Flüchtlinge in Waizenkirchen
"Lange überlegt, ob es das Risiko wert ist"

Liudmyla, Liudmyla, Svitlana, und Yaroslav (v. l.) flüchteten mit Hilfe ihrer Verwandtschaft aus Kiew und fanden in Waizenkirchen Sicherheit.
 | Foto: vb/BRS
  • Liudmyla, Liudmyla, Svitlana, und Yaroslav (v. l.) flüchteten mit Hilfe ihrer Verwandtschaft aus Kiew und fanden in Waizenkirchen Sicherheit.
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Jürgen und Lena Mair aus Linz holten ihre  ukrainische Verwandtschaft nach Waizenkirchen – zumindest jenen Teil, der das Land verlassen durfte und konnte. Ob Liudmyla, Svitlana, Yaroslav und Liudmyla jemals wieder in ihre Heimat zurückkehren können, ist ungewiss.

WAIZENKIRCHEN. Militärfahrzeuge und Panzer, die sich direkt vor der Haustür ihren Weg durch die Stadt bahnen. Bombeneinschläge, die nur wenige Kilometer entfernt Häuser dem Erdboden gleichmachen. Leichen auf den Straßen. Liudmyla, ihre gleichnamige Schwiegermutter, ihr Sohn Yarolsav und ihre Mutter Svitlana haben all das in den vergangenen Tagen in Kiew miterlebt. "So lange, bis wir sie quasi gezwungen haben, zu uns nach Waizenkirchen zu kommen", erzählt Lena Mair der BezirksRundSchau. Die gebürtige Ukrainerin lebt gemeinsam mit ihrem Mann Jürgen und ihren beiden Kindern in Linz. Zumindest einen Teil ihrer Familie konnte Mair zu sich in die Marktgemeinde Waizenkirchen holen: Mutter Liudmyla, ihre gleichnamige Schwägerin sowie deren Sohn Yaroslav und deren Mutter Svitlana.

"Du stehst ja sonst auf einmal mit leeren Taschen da. Die Menschen in der Ukraine haben keine Möglichkeit, sich einen Geldpolster aufzubauen. Sie leben von Lohn zu Lohn." 

Zu Beginn der russischen Invasion glaubte die Familie in der Ukraine noch nicht an einen Krieg im ganzen Land. "Wir hatten schon zwei Tage vor dem Einmarsch Kontakt und ihnen gesagt, sie sollen ihre Sachen packen und zu uns kommen", erzählt Mair. Doch lange Zeit überwog die Angst, alles zurücklassen zu müssen, jener vor dem Kriegstreiben. "Du stehst ja sonst auf einmal mit leeren Taschen da. Die Menschen in der Ukraine haben keine Möglichkeit, sich einen Geldpolster aufzubauen. Sie leben von Lohn zu Lohn." Lange habe die Familie deswegen gezögert. Doch die Kämpfe in der ukrainischen Hauptstadt wurden immer intensiver, die Lage immer gefährlicher. Der 16-jährige Yaroslav verbrachte zwei Nächte in der Badewanne, um so weit wie möglich von den Fenstern entfernt zu sein. Der fensterlose Gang galt als der sicherste Ort in der Wohnung. Die Angst vor einem Einschlag war unheimlich groß. Schließlich zog die Familie die Reißlinie, nahm das Angebot von Lena und Jürgen Mair an und machte sich auf den Weg nach Waizenkirchen.

„Sein ganzes Leben“

Lenas Bruder brachte die Familie zuerst an die slowakische Grenze. Ein gefährlicher Weg. "Er musste andauernd im Zickzackkurs fahren und sich informieren, um den Kriegsschauplätzen so gut wie möglich auszuweichen", weiß Jürgen Mair. "Wir haben lange überlegt, ob es das Risiko wert ist." Anschließend ging es über die Slowakei mit dem Zug nach Wien und von dort nach Waizenkirchen. Lena's Brüder wollten und mussten auch in der Ukraine bleiben. Alle Männer zwischen 18 und 60 Jahren dürfen das Land aktuell nicht verlassen. "Außerdem hat einer meiner Brüder gerade erst ein neues Haus gebaut. Das ist sein ganzer Besitz, sein ganzes Leben. Er meint, er könne nicht weg", sagt Lena Mair.

Große Hilfsbereitschaft 

Drei Tage lang war die restliche Familie auf der Flucht, bis sie schließlich in Waizenkirchen ankam. Im ehemaligen Haus von Jürgen Mairs Großmutter fanden die Flüchtenden eine neue Unterkunft. "Wir sind so dankbar, dass die Einreise nach Österreich dermaßen unkompliziert war", merkt Jürgen Mair an. "Außerdem ist die Hilfsbereitschaft der Menschen in Waizenkirchen unbeschreiblich groß. Die Nachbarn haben uns sofort ihre Unterstützung angeboten. Das freut uns natürlich sehr."

Zukunft ungewiss

Der vierköpfige Teil der Familie ist nun in Sicherheit. Wie es in Österreich weitergehen soll, ist aber ungewiss. Die 42-jährige Liudmyla war in der Ukraine als Buchhalterin tätig, Yaroslav begann eine Ausbildung als Zugtechniker – beide wären sofort bereit zu arbeiten. Liudymla und Sivtlana, beide 68 Jahre alt, befinden sich bereits im Ruhestand. Das bislang größte Hindernis stellt aktuell die Sprache dar. "Sie sprechen kein Deutsch und kein Englisch. Am wichtigsten wäre jetzt am Anfang ein Deutsch-Grundkurs", so Jürgen Mair. Seine Frau und er investieren aktuell viel Zeit, holen Informationen ein, fragen nach. "Die Situation ist für alle Beteiligten nicht leicht. Ich mach der Regierung hier keinen Vorwurf. Das Wichtigste ist die Sicherheit unserer Familie und dass dieser unnötige Krieg bald aufhört."

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