Gastronomie
Neue Konzepte als Antwort auf Personalmangel

Die Ennser Gastronomen sind auf der Suche nach Köchen und Kochlehrlingen.  | Foto: AMS / DoRo Filmproduktion
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  • Die Ennser Gastronomen sind auf der Suche nach Köchen und Kochlehrlingen.
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Die Gastronomie sucht händeringend nach Personal. Von Koch und Kellner über Lehrlinge für Küche und Service, Praktikanten bis hin zu Hilfskräften: es herrscht in vielen Betrieben Not am Mann – und Frau.

REGION ENNS. Im Bezirk Linz-Land sind laut Arbeitsmarktservice (AMS) derzeit 160 offene Stellen im Bereich Gastronomie gemeldet. Von der Küchengehilfin bis zum Chef de Partie wird in allen Bereichen gesucht. Unter dem Hinweis „aus personaltechnischen Gründen“ gab etwa der „Platzhirsch in Enns am 24. Juni auf seiner Facebook-Seite einen weiteren Sperrtag für Juli und August bekannt. Zu den Hintergründen wollte sich Harald Ullmann „aus Rücksicht und Verantwortung für meinen Betrieb“ nicht äußern. Einen Einblick in die prekäre Lage gewährt Wirtesprecher Wolfgang Brunner aus Enns. Aus seiner Sicht ist in der Personalfrage die Spitze noch nicht erreicht. „Es wird eigentlich in allen Bereichen gesucht, sowohl Koch als auch Kellner. Und es gibt auch keine Hilfskräfte mehr, die man früher angelernt hat fürs Tisch abräumen, Besteck polieren und so weiter“, so Brunner. Der Patron des Gasthof-Hotel „Zum Goldenen Schiff“ vermisst heuer Schüler der Fachschulen, die ein Pflichtpraktikum absolvieren müssen: „Bei uns hat sich heuer kein einziger gemeldet. Wir haben das Glück, dass die Praktikantin des Vorjahres wieder bei uns arbeitet.“

Gastro-Personal wechselte Branche
Laut Harald Vetter, Geschäftsstellenleiter des Arbeitsmarktservice (AMS) Amstetten, gibt es im ganzen Bezirk aktuell 27 offenen Stellen für Köche, 34 dieser Berufsgruppe sind arbeitslos gemeldet oder befinden sich in einer Schulung. Bei Kellnern sind es 34 offene Stellen gegenüber 61 arbeitslosen beziehungsweise in Schulung befindlichen Personen. „Im Bezirk Amstetten sind es genau 17 Kellner, die keine Einstellungszusage haben und jünger als 55 Jahre sind“, relativiert Vetter die Zahl. „Mitarbeiter haben natürlich während des Lockdowns nach Möglichkeiten Ausschau gehalten, um in sichere Arbeitsverhältnisse und weg vom Saisonenbetrieb zu kommen. Es gibt entsprechende Anfragen für Umschulungen“, so Harald Vetter. Gleiches berichtet Michaela Billinger, Leiterin des AMS Linz-Land: „Einige arbeitslose Personen aus der Gastronomie haben sich während der Pandemie selbst Stellen in anderen Bereich, wie beispielsweise Verkauf oder Produktion, gesucht, weil nicht abzuschätzen war, wann die Arbeit im Gastgewerbe wieder beginnen wird.“ Laut Billinger werden Umschulungen für Köche oder Kellner lediglich aus – vorab abgeklärten – gesundheitlichen, nicht aber aus persönlichen Gründen genehmigt. Derzeit sind im Bezirk Linz-Land 90 Personen aus dem Bereich Gastgewerbe vorgemerkt. Die Gründe, warum diese Personen noch nicht vermittelt werden konnten, liegen oftmals an der persönlichen Situation der Arbeitslosen. „Gesundheitliche Probleme physischer oder psychischer Art, das Alter oder Sprachbarrieren sind die Vermittlungshemmnisse. Oftmals sind auch die Arbeitszeiten eine große Herausforderung. Aufgrund von Kinderbetreuung können die arbeitslosen Personen vielfach nicht auf die offenen Stellen vermittelt werden. Geteilte Dienste, lange Öffnungszeiten oder Frühdienste und keine passenden  Zeiten in den Kinderbetreuungseinrichtungen sind die Hauptgründe“, so Michaela Billinger. In Linz-Land gibt es aktuell 30 offene Lehrstellen in der Gastronomie, wovon 20 sofort und weitere zehn ab Herbst zu besetzen sind. Dem gegenüber stehen fünf Lehrstellensuchende, die sich für die Gastronomie interessieren. „Unsere Herausforderung für die Zukunft wird sein, diese Lehrberufe, gerade in der Gastronomie wieder attraktiv zu machen und die Jugendlichen für diese Bereiche zu interessieren. Viele Gastronomiebetriebe konnten aufgrund der Kurzarbeitsbeihilfe ihre Mitarbeiter halten und sind gegenüber jenen Betrieben, die ihr Personal freigesetzt haben, klar im Vorteil“, so die AMS-Bezirksstellenleiterin Linz-Land.

Gut entlohnt
Im Bezirk Amstetten stehen in der Gastronomie 16 offene Stellen drei Lehrstellensuchenden gegenüber. Dass schlechte Bezahlung die Bewerber abhält, lässt Wolfgang Brunner nicht gelten. „Die Gastronomie hatte immer ein Problem mit den Dienstzeiten. Aber die Zeiten schlechter Bezahlung sind längst vorbei. Die Lehrlingsentschädigung ist die zweithöchste, direkt nach dem Baugewerbe. Das Kollektiventgelt der Kellner liegt bei rund 1.600 bis 1.800 Euro netto und da kommt dann noch das Trinkgeld dazu“, so der Ennser Wirtesprecher. Für seinen Betrieb sucht Brunner derzeit drei Lehrlinge, „ansonsten bin ich in der glücklichen Lage, dass alle Positionen besetzt sind.“

Gast bezahlt die Rechnung
Als möglichen Teil der Lösung wünscht sich Wolfgang Brunner etwa Erleichterungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt für Arbeiter aus Drittstaaten. Zudem mehr Werbung für die gutbürgerliche Küche, eine höhere Wertschätzung für die Gastronomie und die Rückkehr der gelebten Geselligkeit als Teil unserer Kultur. Der Gastro-Experte sieht als Folge der Personalnot neue Gastronomiekonzepte heranziehen: „Außenbars für kürzere Wege, ein umstellen auf Selbstbedienung oder teilweise Selbstbedienung mit Buffets für Salat, Suppen oder Nachspeisen, ein QR-Code-System für die Bestellung durch den Gast – das ist möglicherweise der Beginn einer Entwicklung. Doch es wird auch Preissteigerungen geben, da sowohl die Mitarbeiter als auch der Einkauf teurer werden. Diese Kosten trägt auch der Gast.“

Sagen Sie uns Ihre Meinung
Ihr Betrieb ist auf der Suche nach Lehrlingen und Fachkräften? Hat sich die Lage durch die Covid19-bedingten Lockdowns verschlechtert oder war die Entwicklung absehbar? Wie wirkt sich die Personalnot bei Ihnen aus? Mit welchen Maßnahmen reagieren Sie auf die Situation? Was fordern Sie von der Politik? Schreiben Sie uns an enns.red@bezirksrundschau.com

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