Gailtal
Burnout: Bis zur völligen Erschöpfung
Burnout ist allgegenwärtig und kann jeden treffen. Psychologin Judith Hubmann-Gucher erzählt über den Krankheitsverlauf und was man präventiv tun kann.
GAILTAL. „Der Körper wird zur völligen Erschöpfung getrieben – bis er nicht mehr kann und der Betroffene quasi ‚ausgebrannt‘ ist“, beschreibt die erfahrene Psychologin den Zustand. In ihrer Praxis in Hermagor sieht sie sich regelmäßig mit Burnout-Patienten konfrontiert und unterstützt sie auf ihrem Weg der Besserung.
Schleichender Prozess
Dieser Zustand der Erschöpfung schleicht sich unbemerkt ins Leben und hat viele Gesichter, sodass die Krankheit oft nicht gleich erkannt wird.
Burnout lässt sich in drei Phasen einteilen. Es beginnt damit, dass die Betroffenen viel leisten wollen, sich übermäßig engagieren, sehr hohe Ansprüche an sich selbst haben und es allen rechtmachen wollen. Auch finanzielle Sorgen können ein Auslöser sein. Die Betroffenen verlangen Höchstleistungen von sich, um mehr Geld zu erhalten. Im Laufe der Zeit werden dann die eigene Bedürfnisse hinten angestellt, dem Körper wird immer weniger Zeit für ausreichende Erholung gegeben.
Körperlicher Zusammenbruch
„In der mittleren Phase verändert sich das Verhalten der Person zusehends“, berichtet Hubmann-Gucher. Viele kämpfen nun mit chronischer Müdigkeit und werden immer aggressiver. Der Kontakt zu Freunden und Familie nimmt immer mehr ab, die Person beginnt sich zurückzuziehen und ist niedergeschlagen. „Hinzu kommen auch noch Schwierigkeiten bei der Konzentration“, weiß die Psychologin.
Die dritte Phase ist schließlich der Endzustand. Dieser zeigt sich in Form eines körperlichen, psychischen und emotionalen Zusammenbruches. Betroffene sind unter anderem nicht mehr in der Lage, das Bett zu verlassen, fallen in ein Loch und verspüren ein Gefühl der Minderwertigkeit. „In dieser Phase sind Selbstverletzung und Suizidgedanken ein großes Thema. Es wird auch versucht, den Kummer und die Sorgen im Alkohol zu ertränken oder mithilfe von Drogen zu betäuben“, weiß Hubmann-Gucher.
Ärztliche Unterstützung
Um die betroffenen Personen aus ihrem Loch zu befreien, ist die Unterstützung von Fachkräften und eine medikamentöse Behandlung unbedingt notwendig. Auch ein stationärer Aufenthalt beziehungsweise eine Reha ist meist unumgänglich. „So wie die Erkrankung und ihr Verlauf ist auch die Behandlung sehr individuell und auf die Bedürfnisse der Patienten abgestimmt“, erzählt Hubmann-Gucher. Auch der Wiedereinstieg in die Berufswelt ist individuell. Vor einem Burnout ist niemand sicher, es kann sowohl Schüler treffen als auch in jeder Berufsgruppe auftreten.
Gesellschaftlicher Wandel
„Früher haben sich Burnout-Betroffene geschämt. Ihnen wurde quasi ein Stempel aufgedrückt. Über die Jahre hinweg hat sich der gesellschaftliche Umgang mit dieser Krankheit jedoch enorm gebessert“, sagt Hubmann-Gucher. Mittlerweile gibt es sehr viele Hilfsangebote und Anlaufstellen, an die sich betroffene Personen wenden können. „Sehr oft helfen auch ehrliche und offene Gespräche unter Arbeitskollegen und Freunden“, sagt die Psychologin und gibt noch ein paar Tipps: „Wir müssen lernen ‚Nein‘ zu sagen, unser' persönliches Tempo bestimmen und körperlich mehr auf uns zu achten. Ebenso können Entspannungstechniken helfen und wir sollten uns genügend Zeit für Hobbys und Sozialkontakte nehmen.“
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