden weit über dem persönlichen Limit arbeiten. Aus dem Krankenhaus Braunau mit über 60 Ärzten mit Berufsberechtigung hat sich in den letzten drei Jahren kein Mediziner bereit erklärt, die fertig eingerichtete Praxis in Mattighofen zu übernehmen.
Scheu vor Allgemeinmedizin
Bei einer Befragung unter Jung-ärzten in Österreich gaben nur fünf bis sieben Prozent an, Interesse zu haben, Hausarzt zu werden. Übereinstimmend wird auf die geringe praktische Ausbildung und das völlige Fehlen einer finanzierten Lehrpraxis hingewiesen. Laut Roitner würden sich viele Spitalsärzte weder fachlich noch organisatorisch die Tätigkeit eines Kassenhausarztes zutrauen. "Ein Landarzt deckt ein breites Spektrum ab. Ich habe in meiner Praxis mit Kindern, alten Menschen und psychisch Kranken zu tun. Diese Mischung macht es aber gerade aus, aber davor haben viele Ärzte eine Scheu", weiß Roitner.
Lehrpraxis als Lösung
Der Bezirksärztesprecher tritt vehement für eine Lehrpraxis ein. Damit könnte laut Roitner die Hürde deutlich verringert werden. Derzeit basiert eine Lehrpraxis – also wo Jungärzte in einer Hausartzpraxis mitarbeiten – auf freiwilliger Basis. In Dänemark sind etwa 30 Monate Pflicht. Ab Juli 2015 sollen auch bei uns sechs Monate nach einer dreijährigen Praxisausbildung vorgeschrieben sein. "Frühestens also im Jahr 2018", meint Roitner. Er wünscht sich eine raschere Lehrpraxisfinanzierung, ein Weiterbildungsstipendium und eine Lösung für die Hausapotheken.
Kommentar:
Friedrich Schwarzenhofer, Bürgermeister Mattighofen.
"Es ist für mich nicht erklärlich, warum sich kein Nachfolger für die Praxis in Mattighofen findet. Es ist aber so, dass sich jemand bei mir gemeldet hat, der Interesse gezeigt hat. Die Stadt würde einem Nachfolger in Form einer Wirtschaftsförderung eine Unterstützung zukommen lassen. Ein Mediziner könnte sofort mit der Arbeit beginnen. Die Praxis ist fertig, sogar eine Wohnung dabei und ein Kundenstock vorhanden. Als Hindernisgrund höre ich immer auch das Thema Hausapotheke."
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