Thalgau 1945
Kriegsende auf Schautafel festgehalten
Marktgemeinde Thalgau erinnert mit einem „Schautafel-Stundenprotokoll“ an das Kriegsende 1945.
THALGAU. Mit den Aufzeichnungen in den verschiedenen örtlichen Chroniken, Zeitzeugen-Gesprächen und vor allem mit dem Tagebuch des Lehrers und Hauptmannes Ludwig Pullirsch war es dem Historiker Bernhard Iglhauser möglich, ein „Stundenprotokoll“ der ersten Tage im Mai 1945 zu recherchieren. Die Ergebnisse werden als Schautafel-Konzeption am Originalschauplatz von bürgermeister Johann Grubinger, Vorsitzender des Bildungswerkes Thalgau und Johannes Niederbrucker vom Kulturausschuss am Mittwoch, 6. Mai 2020 beim „Wagnerbauer“ präsentiert werden. Landeshauptmann-Stv. Heinrich Schellhorn wird die Schautafel feierlich enthüllen.
Furcht vor den Russen
Die Hoffnung auf den Endsieg war auch in Thalgau geschwunden. Die von der Propaganda pausenlos genährte „Grande Peur“, die große Furcht vor den Russen, erzeugte jedoch noch immer ein gewisses Durchhaltevermögen. Dass auch die letzten Tage des NS-Regimes noch vom Fanatismus einzelner Funktionsträger gekennzeichnet waren, dokumentieren Berichte der Registrierungskkommission. Während die Mehrheit der 38er Parteigenossen nach 1942 bereits wieder begann, die Vorteile neuer politischer Lagen zu sondieren, waren es nach 1943 in Thalgau vor allem zwei Schichten, die den Nationalsozialismus noch am stärksten unterstützten, nämlich die örtliche Hitlerjugend und die Frauen.
Nazifrauen wollten Thalgau anzünden
Die größte Angst in den ersten Mai-Tagen ging von dem Gerücht aus, dass die Nazifrauen ganz Thalgau anzünden werden. „Bevor der Feind kommt, rennen wir noch im Dorf herum und zünden mit der Glutschaufel die ganzen Häuser an.“ Zu dieser Zeit schoben die serbischen Gefangenen in und um die Häuser in den einzelnen Ortschaften Wache, damit nichts passiert. Auf Anordnung der Ortsgruppenleitung wurde in der Thalgauer Volksschule den Kindern Unterricht in Brandlegung erteilt. „Damit der Ort nicht in die Hände der Befreiungsarmee falle, müsse Thalgau vernichtet werden.“
Blutwoche von Thalgau
Während in vielen Salzburger Gemeinden die letzten Tage des Zusammenbruchs ohne besondere Vorkommnisse vorbeigingen, sorgten die zu dieser Zeit in Thalgau stattgefundenen Ereignisse und Handlungen unter dem Begriff „Blutwoche von Thalgau“ bis zur NS-Aufarbeitung 2008 für eine Diskussion der unterschiedlichsten Betrachtungsweisen. Historische Schriftstücke, Zeitungsberichte, Gerichtssprüche und Aussagen betroffener Personen ergaben ein Beurteilungsbild, dass es sich dabei um keinen heroischen Freiheitskampf, sondern um eine schlichtweg gemeine Plünderei der Beteiligten handelte.
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