Entgrenzte Gewalt mit Hiasl, Veitl, Joch und Jörg
Podcast über die NS-Gedichte des Tiroler Mundartdichters Jakob Kopp

Bis heuer war Jakob Kopp in Imst eine Straße gewidmet. | Foto: Foto: Archiv
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  • Bis heuer war Jakob Kopp in Imst eine Straße gewidmet.
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Am 15. April hat Imst nach 45 Jahren die Jakob-Kopp-Straße in Bergstraße umbenannt. Einer der Gründe dafür findet sich in der Musiksammlung des Landesmuseum Ferdinandeum. Ein Podcast über die NS-Gedichte des Tiroler Mundartdichters Jakob Kopp ist entstanden.

IMST. Im Ferdinandeum verwahrt Dr. Franz Gratl den Autographen des vom Mundartdichter Jakob Kopp (1871–1960) verfassten und vom Tiroler Komponisten Josef Eduard Ploner vertonten Gedichts „Tiroler Volkssturm 1944“. Kopp hat diese und andere NS-Hymnen aber nicht etwa in Imst, sondern in Hall, wo er von der Mitte der 1930er Jahre bis 1947 gewohnt hat, geschrieben.

Umstrittener Dichter

In der aktuellen Episode des Podcast hörpositionen, den das Museum Imst, die Musiksammlung des Ferdinandeums und das Gemeindemuseum Absam seit einem Jahr gemeinsam gestalten, geht es unter dem Titel „Des heimatlichen Speckes Sänger. Oder von einem Tiroler Dialektdichter“ um das Phänomen, dass sowohl die Vaterländische Front des Austrofaschismus der 1930er, das NS-Regime 1938–1945, als auch das Nachkriegstirol mit Kopp keinerlei Probleme hatte, obwohl er im Tiroler Volkssturm 1944 Zeilen wie „Und daß es uns an Schneid nit fahlt / weard unserm Führer Jung und Alt / freiwillig bald beweisn“ geschrieben hatte. Mag.a Sabine Schuchter vom Museum im Ballhaus in Imst: „Man hat den Jakob Kopp unmittelbar nach dem Krieg genauso geschätzt wie im Krieg. Der Nachkriegsbürgermeister hat ihm die gleiche Anerkennung entgegengebracht wie der NS-Bürgermeister“. Eine der Erklärungen für diese „Zäsur ohne Folgen“, könnte die Sprachstrategie Kopps sein. Dr. Franz Gratl: „Bei diesem Lied Tiroler Volkssturm 1944 zeigen sich ja auffällige formale Parallelen zu den in Tirol sehr beliebten Krippenliedern, weil in diesen Liedern werden typische Tiroler Namen aufgezählt, die den Hirten verpasst wurden. Und diese Hirten werden darin aufgefordert nach Bethlehem zu gehen. Also Hiasl, Seppl, Veit und Hans – und diese Ansprache, diese Namen verwendet Kopp auch in seinem Tiroler Volkssturm 1944, als Aufforderung, dass sie sich am Volkssturm mit Begeisterung beteiligen sollen.“ Und Kopp reichte – neben krudem Antisemitismus – in Tirol fast selbstverständliche religiöse Anklänge zum Anheizen der Kriegsstimmung nach: „Miar schlagen drein af alt und nei / der Hear steah üns in Gnaden bei!“

Werk wurde "bereinigt"

Sabine Schuchter vom Imster Ballhaus-Museum verweist darauf, dass Kopps Nachlassverwalter das Werk nach dessen Tod ganz bewusst zu „bereinigen“ versuchte, hatte doch Kopp bereits 1938 den Anschluss hymnisch gefeiert – Zitat aus einem Brief des Nachlassverwalters an den Imster Bürgermeister 1962: „Ich fand selbst etwa zwei oder drei, die ich ohne Gewissensbisse vernichtete. Ich denke nicht daran, auch die Spreu in Kopps Gedichten der Nachwelt zu überliefern und handle darin im Auftrage des bereits todkranken Dichters, der mich darum bat, zu vernichten, was nichts wert ist.“ Die in Parteikreisen anerkannten Texte von Kopp blieben aber im Stadtarchiv Imst und im Ferdinandeum erhalten. Zu hören ist die Episode mit dem Titel „Des heimatlichen Speckes Sänger. Oder: Von einem Tiroler Dialektdichter“ auf www.hoerpositionen.at. Gelesen haben Rainer Egger und Johann Nikolussi.

Ausstellung zum Thema

Im Museum im Ballhaus in Imst, Ballgasse 1, ist noch bis 15. Mai die Ausstellung „Zeit der Befreiung Das Kriegsende in Westtirol 1944/1945“ zu sehen. In der Ausstellung geht es auch um die Propagandagedichte von Jakob Kopp aus dem Jahr 1944.
Öffnungszeiten: Dienstag, Donnerstag, Freitag 14 – 18 Uhr, Samstag 9 – 12 Uhr (aber nicht am 1. Mai) sowie nach Vereinbarung. Telefon 05412 64927

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