Leben am Limit
Wenn's im Börsl knapp wird
"Ständig denke ich nach, wie ich die Situation verbessern kann." Mit wenig Geld überleben - und nicht unglücklich sein.
BEZIRK. Leben von 4,50 € am Tag: Unsere Interviewpartnerin sitzt in der Küche und schneidet Gemüse. "Eigentlich habe ich nie wirklich extrem sparen müssen. Aber in letzter Zeit ist es finanziell sehr eng geworden – Waschmaschine kaputt, Kühlschrank und Auto. Ich bin im Minus und sehe keinen Weg da rauszukommen", sagt die Frau aus dem Bezirk. "Mein Einkommen hat sich nicht verändert, aber die Ausgaben sind nicht mehr abzudecken, kann ja die Fixkosten nicht verändern. Nur beim Essen kann ich mich einschränken – das mach ich extrem. Obwohl ich gerne Fleisch esse, kann ich es mir nicht mehr leisten. Bin so unbeabsichtigt zum Vegetarier geworden, ist billiger. Wobei ich gestehen muss, dass ich bis jetzt mit 6 € am Tag ausgekommen bin, nur für das Essen, Toiletteartikel extra. Was ich esse? Hausbrot ist das billigste und das kaufe ich, wenn es -50 % ist und Toastbrot. Butter oder Margarine (nur in Aktion) mit Bärlauch, Schnittlauch oder Billigstmarmelade. Gemüse in Aktion und Hülsenfrüchte aus der Dose, mit Sojasoße oder Maggi schmeckt alles. Instant-Nudeln gibt es bereits um 0,34 €. Ist alles bisserl ungesund, weiß ich. Ich sage es gleich, ich bin nicht unglücklich, auch wenns hart ist. Nur dass ich meinen Enkerln zu Ostern bloß 10 € geben kann, ist mir peinlich, früher war es sehr viel mehr. Leider: Für mich gibts nur mehr 4,50 € am Tag. Das ist Minimalimus", lächelt sie trotzdem.
Beratung bei Schulden
Exakt 501 Beratungsgespräche wurden im Vorjahr in der Schuldnerberatung in Zwettl, die als Anlaufstelle für das gesamte Waldviertel dient, durchgeführt. Mit 280 an Zahl gab es einen leichten Überhang (56 Prozent) an Männern, die das Angebot annahmen. Die Regionalstellenleiterin Ingeborg Prinz erklärt auf Bezirksblätter-Anfrage: "Die Klientel der Schuldnerberatungen hat insgesamt eine wesentlich geringere Schulbildung als die Gesamtbevölkerung. Bei den Klienten bis 30 Jahren ist der Anteil mit geringer Ausbildung besonders hoch: 50,5 Prozent hatten 2022 einen Pflichtschulabschluss, 5,9 Prozent hatten die Matura absolviert." Eine damit leichter zustande kommende Arbeitslosigkeit würde mit der Schuldenfalle einhergehen. Der letzte Schuldenreport weist außerdem mangelnde Finanzbildung bzw. schlechten Umgang mit Geld, eine gescheiterte Selbstständigkeit oder eine Trennung als häufigste Gründe auf. Dem stimmt auch Prinz zu: "Die allgemeinen Trends spiegeln sich auch bei uns im Waldviertel wider."
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