Suizidverhütung geht uns alle an

Dr.in Barbara Gant, Bereichsleiterin Lifelong Learning der Medizinischen Universität Innsbruck, Jugendreferent der Gemeinde Längenfeld Raphael Kuen, ao.Univ.-Prof. Dr. Eberhard A. Deisenhammer und Bürgermeister Ralf Schonger beim Vortragsabend in Längenfeld.
  • Dr.in Barbara Gant, Bereichsleiterin Lifelong Learning der Medizinischen Universität Innsbruck, Jugendreferent der Gemeinde Längenfeld Raphael Kuen, ao.Univ.-Prof. Dr. Eberhard A. Deisenhammer und Bürgermeister Ralf Schonger beim Vortragsabend in Längenfeld.
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Zum Thema „Suizid – Ein Thema in jedem Lebensalter“, hielt ao. Univ.-Prof. Dr. Eberhard A. Deisenhammer im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Medizin für Land und Leute“ einen Vortrag in Längenfeld. Einen besonderen Schwerpunkt legte der Experte dabei auf das Thema Suizidverhütung. Zum Vortrag kamen Jugendliche, die einer Einladung des Jugendausschusses der Gemeinde gefolgt waren.

Die offiziellen Zahlen zu Suiziden machen betroffen: Weltweit passiert rund alle zwei Minuten eine Selbsttötung. 1.300 Menschen sind es jährlich in Österreich. Suizid ist damit die acht häufigste Todesursache bei uns. Eine wichtige Kennzahl ist die Suizidrate (Anzahl der Suizide pro 100.000 Personen in einem Jahr). In Tirol lag diese 2010 bei 16,6. Zusätzlich geschehen rund 10- bis 25-mal so viele Selbstmordversuche. „Mindestens 90 Prozent der Suizide geht eine psychische Erkrankung voraus“, erklärte Prof. Deisenhammer.

Auf Warnsignale achten

Selten passiert ein Selbstmord unangekündigt. „Häufig gibt es direkte oder indirekte Warnsignale, die insbesondere von Angehörigen ernst genommen werden sollten“, so Prof. Deisenhammer. Einschneidende Lebensveränderungen zum Beispiel der Verlust des Arbeitsplatzes oder Beziehungskrisen erhöhen das Risiko. Besonders gefährdet sind psychisch kranke, ältere oder schwer körperlich kranke Menschen. Auch Personen, die isoliert und vereinsamt leben oder bereits einen Suizidversuch unternommen haben, gehören zur Risikogruppe. Als mögliche Hinweise auf eine Suizidgefährdung nennt Prof. Deisenhammer depressive Symptome. Auch ein vermehrter Alkohol- und Drogenkonsum sowie versteckte Botschaften können auf eine Suizidgefährdung hinweisen. „Jeder in unserer Umgebung könnte suizidal werden. Suizidäußerungen und Hilferufe sollten daher ernst genommen werde“, sagt der Experte und räumt gleich mit einem Vorurteil auf: „Die Behauptung, wer von Selbstmord spricht, begeht ihn nicht, ist absolut falsch!“

Suizidprävention: Rund 27 % wären vermeidbar

Studien zeigen, dass Zugangsbeschränkungen zu bestimmten Orten oder zu Tötungsmitteln (Schusswaffen, Medikamente etc.) einen Rückgang an Suiziden bewirken. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Betroffene sehr oft auf eine Suizidmethode konzentriert sind. Wenn diese nicht durchführbar ist, lassen sie - zumindest kurzfristig - vom Suizid ab“, führt Prof. Deisenhammer aus. Das ist in der Suizidprävention ein sehr wichtiges Element. Suizide passieren meist in Krisensituationen, diese sind typischerweise vorübergehend. Dem Mediziner ist es daher ein besonders Anliegen, dass „Hot Spots“ in Tirol – Orte, an denen Suizide sehr häufig sind – durch entsprechende Zugangshürden, beispielsweise das Spannen von Fangnetzen, gesichert werden. Wenn alle bekannten Maßnahmen zur Suizidverhütung angewendet werden, können rund 27 % der Suizide vermieden werden.

Wichtig: Thema Suizid präventiv besprechen
Die interessierten Teilnehmer stellten im Anschluss an den Vortrag über eine Stunde lang Fragen an den Mediziner. Auch der Bürgermeister der Gemeinde Längenfeld, Mag. Ralf Schonger und Jugendausschussobmann GR Raphael Kuen waren dabei. „Es ist sehr wichtig, dass solche Themen präventiv besprochen werden“, meinte etwa Schonger im Anschluss. Profitiert von dem Abend hat auch der Jugendreferent der Gemeinde: „Ich habe viel mit jungen Leuten zu tun. Vieles werde ich zukünftig viel bewusster wahrnehmen.“

Vortragsreihe Medizin für Land und Leute
Das Forum Land und die Medizinische Universität Innsbruck organisieren gemeinsam seit Oktober 2010 die Vortragsreihe „Medizin für Land und Leute“. Wissenschaft und Medizin soll den Menschen durch die besten ReferentInnen der Medizinischen Universität Innsbruck von Landeck bis Lienz nahe gebracht werden. Die Themen stammen aus den Regionen und werden in Zusammenarbeit mit den Sozialsprengeln erstellt. Die Vorträge beginnen jeweils um 19:30 Uhr und die Teilnahme ist kostenlos! Der nächste „Medizin für Land und Leute“ – Vortrag zum Thema Suizid findet am Dienstag, den 17. Jänner 2012 im Gasthof Gemse in Prutz statt.

Zur Person:
Ao. Univ.-Prof. Dr. Eberhard A. Deisenhammer ist seit 2009 Leiter der Gedächtnis-Sprechstunde der Univ.-Klinik für Psychiatrie in Innsbruck. Zuvor war er als Oberarzt an der Abteilung für Affektive Störungen tätig. Er ist wissenschaftlich v.a. im Bereich "Affektive Störungen und Suizid" tätig. Von der Medizinischen Universität Innsbruck hat der Mediziner unter anderem den Lehrauftrag für das Seminar „Suizidalität und Suizidprävention“. Prof. Deisenhammer fungiert darüber hinaus als zweiter Stellvertretender Vorsitzender der Ethikkommission.

Weitere Termine „Medizin für Land und Leute“:
01.12.2011, Kirchberg, Alpenresidenz: Warum platzt die Halsschlagader?
17.01.2012, Prutz, Gasthof Gemse: Suizid- Eine komplexe Problematik in jedem Lebensalter
24.01.2012, Wenns, Freizeitzentrum: Allergien und Unverträglichkeiten
07.02.2012, Sillian, Kegelstube Jessacher: Burnout

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