Läufer mit Botschaft auf berührender Mission:
Rainer Juriatti – 1.200 Kilometer für Sternenkinder

Rainer Juriatti läuft 1.200 Kilometer um dem Thema Sternenkinder Aufmerksamkeit und unmittelbare Präsenz in der Öffentlichkeit zu geben.
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ROPPEN(alra). Der in Graz lebende Schriftsteller und Schauspieler Rainer Juriatti startete am 26. April zu einem bemerkenswerten Lauf durch Österreich. In 40 Etappen legt er insgesamt 1.200 Kilometer und 10.000 Höhenmeter zurück. Ein Teil seiner Strecke führte ihn auch durch den Bezirk Imst. Juriattis Mission ist einem berührenden Thema gewidmet, für das er sich seit Jahrzehnten engagiert: Mit seinem Lauf möchte er auf Sternenkinder und deren Eltern aufmerksam machen. Jährlich sterben in Österreich 10.000 bis 12.000 Kinder kurz vor, während oder unmittelbar nach der Geburt. Diese still ins Leben sterbenden Kinder werden als Sternenkinder bezeichnet. Rainer Juriatti und seine Frau Vera, selbst Eltern von fünf Sternenkindern, verleihen diesem unaussprechlichen Verlust seit Jahren eine unüberhörbare Stimme und bieten vielen betroffenen Eltern eine einzigartige Plattform.

Seit gut drei Wochen begegnet ein sportlicher Läufer mit einem Kinderwagenanhänger zahlreichen Menschen auf Rad- und Laufstrecken im Land. Die Aufschrift „Sternenkinder“ am Wagen weckt Neugier und das Fehlen eines Kindes darin macht stutzig. Gespräche entstehen und Rainer Juriatti erzählt – von den Sternenkindern, ihren verwaisten Eltern, dem Kinderwagen, der für diese Eltern leer bleibt, und dem Rest des Lebens, der sich schmerzhaft neu ordnen muss.

„Ich wollte etwas machen, das wirklich eine Signalwirkung hat. So viele Menschen wie möglich sollen das Wort Sternenkinder hören und wissen, was es bedeutet“,

erklärt Rainer Juriatti.

Wissen, was der Tod eines Kindes bedeutet

Rainer Juriatti und seine Frau haben sich intensiv mit den lebensverändernden Ereignissen auseinandergesetzt, die der Tod eines Kindes vor, während oder kurz nach der Geburt mit sich bringt. Gemeinsam haben sie Wege gesucht und gefunden, um das Bewusstsein dafür zu schärfen. Zudem haben sie Möglichkeiten geschaffen, um Betroffenen inmitten des größtmöglichen Schmerzes und der tiefen Trauer Unterstützung zu bieten. Ihre eigenen Erfahrungen haben sie nachhaltig geprägt. Der Tod eines Kindes überfordert meist das Umfeld, und Reaktionen, die von Hilflosigkeit bis Verständnislosigkeit reichen, sind ebenso verheerend wie gut gemeinte Ratschläge und fehlende professionelle Hilfe, wenn sie benötigt wird. Der Tod eines Kindes bricht mit allem Vorstellbaren und allen Regeln – er löst einen lebenslangen Prozess, aus dem sich Eltern immer wieder aufs Neue stellen müssen.

Viel bewirken, viele bewegen

So wie Rainer Juriatti sich nun laufend durch Österreich bewegt, hat er auch um sich herum immer viel bewegt. Gemeinsam mit seiner Frau Vera arbeitet er ehrenamtlich als Sternenkind-Fotograf und schenkt Eltern einzigartige Erinnerungsmomente an ihre verstorbenen Kinder. Darüber hinaus haben die Juriattis die „Sternenkind-Box“ initiiert, die Betroffenen bleibende Erinnerungen wie einen Fußabdruck sowie Servicekarten für Akut- und Langzeithilfe und ein spezielles Buch bietet. Das Paar hat auch eine Österreich-Karte konzipiert, die wichtige Kontakte zu Helfer*innen liefert und somit ein effizientes Netzwerk abbildet. Als Autor hat Rainer Juriatti in „Die Abwesenheit des Glücks“ berührend der Liebe, dem Schmerz und der Trauer um seine Kinder Ausdruck verliehen, insbesondere um seinen viel zu früh geborenen und verstorbenen Sohn Pablo. Vera Juriatti hat mit „Leon & Louis oder: Die Reise zu den Sternen“ ein kostbares Kinderbuch über Geschwistertrauer verfasst.

Schritt für Schritt Bewusstsein schaffen

Auf seiner Tour durch die Bundesländer bringt der Marathonläufer Rainer Juriatti mit jedem Schritt das Thema Sternenkinder ein Stück weiter auf den Weg. Es ist eine strapaziöse Reise, bei der der engagierte Botschafter einen 45 Kilogramm schweren Sportkinderwagen mit sich zieht. Doch für Juriatti ist dieser Kinderwagen ein tiefgründiges Zeichen. Er symbolisiert die brutale Realität der Eltern gegenüberstehen, die nach langer Vorbereitung und Vorfreude mit einem leeren Kinderwagen konfrontiert sind. Betroffene kennen den unermesslichen Schmerz, den solche Erfahrungen unauslöschlich hinterlassen. „Der Kinderwagen bleibt leer“– diese Erkenntnis ist für alle Sternenkindereltern eine nicht zu begreifende, nicht zu ertragende Wahrheit. Rainer Juriatti veranschaulicht sie eindrücklich.

Tour der Gedanken, Gespräche und tiefe Gefühle

Der ambitionierte Läufer hat in einem Jahr Planung seine Strecke präzise kalkuliert – für jedes der 10.000 bis 12.000 Sternenkinder, die jährlich in Österreich ins Leben sterben, legt er etwa 100 Meter zurück.

„Neben den vielen Eindrücken und Begegnungen ist der Lauf auch eine enorme innere Reise“,

beschreibt Juriatti seine Wahrnehmungen, die übrigens auf Social Media von Sohn Tonio und Ehefrau Vera dokumentiert werden. In den kurzen Pausen und an den Übernachtungsstationen können Sterne erworben werden, die auf Wunsch mit den Namen der Sternenkinder beschriftet und auf den Kinderwagen geklebt werden. Bereits im Vorfeld vereinbarte Vorträge oder Gesprächsrunden zum Thema stehen an vielen seiner Stationen auf dem Programm. Sein tägliches Pensum beträgt 35 Kilometer. Besonders bemerkenswert ist dies angesichts seiner Vergangenheit: Vor zehn Jahren wurde der einstige Marathonläufer von einem Auto angefahren und erlitt schwere Verletzungen. Die Prognosen ob er jemals wieder lange Strecken würde laufen können waren ungewiss. Doch Juriatti gab nicht auf, er trainierte und überwand Hindernisse. Besonders herausfordernd war vor wenigen Tagen der Abschnitt über den Arlberg für den gebürtigen Vorarlberger. Doch die Motivation, für die Sternenkinder zu laufen, übertrifft stets alle Widrigkeiten. Mit unglaublichem Engagement haben Rainer Juriatti und seine Frau bereits „Berge“ bezwungen, die sich mitten aus dem Leben erhoben haben und den Arlberg in seiner Dimension beinahe harmlos erscheinen lassen.

Lebens- und Herzensprojekt

Den Grazathlon am 8. Juni zu erreichen, hat sich der Läufer als greifbares Ziel gesteckt, doch seine Mission für die Sternenkinder ist ein lebenslanges Werk mit übergeordnetem Ziel. Sie ist dem schwierigen Weg gewidmet, den die Eltern all dieser geliebten und vermissten Kinder täglich beschreiten müssen. Rainer Juriatti wird zweifellos auch nach 1.200 Kilometern noch unzählige kraftvolle Schritte durch bemerkenswert großartige Projekte setzen. Dies alles hinterlässt besondere Spuren und eine Ahnung davon, dass Liebe und Trauer sich nicht auf die in Zeit gemessene Einheit eines Lebens beziehen, sondern auf eine tiefere Ebene zwischen Eltern und ihrem Kind, die unermesslich ist.

Mehr Infos unter: www.mein-sternenkind.net

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