Fastenbrechen in Enns
ENNS (ah). Es ist 21.14 Uhr im Ennser Pfaarsaal. Etwa 200 Personen fangen gleichzeitig zu essen an. Für die meisten ist es die erste Mahlzeit des Tages. Gefeiert wird das traditionelle Fastenbrechen wie jeden Abend während des Ramadans. Sechs Wochen lang dürfen gläubige Moslems von Sonnenaufgang bis -untergang weder essen noch trinken. In den heißen Sommermonaten bei Temperaturen über 30 Grad eine besondere Herausforderung.
"Ich halte den Ramadan seit etwa 40 Jahren ein und ich stehe immer noch", sagt Turan Karacam, Obmann des Atib Enns, und lacht. Der Verein ist die Türkisch-Islamische Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich und Veranstalter des Fastenbrechens in Enns.
"Ich mache es nicht nur aus religiösen Gründen", sagt Esma Softic. Die 17-Jährige ist in Enns geboren, ihr Vater stammt aus Bosnien. "Mir geht es durch das Fasten viel besser. Jeder Tag, den ich schaffe, gibt mir viel Kraft."
Im Saal sitzen nicht nur Muslime. Eingeladen wurden auch die Landtagsabgeordneten Gertraud Jahn und Gisela Peutlberger-Naderer. Mit an den Tischen sitzen außerdem etwa 20 Flüchtlinge aus Syrien und Somalia, die wie jeden Abend von Atib Enns versorgt werden. Ausgegeben werden Lammfleisch mit Bohnen und Reis.
"Es ist etwas Besonderes, dass wir hier im katholischen Pfarrzentrum mit türkischen und bosnischen Muslimen feiern dürfen", sagt Mustafa Selimspahic. Der gebürtige Bosnier war vor sechs Jahren der erste Gemeinderat mit Migrationshintergrund für die SPÖ in Enns. Nun kandidiert er für den Landtag. Zudem unterichtet Selimspahic an der Volksschule Enns.
Seine Kollegin Brigitte Thomas ist auch der Einladung gefolgt, auch wenn sie selbst nicht fastet: "Ich finde das spannend. Es wäre schön, wenn wir in Enns ein multireligöses Fest machen könnten – dann auf neutralem Boden", sagt die katholische Religionslehrerin.
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