CORONA
"Schon erstaunlich, was möglich ist"
Corona und das Meerschweinchen
(von Ernst Aigner*)
Wahrlich, wir leben in denkwürdigen Zeiten! Weder Tschernobyl 1986 noch die Finanzkrise 2008 führte zu derart massiven Einschnitten in das Leben von uns allen. 2020 wird als Corona-Krisen-Jahr in die Geschichte eingehen, aber vielleicht auch als Jahr, in dem ein neues Gemeinschaftsbewusstsein entstanden ist, weil wir derzeit täglich erfahren, wie sehr wir aufeinander angewiesen sind.
Schon lange nicht mehr wurde so klar, wie gut es ist, in einem Sozialstaat mit einem guten Gesundheitssystem zu leben. In einem Land, in dem entschlossene Politik gemacht wird, ohne am Rechtsstaat zu rütteln. Ich bin dankbar für die vielen Menschen, die sich täglich für die Allgemeinheit einsetzen, für Medien, die seriös informieren und für Wissenschaftler weltweit, die daran arbeiten, das Corona-Virus unschädlich zu machen.
Schon erstaunlich, was möglich ist, wenn sich alle einer gemeinsamen Aufgabe stellen: Schulen werden geschlossen, Veranstaltungen abgesagt, die Wirtschaft auf Sparflamme gestellt. Eine so noch nie erlebte „Kontakt-Fastenzeit“ wurde ausgerufen, und es funktioniert! Man stelle sich vor, jemand hätte vor ein paar Wochen nur einen Bruchteil davon gefordert, etwa für den Klimaschutz, ein Sturm der Entrüstung wäre die Folge gewesen. Das sollte doch auch für andere Weltprobleme Mut machen. Wie wäre es denn, endlich dem gefährlichsten Virus, dem Krieg, den Nährboden zu entziehen? Warum soll das nicht auch irgendwann möglich sein?
Ich persönlich gehöre zu den Privilegierten. Als Jungpensionist habe ich viel Zeit zum Lesen und Kochen. Ans Kabarett ist derzeit natürlich nicht zu denken, zumal mir ein Blick auf Alter und Blutdruckmesser zeigt, dass ich auch ein wenig zur Risikogruppe gehöre: Aber man muss ja nicht dauernd hinschauen. Zum Glück ist kontaktvermeidendes Wandern in freier Natur erlaubt. Und so sind meine Frau und ich zu Wanderexperten im Raum Freistadt geworden, mit Schrittzähler auf dem Handy!
Wir werden sehen, ob es in neun Monaten mehr Geburten geben wird oder mehr Scheidungen – oder beides. Bis zum Ende der Corona-Krise werden wir noch viel Geduld und Disziplin brauchen. Und Humor. Apropos Humor: Mein Freund Günther Lainer hörte vergangene Woche von Hamsterkäufen. Sofort fuhr er zur nächsten Tierhandlung. Aber alle Hamster waren schon ausverkauft. Hat er sich halt ein Meerschweinchen genommen. Eh fast dasselbe.
*ZUR PERSON
Ernst Aigner, geboren 1955 in Reichenau im Mühlkreis, studierte in Wien Religion und Geschichte auf Lehramt. Bis zu seiner Pensionierung war er als Lehrer am Freistädter Gymnasium tätig. Als Kabarettist ist er seit 1990 erfolgreich – unter anderem als kongenialer Partner von Günther Lainer.
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