"Eine Ahnung von Anfang" - Erfolgsautor Norbert Gstrein gewährte tiefe Einblicke

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IMST(alra). Der gebürtige Tiroler Autor Norbert Gstrein hielt auf Einladung der Arge Art Club & Jazzknödel eine Lesung im Gasthof Hirschen in Imst. Gstrein präsentierte sein neuestes Buch "Eine Ahnung von Anfang" und das Literatur-Saxophon-Quartet übernahm den musikalischen Part des Abends. Der 352 Seiten starke Roman erzählt die Geschichte eines Lehrers und seines Schülers Daniel. Reflektiert aus der Sichtweise des Lehrers, der vorwiegend auf einen gemeinsamen 10 Jahre zurückliegenden Sommer blickt, den er mit zwei Schülern, dem begabten Daniel und seinem Freund Christoph, in einem Haus am Fluss, verbrachte. Ein stimmungsvoll beschriebener Sommer in dem die Zeit entrückte und die Jugendlichen über Alternativen zum sogenannten normalen Leben, das sie nun postpupertär erwartete, philosophierten. Als Ausgangspunkt für die gedankliche Rückschau des Lehrers Anton, ist ein Bombenfund auf einem österreichischen Provinzbahnhof zu sehen und die Tatsache, dass er seinen Schüler Daniel auf einem Fahndungsfoto zu erkennen glaubt. Die Frage nach einer Mitschuld an der möglichen Entwicklung Daniels taucht auf und die intensive gemeinsame Zeit, die durchaus mehr als nur ein übliches Lehrer-Schüler Verhältnis war, das Nahe- bzw. zu nahe Verhältnis zwischen den beiden, wird ergründet. Prägende Einflüsse, die er als Lehrer und Vertrauter in Form von Gesprächen und Büchern wirken ließ, Meinungsbildende Optionen seinerseits, die den großen Fragen des Lebens auf die Sprünge geholfen haben könnten, stellt der Lehrer nun als mögliche Ausgangsschuld für den wahrscheinlich in die irre geleiteten Lebensweg Daniels in den Raum. Nach und nach baut das Buch die Hintergrundproblematik der insgesamt zwei Bombendrohungen auf, die sich als religiös, biblisch ambitioniert entpuppen. Eine deckungsgleiche Komponente zum jungen Daniel der sich in religiösen Phantastereien bewegte, mit jugendlicher Ideologieanfälligkeit kämpfte und sich mit der Suche nach der Antwort quälte, ob es sich tatsächlich lohnt mit dem Leben als solches überhaupt erst zu beginnen. Gstrein selbst beschreibt seinen Roman als Versuch vor dem Hintergrund unserer eigenen Kultur die Geschichte einer Radikalisierung zu erzählen und er stellt anhand Daniels, der besessen Bücher verschlingt um eine Lebensrichtung zu finden, die interessante Frage in den Raum, wie hilfreich bzw. schädlich obsessives Lesen sein kann. Und mit dem katholischen Ex-Ministranten Daniel und seinen Tendenzen die Bibel vorwiegend radikal und wörtlich zu interpretieren, sowie fundamentalistische Bücher in sich aufzusaugen ist eine mögliche Variante aufgezeigt.
Norbert Gstreins Buch ist stilistisch durchdrungen von seinem präzisen, flüssigen Schreibstil, der einen zwischendurch mehrfach innehalten lässt um das gelesene in seiner Fülle und zugleich eleganten Erhabenheit wirken zu lassen. Sehr skeptisch angelegt, bleibt der Roman die eindeutige Antwort auf die Frage welche Geschichte hier tatsächlich erzählt wird schuldig, die Optionen stricken sich sowohl um Daniel als zentrale Person, durchaus wäre aber auch eine reflektierte Wahrnehmung des Lehrers möglich, der Daniel als Mittel des Ausdrucks für die Geschichte seines eigenen Lebens verwendet.
Der Wunsch über einen Sommer am Fluss, zwei Jungen und einen Lehrer zu schreiben - ein Bild das Norbert Gstrein laut eigener Aussage schon lange in sich trug, ist zu einer beeindruckenden Geschichte und einem großen Roman voll an intensiv geschilderten, Zeitumspannenden Wahrnehmungen herangewachsen.
Norbert Gstrein bot einen anspruchsvollen Leseabend mit einer sehr gezielten, spannungsaufbauenden Auswahl aus seinem Werk und erweckte beim Zuhörer den tatsächlich starken Wunsch das Buch zu lesen. Nicht zuletzt auch durch seine sehr eindrückliche, atmosphärische Art des Vortrags.

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