Ich bin nach 1980 geboren und habe den 2. Weltkrieg erlebt.

Südburgenland
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Wenn mein Großvater erzählt, wie er im Südburgenland zwischen den Fronten aufgewachsen ist, wird der Krieg vor meinen Augen lebendig. Ich sehe vor mir, wie er im Wald das abgeschossene Flugzeug mit den Toten findet. Es ist derselbe Wald, in dem mein Bruder und ich viele Jahre später in Frieden spielen können. Es hat sich in meinem Gedächtnis eingebrannt, wie mein Großvater mit seinem Hund in der Besatzungszeit auf Soldaten trifft. Als er etwas sagt, dass sie nicht hören wollen, erschießen sie ganz einfach den Hund. Daran denke ich manchmal, wenn ich jetzt mit unserer Hündin spazieren gehe. Ich bin dabei noch nie einem Soldaten begegnet. Ich erlebe den Krieg, wenn meine Großmutter, Mutter und ich vor dem Kriegsdenkmal eine Kerze für meinen Urgroßvater anzünden. Er ist nicht mehr heimgekommen, sondern kurz vor Kriegsende bei einem Bombenangriff in einem Wiener Krankenhaus verstorben. Ich frage mich, wie das Leben meiner Großmutter wohl verlaufen wäre, wenn sie mit ihrem Vater aufgewachsen wäre. Bei einer Gedenkfeier in Graz, erzählt eine jüdische Familie, wie sie aus ihrer Wohnung vertrieben wurde. Die Mutter hat ein Leben lang versucht ihre neue Bleibe in Amerika gleich einzurichten, wie ihr damaliges Zuhause in der Annenstraße. Krieg hört nicht einfach auf, wenn er zu Ende ist. Er klingt für viele Leben und Generationen nach.

Wie das Herz kleiner wird

Krieg beginnt aber auch nicht einfach. Er fängt mit vielen gehässigen Worten an, auf denen dann Taten folgen. Deswegen ist die Bundespräsidentenwahl 2016 von so großer Bedeutung für mich und viele andere. Es geht darum, welchen Weg wir in Österreich gehen und die kleinen und großen Folgen dieser Entscheidung am 4. Dezember. Ich bin in keiner Partei und Wechselwählerin, daher höre besonders gut hin, was Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer sagen und wo sie schweigen. Ich überlege, wer mit ihnen zusammenarbeitet und was diese Menschen von sich geben. Und ich achte darauf, wonach ihre Wähler/innen rufen. Dabei geht es auf beiden Seiten nicht immer mit Respekt zu und die Fronten verhärten sich. Das ist in einem Wahlkampf nicht unüblich. Aber da ist noch etwas anderes spürbar. Immer öfter höre ich dieses „Es muss etwas passieren“. Nur was? Und warum? Was ich derzeit auf vielen Seiten der Freiheitlichen im Internet und bei Veranstaltungen finde, ist oft beängstigend. Viel mehr als bei anderen österreichischen Parteien kommt es zu Hetze und Gewaltdrohungen. Gegenüber Menschen mit anderer Religion, gegenüber Menschen, die vor Krieg flüchten und auch gegenüber Menschen, die einfach ‚nur’ eine andere Haltung vertreten. Zum Teil auch von den politischen Verantwortungsträger/innen selbst. Zu den schlimmsten Dingen, die ich gehört habe, zählen Aussagen wie „Zündet sie an, am besten auch gleich ihre Kinder“. Es wird nach der Wiedereröffnung von KZ's gerufen und gejubelt, wenn Menschen auf der Flucht sterben. Eine solche Gewaltverherrlichung bleibt meist länger stehen, kritische Kommentare gegen die eigenen Parteilinie werden hingegen viel schneller gelöscht. Was ist das für ein Demokratieverständnis? Was bewirkt so eine Politik? Selbst in meinem persönlichen Umfeld erlebe ich, wie viele Menschen, die ich sehr gerne hab, unzufriedener werden. Sie haben für viele und für vieles ein großes Herz. Und deswegen macht es mir Angst, wenn auch sie darüber reden, „dass endlich wieder aufgeräumt werden muss“. Zuerst leise und dann lauter und lauter. Wohin wird uns das führen? Ab wann haben wir es nicht mehr unter Kontrolle? Selbst die Politiker/innen, die für diese Stimmung mitverantwortlich sind? Und könnte es tatsächlich sein, dass ich in einigen Jahren meinen Nachkommen darüber erzähle, wie ich selbst zwischen die Kriegsfronten geraten bin? Vielleicht sogar im selben Wald wie mein Großvater?

Frieden lebendig halten

Ich möchte unser friedliches Österreich beibehalten. Und mir ist bewusst, dass die meisten Menschen dies ebenso wollen, egal ob und wen sie heute am 4. Dezember wählen. Doch Frieden passiert nicht einfach so, er hängt davon ab, dass wir ihn am Leben erhalten. Mit unseren Worten und mit unserem Tun. In der Familie, in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz. Und eben auch durch den Bundespräsidenten oder die Bundespräsidentin. Ich wähle Alexander Van der Bellen, weil er unter vielen Dingen eines besonders gut kann: Er nimmt die Menschen und Welt aus unterschiedlichen Blickwinkeln wahr, nicht nur Schwarz-Weiß. Ich wähle Alexander Van der Bellen, weil er am klarsten sagt: "Menschenrechte und -pflichten gelten für alle". Das gilt für jene, die neu zu uns kommen und für die, die schon seit immer da sind. Er trifft hier keine unnötigen Unterscheidungen. Damit schafft er aus meiner Sicht das Entscheidende in der heutigen unruhigen Zeit. Er macht darauf aufmerksam, dass Frieden von uns allen ausgeht. Vor kurzem hat sich Gertrude, eine 89-Jährige Wienerin, zu Wort gemeldet. Es wird wahrscheinlich ihre letzte politische Wahl sein wird. Sie entscheidet sich für Alexander Van der Bellen, weil auch sie erfahren hat, wohin hassende Worte in den 1930er Jahren geführt haben. Sie sieht in ihm einen Menschen, der als Bundespräsident mehr für Miteinander, Besonnenheit, und Gleichberechtigung tun kann und wird als sein Gegenkandidat. Diese Einschätzung teile ich mit Frau Gertrude. Ich bin nach 1980 geboren, inmitten der längsten Friedenszeit Österreichs. Wenn etwas passieren und weitergehen soll, dann genau das: Ich will in vielen Jahren mit meinen Nachkommen durch eben jenen Wald im Südburgenland spazieren. Ich will ihnen von meinen Großeltern erzählen. Ich will mit ihnen teilen, wie wir Schwierigkeiten mutig bewältigen und dabei unseren Frieden als höchstes Gut am Leben erhalten. Dafür wähle ich heute Alexander Van der Bellen.

Getrude über die Wahl 2016

Burgenländer/innen für Alexander Van der Bellen

Wo: Ollersdorf, Ollersdorf im Burgenland auf Karte anzeigen

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