Sommerserie "Im Gespräch" – „Mein Ton passt nicht allen“

GV-Präsident Ernst Schöpf fordert endlich den Abschluss der Causa Agrargemeinschaften und hofft dabei auf den Landtag.
  • GV-Präsident Ernst Schöpf fordert endlich den Abschluss der Causa Agrargemeinschaften und hofft dabei auf den Landtag.
  • hochgeladen von Sieghard Krabichler

Ernst Schöpf ist bekannt für seine Geradlinigkeit, für seine pointierten Kritiken und für seinen Einsatz für die Gemeinden, nicht nur in der Sache Agrargemeinschaften. Die Bezirksblätter trafen ihn in Sölden.

BB: Gäbe es in Sölden einen Berggipfel zu kaufen, wenn ein potenter Kunde käme?
SCHÖPF: „Nein, nie im Leben. Da hört für mich jeder Merkantilismus auf. Und gerade diese Sache zeigt, dass der Privatisierungsgedanke nicht richtig zu Ende gedacht wurde.“

Aber das Geld könnte Sölden gut gebrauchen, etwa um Schulden zu tilgen, die die Agrargemeinschaft Sölden angehäuft hat?
SCHÖPF: „Klar, Geld kann man immer brauchen. Für unsere Agrargemeinschaft legen wir jährlich Geld dazu, das ist richtig, je nachdem wie sich der Holzverkauf entwickelt und weil vier Forstarbeiter für die nachhaltige Waldbewirtschaftung angestellt sind. Das war eine aktive und auch richtige Entscheidung der Gemeinde Sölden im Jahr 1987.“

Das heißt, das Modell der Gemeindeverwaltung von Agrargemeinschaften bleibt Ihr Favorit?
SCHÖPF: „Eindeutig ja, denn der Konstruktionsfehler liegt in der Verwaltung. Die Agrargemeinschaften als Verwalter des Gemeindegutes und damit der Erträge aus der Substanz funktionieren nachweisbar nicht.“

Wenn wir schon dabei sind: Drei Jahre nach der Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes streiten Gemeinden und Agrargemeinschaften immer noch. Ist eine Lösung nun endlich in Sicht?
SCHÖPF: „Die Gemeinden gewinnen in Serie vor den Höchstgerichten. Der Fall Weißenbach hat gezeigt, was ich schon vor zweieinhalb Jahren gesagt habe. Wenn in der Regulierungsurkunde ersichtlich ist, dass die Agrargemeinschaft aus Gemeindegut hervorgegangen ist, braucht es keinen Feststellungsbescheid. Das hat nur Zeitverzögerung und Anwaltskosten gebracht. Daher hoffe ich, dass das aufhört. Geld ist immer noch keines geflossen. Selbst in Mieders, wo seit März 2011 ein Sachwalter eingesetzt ist, hat sich bis dato nichts bewegt.“

Wie optimistisch sehen Sie trotzdem die Causa in Zukunft?
SCHÖPF: „Es muss sich was ändern und ich gehe davon aus, dass sich der Landtag im Herbst dieses Themas annimmt und endlich eine eindeutige Gesetzeslage herbeiführt.“

Den Gemeinden steht das Wasser nach wie vor bis zum Hals, trotzdem werden die Belastungen etwa durch die Mindestsicherung oder die Kinderbetreuung nicht weniger. Wo liegen die grundsätzlichen Probleme in den öffentlichen Leistungen?
SCHÖPF: „Es kommen immer wieder neue Leistungen auf den Markt und derjenige, der sie ausheckt, vergisst, den ausführenden Gemeinden Geld mitzuschicken. Wir kämpfen auch im österr.eichischen Gemeindebund für einen aufgabenorientierten Finanzausgleich. So spielt sich die Kinderbetreuung in den Gemeinden ab und die Voraussetzungen dort sind oft unterschiedlich. Zudem halte ich es für wenig sozial, alle Leistungen grundsätzlich gratis zur Verfügung zu stellen. Populistisch ist es schon.“

Ist der Gemeindeverband im Land zu schwach, um sich hier wehren zu können?
SCHÖPF: „Nein, freilich wurden wir im Fall der Mindestsicherung vor vollendete Tatsachen gestellt, aber bei anderen Dingen wie Kinderbetreuung, Raumordnung oder dem Rettungswesen wurde ordentlich verhandelt und die Ergebnisse sind für die Gemeinden akzeptabel.“

Aber Ihre kritische Haltung gegenüber der herrschenden ÖVP im Land schmeckt nicht jedem gut. Gibt es in Tirol den Rückhalt für Ernst Schöpf als GV-Präsident?
SCHÖPF: „Man muss nicht nur Freunde haben, ich halte Kritik aus und wenn ich auf das Einhalten geltender Gesetze poche, dann ist das mein Job. Ich kann darin nichts Verwerfliches erkennen.“

Und in den eigenen Reihen? Gibt es kritische Stimmen gegen Sie als Person als GV-Präsident?
SCHÖPF: „Meine Tonalität passt nicht allen, aber den meisten. Ich hätte bisher nichts von einer Revolution im Verband bemerkt.“

Die Gemeinden haben sich auf die Verpflichtung eines Nulldefizites geeinigt. Wird das halten und wird es dadurch Einbußen für die BürgerInnen geben?
SCHÖPF: „Ich glaube, in Tirol werden Auswirkungen nicht spürbar sein.“

Immer wieder werden den Gemeinden aufgeblähte Verwaltungen vorgeworfen. Gäbe es hier Einsparungspotentiale?
SCHÖPF: „Diese Frage ist politisch zu beantworten und muss auch dem Bürger gestellt werden. Denn eine zentrale Verwaltung für etwa sechs Gemeinden würde jedenfalls längere Wege und wohl auch Verfahrensverzögerungen bedeuten. Natürlich gibt es Möglichkeiten im Bereich E-Government, der Zusammenarbeit von Bauhöfen oder beim gemeinsamen Einkauf. Hier sind erste Schritte gesetzt, aber wir müssen noch besser werden.“

Und durch vernünftige Gemeindezusammenlegungen?
SCHÖPF: „Größere Einheiten sind nicht a priori billiger, ich lehne Gemeindefusionen insgesamt ab.“

Obwohl es noch ein paar Jahre hin sind: Wird es in Tirol für die kommenden Gemeinderatswahlen genügend kompetente Kandidaten für das Bürgermeisteramt geben?
SCHÖPF: „In der Tat wird es schwieriger werden, weil die Aufgaben steigen und der Job nicht sonderlich lukrativ ist. Die von uns immer geforderte soziale Absicherung der Bürgermeister ist vorerst einmal gesetzlich verbessert, trotzdem ist dieses Amt mit dem Brotberuf zusehends schwerer zu vereinbaren. Leichter wird es nicht, KandidatInnen zu finden.“

Wenn Sie Landeshauptmann von Tirol wären, was würden Sie zuerst ändern?
SCHÖPF: „Das Problem Agrargemeinschaften würde ich mit obers­ter Priorität lösen.“

Wie verbringen Sie den restlichen Sommer?
SCHÖPF: „Ich bin kein Langzeiturlauber und klinke mich lieber tageweise aus.“

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