Region Enns
Kirche: "Es tut uns jeder Austritt weh"

Knapp 13.000 Mitglieder sind 2021 aus der Diözese Linz ausgetreten. Österreich hat derzeit 4,83 Millionen Katholiken. Am Foto: Der Linzer Mariendom, die größte Kirche Österreichs
 | Foto: Diözese Linz/Hermann Wakolbinger
4Bilder
  • Knapp 13.000 Mitglieder sind 2021 aus der Diözese Linz ausgetreten. Österreich hat derzeit 4,83 Millionen Katholiken. Am Foto: Der Linzer Mariendom, die größte Kirche Österreichs
  • Foto: Diözese Linz/Hermann Wakolbinger
  • hochgeladen von Ulrike Plank

Seelsorger aus Enns und St. Valentin über Austrittsgründe, Auswirkungen und was man vor Ort tun kann.

REGION ENNS. "Das Beziehungsgeflecht ist offensichtlich dünner geworden", kommentiert der Linzer Bischofsvikar Wilhelm Vieböck die aktuelle Kirchenstatistik. Nach einem Rückgang 2020 ist die Zahl der Austritte im Vorjahr wieder gestiegen – siehe Info-Kasten rechts. Vieböck: "Die Austritte tun als einzelne wie auch als hohe Gesamtzahl weh. Auch wenn diese Zahl noch Austritte aus 2020 enthält, die aufgrund des Lockdowns erst 2021 bearbeitet wurden, bleibt die Frage nach den Ursachen." Genau diese Frage hat die BezirksRundSchau Seelsorgern aus der Region Enns gestellt. "Die Austrittsgründe sind vielfältig. Da gibt es Menschen, die im Herzen schon länger aus der Kirche ausgetreten sind und dann aufgrund eines aktuellen Vorfalles wie dem Umgang der Kirche mit Missbrauchstätern und Opfern austreten", meint Manuel Sattelberger. Der 41-Jährige ist Diakon im Pfarrverband Enns-Donau-Winkel, der die Pfarren St. Valentin, Langenhart, Ernsthofen, Erla und St. Pantaleon umfasst.

Für Glauben nichts bezahlen

"Andere haben schlechte Erfahrungen mit der Kirche vor Ort gemacht. Wieder andere wollen den Kirchenbeitrag nicht mehr zahlen, weil sie der Meinung sind, dass sie für den Glauben nichts 'zu bezahlen' brauchen. Natürlich gibt es auch Mitmenschen, die wirklich nicht mehr glauben (können)", so Sattelberger. "Wenn Menschen austreten, haben Sie den Kontakt zur Kirche oft weitgehend verloren. Sie erleben die Kirche vielleicht nur noch anlassbezogen bei Taufen, Hochzeiten, Beerdigungen. Und sehen dann, wenn die Bitte um ihren Kirchenbeitrag kommt, nicht, was die Kirche darüber hinaus Tag für Tag leistet", ergänzt Harald Prinz, Pfarrleiter von Enns-St. Laurenz.

"Ein Wiedereintritt ist ohne große Hürden jederzeit möglich, wir helfen gerne dabei!"
- Manuel Sattelberger, Diakon im Pfarrverband Enns-Donau-Winkel

Auch Corona ist für das Pfarrleben eine Herausforderung. "Viele hatten Angst, sich in der Kirche anzustecken, in Wirklichkeit entstanden in Gottesdienstfeiern keine Cluster", sagt Diakon Sattelberger. Pfarrleiter Prinz: "Die Pfarren waren immer bekannt dafür, viel für die Gemeinschaft zu tun. Von einem Tag auf den anderen war genau das ein Problem. Manche Kontakte sind allem Engagement zum Trotz gerissen, hoffentlich nicht für immer."

"In meiner Pfarre St. Laurenz haben wir uns der Reform 'von unten' verschrieben."
- Harald Prinz, Pfarrleiter Enns-St. Laurenz

Die Konsequenzen sieht der 49-Jährige mit Sorge. Weniger Kirchenbeitrag bedeute weniger Geld für die Seelsorge. "Langfristig geht es um noch viel mehr: Wer wird einmal die Kirchen erhalten? Was bedeutet es für Kultur und Tourismus, wenn Kirchen geschlossen oder verkauft werden? Diese Frage wird mit jedem Austritt drängender." Können hier die Pfarren gegensteuern oder bräuchte es Reformen „von oben“? Sattelberger: "Ich bin seit 17 Jahren tagtäglich in der Pfarrseelsorge tätig. Alles, was in meiner kleinen Macht steht, tue ich, um der Kirche ein ehrlich-freundliches Gesicht zu geben. Mit Papst Franziskus haben wir einen Reform-Papst, aber auch er kann nicht von heute auf morgen die Weltkirche umkrempeln." In Enns setzt man auf Eigeninitiative: "Reformen 'von oben' würden der Glaubwürdigkeit der Kirche dringend guttun. Aber ich bin überzeugt, dass wir auf die nicht warten müssen. In meiner Pfarre St. Laurenz haben wir uns der 'Reform von unten' verschrieben. Das taugt mir auch und macht richtig Spaß."

****

Katholische Kirche in OÖ: Kirchenstatistik 2021

Die Katholische Kirche in Oberösterreich hatte zum Stichtag 31.12.2021 insgesamt 914.916 Katholiken und Katholikinnen (2020: 927.906 KatholikInnen) von knapp 1,5 Mio. Menschen in Oberösterreich. Im Jahr 2021 traten aus der Katholischen Kirche in Oberösterreich 12.865 Personen aus (2020 waren es 10.108 Personen). 790 Personen traten 2021 wieder oder neu in die Kirche ein (Reversionen: 753, Konversionen: 37; 2020 waren es 717). 111 Personen haben ihre Austrittserklärung in Antwort auf einen Brief des Diözesanbischofs Dr. Manfred Scheuer widerrufen (im Jahr 2020 waren es 75).

Taufen, Begräbnisse, Hochzeiten

Im Jahr 2020 wurden in der Katholischen Kirche in Oberösterreich 6.823 Personen getauft, 10.275 kirchliche Begräbnisse und 785 kirchliche Trauungen gefeiert sowie 4.751 Personen gefirmt. Die entsprechenden Zahlen für 2021 liegen noch nicht vor.
Im Jahr 2020 gab es in der Diözese insgesamt 286 Diözesanpriester, 42 Weltpriester aus anderen Diözesen, 232 Ordenspriester und 138 Ständige Diakone. Insgesamt waren 375 hauptamtliche Laien (241 Frauen und 134 Männer) mit einem Vollzeitäquivalent von 254,29 in der Seelsorge tätig.

OÖ: Diözese Linz


Die Diözese Linz hat mit Stichtag 31. Dezember 2021 insgesamt 914.916 KatholikInnen (2020: 927.906). Im Jahr 2021 traten 12.865 Personen (1,38 Prozent der Mitglieder von 2020) aus der Kirche aus (2020: 10.108, 2019: 11.097, 2018: 9.714). 790 Personen traten wieder oder neu ein. (2020 waren es 717 Personen.) Zusätzlich widerriefen 111 Personen ihren Austritt (2020: 75).


NÖ: Diözese St. Pölten


Insgesamt 468.606 KatholikInnen hatten mit Jahresende 2021 ihren Hauptwohnsitz in der Diözese St. Pölten (2020: 474.496). 6.466 KatholikInnen sind im vergangenen Jahr aus der Kirche ausgetreten (2020: 5.351, 2019: 5.542, 2018: 4.833). Das sind 1,36 Prozent der Mitglieder mit Stand Ende 2020. Weiters sind 286 Wieder- und Neueintritte zu verzeichnen (2020: 348), sowie 31 Widerrufe (2020: 25).


Österreich

Die Katholikenzahl in Österreich ist im Jahr 2021 erneut leicht zurückgegangen. Demnach gibt es mit Stichtag 31. Dezember 2021 in Österreich 4,83 Millionen KatholikInnen. 2020 waren es laut amtlicher Statistik der Österreichischen Bischofskonferenz 4,91 Millionen KatholikInnen. Das entspricht einem Rückgang von rund 1,63 Prozent.
Ein Grund dafür sind gestiegene Kirchenaustritte im vergangenen Jahr. Insgesamt traten 2021 72.055 Personen aus der katholischen Kirche aus. 2020 waren es 58.535 Personen, was damals ein deutlicher Rückgang gegenüber 2019 war (67.794 Austritte). Offensichtlich dürften nicht wenige Personen den Austritt nachgeholt haben, nachdem 2020, im ersten Jahr der Pandemie, die Kommunikation mit den staatlichen Behörden oft nur eingeschränkt möglich war.


Die Kirchenaustritte lagen damit 2021 etwas über jenen von 2019 (67.794), 2018 verließen 58.807 KatholikInnen die Kirche, 2017 waren es 53.698, 2016 54.969 und 2015 56.599. 2010 musste die Kirche 85.960 Austritte verzeichnen – ein historischer Höchststand –, was laut Kirche damals zu einem Gutteil auf das Bekanntwerden von Missbrauchsfällen im kirchlichen Bereich zurückzuführen war.


Bei den Angaben für 2020 handelt es sich um vorläufige Zahlen. Kleinere Korrekturen – vor allem bei den Neu- oder Wiedereintritten – sind noch zu erwarten, da noch nicht in allen Diözesen die Daten für die letzten Monate des Vorjahres umfassend vorliegen. Erfahrungsgemäß werden die Zahlen der Kircheneintritte (Aufnahmen und Wiederaufnahmen) und der Widerrufe noch leicht steigen.


*******

Finanzen 2020 (Zahlen für 2021 noch nicht verfügbar)

Die katholischen Diözesen in Österreich können für 2020 leichte Steigerungen beim Kirchenbeitragsaufkommen und insgesamt fast ausgeglichene Bilanzen verzeichnen. Das geht aus der österreichweiten kirchlichen Gebarungsübersicht hervor, die im Jänner 2022 veröffentlicht wurde. Der Großteil der Einnahmen der Diözesen stammt aus dem Kirchenbeitrag. 2020 waren es knapp 484 Millionen Euro (75 Prozent der Gesamteinnahmen), 2019 lagen die Kirchenbeiträge bei rund 481 Millionen Euro.

Insgesamt verzeichnen die Diözesen 2020 Gesamteinnahmen in der Höhe von über 643 Millionen Euro – davon: Kirchenbeitrag mit 483,7 Millionen Euro und Anteil von 75,2 Prozent. Die staatlichen Leistungen zur Abgeltung von NS-Schäden machen rund 55,3 Millionen Euro und somit 8,6 Prozent an den Einnahmen aus. Die restlichen 104 Millionen Euro und damit 16,2 Prozent der Einnahmen stammen aus der Vermögensverwaltung, aus Vermietungen, Leistungen, Subventionen und sonstigen Erträgen.


Zwei Drittel der Budgets sichern die kirchliche Basisstruktur und die Seelsorge. So wurden laut Rechenschaftsbericht für die Pfarren und die pastoralen Aufgaben insgesamt über 421 Millionen Euro aufgewendet, was einem Anteil von rund 65 Prozent an den Gesamtausgaben entspricht.
 Ausgaben für Leitungs- und Organisationsaufgaben: 121 Millionen Euro bzw. 19 Prozent (2019: 119 Millionen). Drittgrößte Position in der Mittelverwendung sind Ausgaben für Bildung, Kunst und Kultur mit 76 Millionen Euro oder rund 12 Prozent (2019: 83 Millionen). Die Aufwände für soziale und caritative Aufgaben sowie für die Entwicklungshilfe lagen bei 26 Millionen Euro (2019: 26 Millionen), das sind 4 Prozent der diözesanen Budgets.

Diözese Linz: 131,2 Millionen Euro Einnahmen (2019: 130 Millionen), davon 97,9 Millionen aus dem Kirchenbeitrag (2019: 96,5 Millionen). 
Diözese St. Pölten: 58,3 Millionen Euro Einnahmen (2019: 57,3 Millionen), davon 48,8 Millionen aus dem Kirchenbeitrag (2019: 49 Millionen).


Diese und weitere Zahlen und Fakten auch im Internet unter: Kirchenfinanzierung 

Quelle: Kathpress

Anzeige
Foto: Cityfoto
8

Innovationen von morgen
"Lange Nacht der Forschung“ am 24. Mai

Unter dem bundesweiten Motto „Mitmachen. Staunen. Entdecken.“ bietet Oberösterreich bei der elften Auflage der Langen Nacht der Forschung 2024 (#LNF24) am Freitag, 24. Mai 2024 von 17 bis 23 Uhr ein breit gespanntes LIVE-Programm. In zehn Regionen in Oberösterreich laden rund 140 Hochschulen, Forschungseinrichtungen, Technologiezentren und innovative Unternehmen dazu ein, einen Blick in die faszinierende Welt der Forschung zu werfen. Auf Entdecker:innen jeden Alters wartet ein...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Enns auf MeinBezirk.at/Enns

Neuigkeiten aus Enns als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Enns auf Facebook: MeinBezirk.at/Enns - BezirksRundSchau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Enns und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.