Anstellung von betreuenden Angehörigen
ÖVP: „Das erinnert an Ausbeutung“
Die ÖVP sieht sich in ihrer Kritik am Anstellungsmodell für betreuende Angehörige durch einen aktuellen Bericht des Landesrechnungshofes bestätigt. Thomas Steiner, Obmann des Landes-Rechnungshofausschusses, weist unter anderem auf arbeits- und sozialrechtliche Vorgaben hin, die nicht eingehalten wurden.
BURGENLAND. Kritisch sieht Steiner bereits den Bestellungsvorgang für die Geschäftsführung der im Juli 2019 gegründeten Pflegeservice Burgenland GmbH (PSB), die für die Abwicklung des Anstellungsmodells zuständig ist.
„Skandalöse Prämienvereinbarung“
„Dass hier eine ehemalige SPÖ-Bürgermeisterin die Bestgeeignete war, ist wahrscheinlich Zufall“, meint Steiner, der außerdem auf die „skandalöse Prämienvereinbarung“ für die Geschäftsführerin hinweist. Um in den Genuss der Prämie zu kommen, mussten gewisse Ziele erreicht werden – nämlich lediglich die Einhaltung des Budgets sowie die Übernahme der Geschäftsführung. Für Steiner ist eine solche Vereinbarung eine „Verhöhnung aller Burgenländerinnen und Burgenländer“.
188 statt der budgetierten 600 Anstellungen
Dass das Land Burgenland von einem größeren Interesse an dem Anstellungsmodell ausgegangen ist, zeigt die ursprüngliche Budgetierung, die auf eine Zielgröße von 600 Angestellten ausgerichtet war. Laut Prüfbericht schloss die PSB im überprüften
Zeitraum insgesamt 188 Dienstverhältnisse mit betreuenden Angehörigen ab. „Bei insgesamt 10.000 pflegendenen Angehörigen im Burgenland ist dieses Anstellungsmodell eher ein Minderheitenprogramm“, so Steiner, für den die negativen Erwartungen durch den Prüfbericht noch deutlich übertroffen wurden.
Urlaubstage nicht konsumiert
Für Steiner besonders interessant: Es ist keine Indexierung der Gehälter an die Inflationsrate vorgesehen. „Das heißt, es gibt jedes Jahr eine Gehaltsreduktion“. Weitere Kritikpunkte: „Die Überstunden werden nicht abgegolten und Urlaubstage können großteils nicht konsumiert werden.“ im Prüfbericht ist dazu zu lesen, dass die betreuenden Angehörigen im überprüften Zeitraum einen Urlaubsanspruch von 3.020 Tagen erwarben. Diesem stand ein Verbrauch von lediglich 790 Tagen gegenüber. Außerdem stellte der Landesrechnungshof fest, dass im Jahr 2020 insgesamt 101 betreuende Angehörige keinen Urlaub konsumierten. Steiner: Das erinnert an arbeitsrechtliche Ausbeutung und ist nicht akzeptabel.“
„Pflegende Angehörige stärken“
Für die ÖVP ist jedenfalls dieses Anstellungsmodell endültig gescheitert. „Anstatt die Pflege zu verstaatlichen, müssen die pflegenden Angehörigen im Burgenland gestärkt werden – etwa durch eine Ausweitung der Angebote in der Kurzzeitpflege, den Ausbau der Hauskrankenpflege und die fachliche Unterstützung der Pflegenden“, fordert ÖVP-Klubobmann Markus Ulram.
300 Anstellungen erwartet
Naturgemäß anders fällt die Einschätzung des Anstellungsmodell von PBS-Geschäftsfüherin Klaudia Friedl aus. Im Rahmen einer Pressekonferenz sprach sie kürzlich von einem sehr hohen Interessen an dem Anstellungsmodell für pflegende Angehörige. In den vergangenen zwei Jahren habe die Corona-Pandemie die Arbeit zwar teilweise eingeschränkt. Friedl geht jedoch davon aus, dass nach dem Ende der Pandemie das Interesse am Anstellungsmodell erneut steigen werde und bis zum Jahresende rund 300 Personen bei der Pflegeservice Burgenland GmbH als pflegende Angehörige angestellt sein werden.
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