Notschlafstelle für Frauen in Favoriten
Ein Schlafplatz für die Nacht
Das Obdach Favorita in der Laxenburger Straße 8–10 ist eine Notschlafstelle nur für Frauen.
FAVORITEN. "Nach einer Trennung bin ich auf der Straße gestanden. Ich würde jeden Job annehmen, mit meiner leichten Behinderung finde ich mit 50 aber keinen mehr", sagt Magdalena, die im Obdach Favorita schläft.
"Frauen gehen mit Obdachlosigkeit anders um, als Männer: Sie versuchen möglichst lange, ihre Situation zu verbergen und privat zu lösen", sagt Hausleiterin Gabriele Mechovsky. "Viele sind ,verdeckt obdachlos': Sie wohnen bei Verwandten oder Freunden oder gehen eine Zweckgemeinschaft mit Männern ein – dabei wird aber oft eine Gegenleistung erwartet, auch sexuell." Obdachlose Frauen achten besonders auf ihre Körperpflege, um nicht aufzufallen: "Viele sehen aus wie die Nachbarin von nebenan."
Obdachlose Frauen sind gefährdet
In der Öffentlichkeit bieten Frauen, die als obdachlos erkennbar sind, eine Angriffsfläche: Viele haben Erfahrungen mit körperlicher oder sexueller Gewalt. "Haben Frauen keine Rückzugsmöglichkeit, erzeugt das permanenten Stress, der schlimmstenfalls in einer psychischen Krankheit endet", so Mechovsky.
Die meisten Notschlafstellen sind auch für Männer offen. "Frauen scheuen solche Häuser, darum haben wir mit dem Obdach Favorita eine reine Fraueneinrichtung geschaffen. Hier bieten wir im Winter einen geschützten warmen Raum, damit Frauen wenigstens während der Nachtstunden ein Stück Normalität erfahren können."
Ein warmes Essen und ein Bett
Täglich um 18.15 Uhr öffnen sich die Türen in der Laxenburger Straße, immer warten schon mehrere Frauen am Gehsteig. "Jeder wird dann ein Stockbett zugewiesen. Um 20 Uhr bekommen sie im Speisesaal ein warmes Abendessen, danach wollen die meisten nur mehr schlafen gehen", erzählt Teamleiter Alejandro Viveros. In der Früh gibt es noch ein Frühstück, um acht Uhr müssen die Frauen das Haus wieder verlassen. Den Tag verbringen viele in Wärmestuben. "Die meisten kommen nach Schicksalsschlägen wie Arbeitsverlust, Krankheit oder Scheidung zu uns. Viele kommen aus dem Ausland, zumeist aus Osteuropa, da gibt es natürlich eine Sprachbarriere. Aber irgendwie verstehen wir uns immer", so Viveros.
Nicole stammt aus Düsseldorf. "Ich hatte früher ein normales Leben." Nach einer schweren Operation verlor sie ihre Arbeitsstelle und bald auch die Wohnung. "In den Notschlafstellen in Deutschland werden auch Drogenersatzmittel ausgegeben, die Leute dort sind sehr schwierig. Das habe ich nicht mehr ausgehalten, so bin ich vor einem Jahr nach Wien gekommen." Seither übernachtet sie im Obdach Favorita. "Viele hier sind verzweifelt und haben keine Perspektive mehr. Ihnen sage ich oft ,Steh wieder auf, es muss weitergehen. Aufgeben tut man nur einen Brief!'"
Das Obdach Favorita wird von Obdach Wien betrieben und bietet 50 Frauen einen geschützten Platz zum Übernachten. Im Winter gibt es in Wien rund 1.500 Schlafplätze für obdachlose Frauen und Männer – geplant und organisiert vom Fonds Soziales Wien (FSW). 2018 betreute Obdach Wien insgesamt 2.476 obdachlose Frauen.
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