Frauenberatung: Beruf ist häufig Thema
GRIESKIRCHEN. Immer mehr Migrantinnen bitten in der Frauenberatung um Hilfe. Gerlinde Zdralek kennt ihre Probleme.
Gerlinde Zdralek spricht im Interview über Trends in der Frauenberatung in Grieskirchen.
BezirksRundschau: Jeden Montag beraten Sie im Familienzentrum Frauen in Grieskirchen. Welche Probleme werden häufig thematisiert?
ZDRALEK: Derzeit geht es großteils um berufliche Angelegenheiten. Karenz und Wiedereinstieg sind heiße Themen. Viele Frauen haben auch den Wunsch nach beruflicher Veränderung oder leiden unter Konflikten am Arbeitsplatz. Vor allem Beschäftigte im Gesundheitsbereich kämpfen oft mit Burn-out. Dort wo Mitarbeiter wegrationalisiert werden, fällt für die übrigen Angestellten immer mehr Arbeit an. Der Druck wird dann immer größer. Frauen trifft das meist besonders hart, denn sie haben in der Regel neben dem Job auch daheim noch für die Familie viele wichtige Aufgaben zu erledigen. Irgendwann müssen sie sich dann eingestehen, dass sie am Ende ihrer Kräfte sind.
Gibt es einen weiteren Trend, den Sie in der Frauenberatung beobachten können?
Ja. Es suchen auch immer mehr Migrantinnen bei uns Hilfe.
Mit welchen Anliegen kommen sie zu Ihnen?
Häufig melden sich Musliminnen im Alter von 30 bis 40 Jahren, die schon lange in Öster-
reich leben und sehr gut Deutsch sprechen können. Sie haben aber oft große Defizite beim Schreiben, weil ihre Familien verhindert haben, dass sie eine gute Schulbildung bekommen. Deshalb haben sie am Arbeitsmarkt keine Chance auf gute Jobs. Das sind gescheite Frauen mit Potential, doch sie arbeiten dann meistens als Reinigungskräfte. Irgendwann im Alter von etwa 30 Jahren merken sie, dass eigentlich viel mehr in ihnen steckt. Sie kommen dann zu uns und sagen, dass sie nicht ihr ganzes restliches Leben nur putzen wollen.
Wie können Sie dann diesen Frauen helfen?
Das Problem ist, dass Grunddefizite beim Schreiben im Erwachsenenalter schwer aufzuholen sind. Manchmal gelingt es, dass diese Frauen Hilfsjobs übernehmen können. Sie sehen das dann als großen Schritt und wahnsinnigen Erfolg. Das Bewusstsein dafür, dass ein Hauptschulabschluss hier in Österreich zu den minimalsten Qualifikationen gehört, ist bei diesen Frauen nicht da. Das Schlimme ist, dass sie auch ihre eigenen Kinder beim Lernen für die Schule nicht unterstützen können.
Gibt es noch etwas, das speziell Migrantinnen am Arbeitsplatz Probleme bereitet?
Besonders schwer haben es Kopftuchträgerinnen. Sie bekommen von Arbeitgebern kaum eine Chance. Manche wollen aber dennoch nicht auf das Kopftuch verzichten. Für sie ist das Kopftuch eine Identifikation mit ihrer Kultur. Ich kenne aber auch muslimische Frauen, die erst seit einem Todesfall in ihrer Familie ein Kopftuch tragen. Meistens dann, wenn sie den Verlust eines Kindes oder der eigenen Mutter erleben mussten.
Interview: Bernadette Aichinger
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