Gerhard Eschelbeck
Über den Peuerbacher, der das Silicon Valley eroberte

Als russische Hacker die Olympischen Winterspiele 2018 lahmlegen wollten, wurde Gerhard Eschelbeck zu Hilfe gerufen. | Foto: Eschelbeck
4Bilder
  • Als russische Hacker die Olympischen Winterspiele 2018 lahmlegen wollten, wurde Gerhard Eschelbeck zu Hilfe gerufen.
  • Foto: Eschelbeck
  • hochgeladen von Susanne Straif

Gerhard Eschelbeck gilt als einer der globalen IT-Experten schlechthin. Der gebürtige Peuerbacher hantelte sich an die Weltspitze – und blieb der Heimat doch stets verbunden. Im Februar verwandelt sich die Sternenstadt unter seiner Mitwirkung in das Silicon Valley Österreichs.

PEUERBACH, KALIFORNIEN. Nach der HTL für Nachrichtentechnik & Elektronik in Braunau und anschließendem Informatikstudium sowie Habilitation an der Johannes Kepler Universität Linz legte Gerhard Eschelbeck eine Karriere hin, wie sie im Buche steht: Ein von ihm gegründetes Unternehmen wurde vom US-Computersicherheitskonzern McAfee erworben und der Peuerbacher somit ins Unternehmen nach Kalifornien geholt. Der Grundstein für Eschelbecks Karriere im Silicon Valley war damit gelegt. Von 2014 bis 2019 war der IT-Experte stellvertretender Sicherheitschef bei Google. Seit Oktober 2022 ist er Chief Security Officer von Kodiak Robotics. Mit seiner Familie lebt Eschelbeck in Cupertino – mitten im Silicon Valley, wo auch Apple zuhause ist und renommierte Universitäten wie Stanford angesiedelt sind. Dort, wo "entgegen jeder Erwartung Jeans zur Dienstkleidung gehören".

BezirksRundSchau: Ihr Lebenslauf ist beeindruckend. Welcher Augenblick Ihrer Karriere oder welche Errungenschaft ist besonders erinnerungswürdig?
Gerhard Eschelbeck: Im Rückblick freut es mich sehr, dass ich in den letzten 30 Jahren mit den besten Köpfen der Welt maßgeblich an der Entwicklung von Computersicherheit mitarbeiten durfte. Wichtig war dabei immer die Zusammenarbeit im Team. Die Aufgaben waren immer herausfordernd, sowohl im kleinen Start-up, das wir in Linz gründeten, als auch die Sicherung der größten Computing-Plattform der Welt bei Google. Unsere Arbeit erfolgt im Hintergrund rund um die Uhr und ist oft wenig sichtbar. Das war und ist bei einem Konzern wie Google mit Millionen von Benutzern und astronomischen Datenmengen eine herausfordernde und sehr intensive Aufgabe.

Sie werden in einem Artikel als „Visionär im Bereich der Datensicherheit“ bezeichnet. Welche Fortschritte sind Ihnen zu verdanken?
Sichere Computer wurden in den Anfangsjahren weder als wichtig noch als notwendig gesehen. Unzureichende Sicherheit kommt erst dann ans Licht, wenn es zu spektakulären Computerausfällen kommt. Das sind die Zeitpunkte, zu denen die Medien und die Welt auf meinen Beruf aufmerksam werden.

So wurde zum Beispiel die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele in Korea von russischen Hackern lahmgelegt. Computersicherheit war plötzlich ein großes Thema. In der Folge hat mich das Olympische Komitee kontaktiert, um die Olympischen Spiele zu sichern.

Warum haben Sie sich von Google verabschiedet?
Google ist eines der besten Unternehmen der Welt, und meine Aufgabe war es, ein Team von mehr als 1.000 Sicherheits-Expertinnen und Experten auszubauen und zu führen. Das Google Sicherheits-Team arbeitet rund um die Uhr, mit weltweiten Standorten in USA, Europa und Asien. Erfolg kommt nicht durch Zufall, sondern ist eine Vielzahl kleiner Schritte, die auch immer wieder Veränderungen beinhalten. Der Mut zum Risiko ist wichtig, und wenn sich neue Chancen ergeben, sollte man diese als Möglichkeit zum Lernen sehen und keine Angst vor Veränderungen haben.

Wenn Sie in wenigen Phrasen beschreiben müssten, wie es ist, als Sicherheitschef für eines der weltweit größten Unternehmen zu arbeiten, welche wären dies?
Wichtig ist für mich das “Denken in Lösungen, und nicht in Problemen”. Dies inkludiert offene Diskussionen, Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen, rasches Prototyping, aus Fehlern lernen und das Verstehen der Bedürfnisse der Benutzer. Insbesondere die Offenheit für andere Meinungen und Kritik kann ein wichtiger Denkanstoß sein. Um den Überblick wieder zu gewinnen, ist ein Schritt zurück oftmals ein Schritt vorwärts.

Können Sie mir mehr über Ihre neue Funktion als Chief Security Officer bei Kodiak Robotics erzählen? 

In wenigen Jahren werden wir in selbstfahrende Fahrzeuge einsteigen, Güter werden in selbstfahrenden Lkws transportiert, und unsere Aufgabe und Herausforderung ist es, diese Fahrzeuge zu sicheren Verkehrsteilnehmern zu machen.

Kodiak Robotics ist einer der Pioniere im Bereich autonomes Fahren, und das Gründerteam sind ehemalige Kollegen von Google. Kodiak hat mich voriges Jahr geholt und ich leite die Entwicklung von Computersicherheit für unsere autonomen Fahrzeuge.

Ist autonomes Fahren für den Gütertransport wirklich die Zukunft?
Die Gütertransport-Industrie steht vor einigen Herausforderungen. Während Transportvolumen und Kundenanforderungen stetig ansteigen, gelingt es der Industrie nicht, genügend neue Lastwagenfahrer einzustellen und der wachsende Fahrermangel kreiert Engpässe in der Lieferkette.

Welche Chancen kann autonomes Fahren für unsere Gesellschaft bieten?
Autonome Fahrzeuge haben das Potential, die Probleme der Transportindustrie zu lösen. Sie erlauben es, Lkws ohne Fahrer zu betreiben und dem Fahrermangel entgegenzuwirken. Außerdem können autonom fahrende Lastwagen die Sicherheit auf unseren Straßen erhöhen, zumal der Computer nie abgelenkt ist und zu jedem Zeitpunkt einen 360-Grad-Überblick bewahrt und ohne Verzögerung auf unvorhergesehene Situationen reagieren kann. Durch eine vorausschauende und KI-basierte Optimierung von Transporten kann auch der Treibstoffverbrauch und damit der Schadstoffausstoß reduziert und Transportkosten gesenkt werden.

"Selbstfahrende Fahrzeuge halten sich immer an die Verkehrsregeln und sind heute schon wesentlich sicherer als viele Autofahrer", weiß der IT-Experte. | Foto: Eschelbeck
  • "Selbstfahrende Fahrzeuge halten sich immer an die Verkehrsregeln und sind heute schon wesentlich sicherer als viele Autofahrer", weiß der IT-Experte.
  • Foto: Eschelbeck
  • hochgeladen von Susanne Straif

Viele zweifeln an der Verlässlichkeit der Fahrzeugtechnologie oder haben Angst vor Hackern. Was sagen Sie diesen Leuten?
Selbstfahrende Fahrzeuge halten sich immer an die Verkehrsregeln und sind heute schon wesentlich sicherer als viele Autofahrer. Wir arbeiten an der Entwicklung neuer innovativer Sicherheitstechnologien zum Schutz dieser autonomen Fahrzeuge vor Hackern.

Mit welchen Herausforderungen darf man im Bereich IT-Sicherheit künftig vermehrt rechnen?
Während Computer-Sicherheitsstandards heute sehr hoch sind, sind Passwörter noch immer eine der kritischen Schwachstellen im Internet. Das am häufigsten verwendete Passwort im Internet ist 123456. Viele Experten empfehlen den Benutzern, komplexe Passworte zu benutzen und ihre Passwörter regelmäßig zu ändern, was zur Folge hat, dass diese auf Notizzettel niedergeschrieben und zur Tastatur oder zum Monitor geklebt werden. Meine Empfehlung ist es, den Notizzettel durch einen sicheren Passwort Manager zu ersetzen, und zusätzlich zum Passwort noch einen Security-Key zu benutzen, ähnlich einem Auto- oder Hausschlüssel.

In Anbetracht der kontinuierlichen Entwicklung der Technik ist die IT-Sicherheitsforschung relevanter denn je, oder? 
Durch die zunehmende Vernetzung haben sich die Bedrohungsszenarien in den letzten Jahren stark verändert. Die ersten Computerviren Ende der 80er-Jahre wurden vorwiegend aus Neugierde entwickelt. Erst später wurden Einbrüche in Computersysteme für kriminelle Zwecke und finanzielle Motive (zum Beispiel Ransomware) genutzt. Das Internet hat keine nationalen Grenzen, und heute werden Computerviren vielfach für Industriespionage und von Geheimdiensten eingesetzt.

Heute ist Cybersecurity wie die Suche nach den Nadeln im Heuhaufen, wobei Zeit ein kritischer Faktor ist. Unsere Aufgabe ist es, wie bei einem Schachspiel, immer einen Schritt voraus zu sein und den nächsten Schritt der Angreifer frühzeitig zu erkennen.

Was erwarten Sie sich von der Veranstaltung, die Mitte Februar vom Rotary Club Peuerbach organisiert wird und bei der Sie als Keynote Speaker auf die Bühne treten werden?
Digitalisierung wird Unternehmen, Wirtschaft und Gesellschaft maßgeblich verändern. Wir sind meiner Meinung nach noch am Anfang dieser Entwicklung. Ob im Medizinbereich oder im selbstfahrenden Auto, maschinelles Lernen und künstliche Intelligenz werden unser Leben weiter vereinfachen und die Arbeitswelt verändern. Unsere nächste Generation sind die Zukunftsmotoren der Wirtschaft von morgen. Ich möchte im Rahmen dieser Veranstaltung insbesondere die Jugend in Oberösterreich für eine technische Ausbildung und damit zukunftsorientierte Karriere ermutigen. Ich kenne viele Absolventinnen und Absolventen, die aufgrund ihrer ausgezeichneten Ausbildung diese neuen und zukunftsorientierten Bereiche von Oberösterreich aus auf internationaler Ebene mitgestalten.

"Reden wir digital": IT-Asse gastieren in Peuerbach
Anzeige
1:46
1:46

WKOÖ Maklertipp
Rechtsschutzversicherung: Sichern Sie Ihr Recht!

Eine Rechtsschutzversicherung schützt Sie vor den Folgen von vielen möglichen Konfliktfällen – vor allem finanziell.  Es gibt viele Gründe für einen Streit vor Gericht: Angenommen, Ihr Vermieter erhöht den Mietzins in ungerechtfertigter Weise, Ihr Hund läuft einem Biker vor das Rad, Ihnen wird nach einem Verkehrsunfall das Schmerzensgeld verwehrt oder Ihr Arbeitgeber zahlt die Überstunden nicht. Von all diesen Fällen haben Sie schon gehört oder Sie haben sogar schon selbst eine solche oder eine...

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus Grieskirchen & Eferding auf MeinBezirk.at/Grieskirchen-Eferding

Neuigkeiten aus Grieskirchen & Eferding als Push-Nachricht direkt aufs Handy

BezirksRundSchau Grieskirchen & Eferding auf Facebook: MeinBezirk.at/Grieskirchen&Eferding - BezirksRundschau

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus Grieskirchen & Eferding und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du willst eigene Beiträge veröffentlichen?

Werde Regionaut!

Jetzt registrieren

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.