50 Prozent aller Bienen tot!
Die Situation ist dramatisch: Die Hälfte aller Bienenvölker hat den Winter nicht überlebt.
BEZIRK FREISTADT. „Zehn Prozent Ausfall ist normal. Aber wir haben im Bezirk Orte, wo bis zu 90 Prozent aller Bienenvölker tot sind“, ist Fritz Gallistl, Imkervereins-Obmann aus St. Oswald bestürzt. „Ich bin seit 25 Jahren Imkermeister, aber so etwas habe ich noch nie erlebt!“
Die finanziellen Verluste sind enorm: Ein Volk kostet immerhin rund 150 Euro. Problematisch ist auch, dass es viele interessierte Jungimker gibt, die heuer offenbar keine Arbeit haben: „Wir konnten sie nicht mit Bienenvölkern beliefern.“
Gallistl und seine betroffenen Kollegen wollten natürlich die Ursache wissen. Das Ergebnis ist eindeutig: „Es wurden Rückstände von Spritzmitteln gefunden. Das ist nicht wegzuleugnen“, so Gallistl. Erst kürzlich hatte er Agrarlandesrat Max Hiegelsberger und die Imkervereins-Obmänner des Bezirkes zu einem Gespräch eingeladen. „Wir haben das Thema intensiv diskutiert. Uns ist klar, dass auch der Druck der Konsumenten auf die Landwirtschaft groß ist.“ Viele wollen einfach nur günstige Lebensmittel.
Der Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft ist eine Sache. Leider, so der Imkermeister, setzen auch viele Hobbygärtner chemische Keulen ein, wenn sie in ihrem Garten Unkraut entdecken. „Außerdem ist die Pflanzenvielfalt gar nicht mehr gegeben. Dabei brauchen Bienen einen reich gedeckten Tisch.“ Die Imker kritisieren auch, dass es kaum mehr Rückzugsorte wie Hecken für Insekten und Kleintiere gibt: „Es wird immer sehr früh gemäht, auch im Privatbereich. Natürlich sieht das gepflegter aus, aber für die Tiere ist das fatal.“ In Freistadt startet man daher auf den gemeindeeigenen Flächen ein sogenanntes „Bienenprogramm“ (siehe Bericht unten). Die Imker sind überzeugt, dass sich mit einem Umdenken in der Bevölkerung die Lage für die Bienen wieder verbessern wird. „Wir werfen die Flinte nicht ins Korn“, so Gallistl.
In einigen Orten haben’s die Bienen wirklich gut
BEZIRK. In einigen Orten wie Sandl oder Waldburg gibt es kaum Bienensterben. Hier sind Rückzugsflächen wie nicht gemähte Böschungen oder Weiden vorhanden. In Freistadt setzt man ein „Bienenprogramm“ um. Bürgemeister Christian Jachs: „Mehr wilde Blumenwiesen und damit Futterplätze für Bienen schaffen: Das hat sich die Gesunde Gemeinde als Ziel gesetzt.“ Heuer startet das Pilotprojekt: Auf 2500 Quadratmetern Grünfläche werden wilde Wiesen entstehen. In Kooperation zwischen Gemeinde, Jägern und Bauernbund soll diese Fläche auf insgesamt ein Hektar Bienenweiden ausgeweitet werden. Das soll die Vielfalt und das Überleben der Insekten sichern. Diese Wiesen werden nur noch einmal im Jahr gemäht und nicht wie bisher dreimal. Außerdem wird das Projekt auf Schildern erklärt. Man will Nachahmer gewinnen. Jachs: „Vielleicht kann jeder im privaten Garten einen wilden Blumenteppich anlegen.“
Kommentar:
Nicht nur Honig wird teurer
Was geht uns das Bienensterben an? Zahlen wir eben ein wenig mehr für den Honig! Diese sehr verbreitete Einstellung könnte uns bald teuer zu stehen kommen. Mehr als 80 Prozent der Bestäubung werden von den Bienen und anderen Insekten erledigt. Laut Greenpeace hängt ein Drittel unserer Nahrung indirekt von der Arbeit der fleißigen Tiere ab. Langfristig kann das Problem nur der Konsument lösen, etwa indem man den Biobauern den Rücken stärkt. Auch die Hobbygärtner sollten sich bei der Nase nehmen. Nicht alle muss picobello geschoren sein, nicht jedes Unkraut mit Chemie vernichtet werden. Lieber einmal etwas ausblühen lassen, auch wenn es nicht so gepflegt aussieht. Die kritischen Nachbarn werden hoffentlich auch bald umdenken.
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