Es ist nicht das Ohr das hört, sondern das Gehirn
- hochgeladen von Renate Fuchs-Haberl
Beim Hören nimmt das Geräusch den Weg über das äußere Ohr und den äußeren Gehörgang zum Trommelfell und gelangt über das Mittelohr zum Innenohr. Dort wird es in Nervenimpulse übersetzt, die durch den Hörnerv zum Gehirn gelangen und dort verarbeitet werden.
Der Weg vom Hörnerv bis zum primären Hörzentrum wird als zentrale Hörverarbeitung bezeichnet. Der akustische Reiz wird über verschiedene Kernregionen des Gehirns in das Hörzentrum weitergeleitet. Erst in der zentralen Hörverarbeitung unseres Gehirns werden die vom Ohr gelieferten Signale in sinnvolle Informationen umgesetzt.
Oft sind die Ohren selbst absolut in Ordnung, eine Untersuchung beim Ohrenarzt bleibt ohne Befunde … und dennoch kann das Gehörte nicht richtig verarbeitet werden.
Auch wenn alle beteiligten Strukturen organisch gesund sind, kann das Hören dadurch erschwert sein, dass die zentrale Hörverarbeitung nicht optimal funktioniert. Es kann sein, dass insgesamt zu leise gehört wird oder dass einzelne Tonhöhen unterschiedlich stark gehört werden. Dann werden Geräusche anders wahrgenommen, als sie sich tatsächlich anhören. So werden z.B. bedeutungsvolle Informationen aus Stör- und Umgebungsgeräuschen nur schwer herausgehört, ein Sprecher oder eine Sprecherin aus einer Gruppe oder auch die Stimme der Lehrerin oder des Lehrers nur ungenügend wahrgenommen oder der Sinn von Wörtern nicht verstanden, wenn ähnlich klingende Laute wie z.B. „t“ und „k“ von der Hörerin oder vom Hörer nicht unterschieden werden können.
Eine weitere Voraussetzung für eine optimale Hörverarbeitung ist die Zusammenarbeit beider Gehirnhälften (Lateralität). Liegt eine ungenügende Zusammenarbeit beider Gehirnhälften vor, ist kein dominantes Ohr ausgeprägt oder wechselt die Lateralität hin und her. Gehörtes wird dann verzögert oder nicht in der richtigen Reihenfolge wahrgenommen.
Ist die Hörverarbeitung gestört, hören wir zu wenig, zu viel oder unausgewogen. Das Gehirn kann sogar selbst einen Höreindruck erzeugen, der in der Außenwelt gar nicht vorhanden ist. Die Folgen reichen von Schwerhörigkeit über zu sensibles Hören (Hyperakusis) bis zu Ohrgeräuschen (Tinnitus).
Es kann auch Probleme bereiten, Sprache deutlich zu verstehen. Dies zeigt sich besonders bei Kindern, die Schwierigkeiten mit dem Spracherwerb oder dem Erlernen des Lesens und Schreibens haben.
Menschen mit einem Ungleichgewicht in der zentralen Hörverarbeitung müssen viel mehr Konzentration aufbringen, um wichtige Sprachinhalte akustisch zu verstehen und um Störgeräusche auszufiltern. Die ständige Anstrengung führt häuft zu Überforderung.
Aus der Überanstrengung heraus gleiten die betroffenen Menschen in eine Konzentrationsschwäche ab und sind leicht ablenkbar. Die Aufmerksamkeit lässt nach, weil es für die betroffenen Menschen schlicht zu anstrengend ist, die Konzentration noch länger aufrecht zu erhalten. Manche kompensieren ihre Überanstrengung durch Aktivität oder sogar durch aggressives Verhalten, auch körperliche Erscheinungen wie Kopfschmerzen sind möglich.
Die zentrale Hörverarbeitung beruht auf Leistungen des Gehirns. Das Gehirn ist lernfähig. Es ist daher möglich, die Hörverarbeitung durch Training zu verbessern. In der Folge verringern sich auch die oben beschriebenen Probleme.
(Holger Raddatz - Benaudira Hörtraining)
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