"Nur Hausapotheken sichern die Nachbesetzung von Landpraxen"

GAILTAL (schön). Das Ökosoziale Forum machte kürzlich auf fehlende Landärzte in Kärnten aufmerksam und erhebt Forderungen an die Verantwortlichen (siehe unten).

Erschwerniszulage sinnvoll

Einer dieser Forderungen ist die Einführung sowie der Ausbau einer Erschwerniszulage für Landärzte wie dies beispielsweise in der Steiermark der Fall ist. Dazu meint Walter Tomantschger, Allgemeinmediziner in St. Stefan: "Ich kenne die Art und Höhe dieser Erschwerniszulage nicht im Detail, ich denke aber, dass man sich vor allem darüber Gedanken machen muss, was junge Kollegen der Allgemeinmedizin davon abhält, in die Landpraxis zu gehen." Neben der oft sehr abgelegenen Lage, der langen und beschwerlichen Visitenwege, der häufigen Wochenend- und Nachtdienste und der damit verbundenen Familienfeindlichkeit sei laut Tomantschger auch mit ungewissenen finanziellen Belastungen zu rechnen. Eine Erschwerniszulage könnte deshalb ein Anreiz sein.

Öffnungszeiten ausdehnen

Weniger reizend findet Tomantschger die Ausdehnung der Öffnungszeiten. "Eine Verdoppelung der Ordinationsöffnungszeiten schafft ja keine Verdoppelung der Patientenzahl, sondern eher kostenintesive Stehzeiten", ist er sich sicher und betont, dass das Personal trotzdem bezahlt werden muss. Zudem, so Tomantschger, soll dem Arzt auch noch Zeit für seine Visite bleiben.

Hausapotheke stärken

Und was sagt Tomantschger zur Forderung nach Stärkung der Hausapotheken? "Nur über gesicherte Hausapotheken wird die Nachbesetzung vieler Landpraxen möglich sein." In besonderen Fällen müsste man laut ihm über eine Reduktion des gesetzlichen Abstanden von mehr als sechs Kilometern zur nächsten öffentlichen Apotheke nachdenken. "Hier gilt es, ein wirtschaftliches Überlegen von Anfang an sicherzustellen - ein entsprechender Patientenstamm und die Sicherstellung einer ärztlichen Hausapotheke sind somit Grundvoraussetzung", sagt er vehement.

"Ich fürchte, es wird zu wenig Ärzte geben"

Auch Gert Wiegele, Sprecher der niedergelassenen Ärzte in Kärnten und praktischer Arzt in Weißenstein, äußert sich zu den Forderungen des Ökosozialen Forums. Und in diesem Zusammenhang vor allem zu der Ausbildung zum praktischen Arzt.
"Die Ausbildung zum praktischen Arzt findet in Krankenhäusern kaum statt, sondern muss in Form einer Lehrpraxis absolviert werden", sagt er. "Häufig finden sich keine Ärzte, die die Zusatzausbildung zum Lehrpraxisleiter machen wollen und so die Lehrpraktikanten ausbilden können", fügt er hinzu. Da diese Lehrpraxis früher nicht verpflichtend war, ist dies seiner Meinung nach einer der Hauptgründe für das Landarzt-Sterben. Auch habe ganz Kärnten – so natürlich auch das Gailtal - hat mit Überalterung zu kämpfen. "In der Vergangenheit wurden kärntenweit pro Jahr zehn bis 15 Stellen ausgeschrieben, in den vergangenen acht Monaten haben wir bereits 60 Stellen ausgeschrieben. Das zeigt, wie schwierig es ist, Stellen nachzubesetzen, vor allem in kleinen Landgemeinden. Ich persönlich befürchte, dass es in Summe weniger Ärzte geben wird, als Stellen zu besetzen sind."

Zu den Forderungen:

1. Einführung und Ausbau einer Erschwerniszulage für Landärzte in Kärnten wie in anderen Bundesländern (z.B. Steiermark) bereits üblich.

2. Ausdehnung der Öffnungszeiten und Möglichkeit zur Teilung der Kassenverträge zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

3. Änderung des Ärztegesetzes im Zusammenhang mit Gruppenpraxen: durch eine flexiblere Ausgestaltung soll die Zusammenarbeit von Ärztinnen möglich werden.

4. Stärkung der Lehrpraxis: Ausbildungsreform mit verpflichtender, einjähriger Lehrpraxis und aufkommensneutrale Sicherstellung der Finanzierung derselben.

5. Stärkung der Hausapotheken durch Novellierung des Apothekengesetzes (Erleichterung von Neugründungen, Schutz bei Übergabe von Ordinationen, Regelung geographischer Sonderfälle, etc.)

Zur Sache:

Das Durchschnittsalter bei Allgemeinmedizinern im Bezirk Hermagor liegt bei 55,16, in Villach Land bei 56,74.

In Kärnten gibt es 65 Ärzte, die eine Hausapotheke betreiben. 49 davon sind in Gemeinden mit nur einer Kassenstelle.

Hausapotheken sind in Gemeinden geschützt, in denen es nur eine Kassenstelle gibt, sofern die nächste Apotheke sechs Kilometern entfernt ist.

In Gemeinden mit zwei Kassenstellen darf ein Apotheker um eine Konzession ansuchen. Wird sie genehmigt, hat er fünf Jahre Zeit, sie zu eröffnen.

Allerdings muss der Hausarzt seine Apotheke nach einer Übergangsfrist zumachen. Es wird davon ausgegangen, dass diese dreijährige Übergangsfrist mit Eröffnung der öffentlichen Apotheke beginnt, was allerdings noch nicht bestätigt ist.

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