Deserteurs- und Flüchtlingsberatung
Sie kämpfen für eine neue Heimat
Eine Organisation in der City unterstützt Menschen im Asylverfahren. Zwei Frauen erzählen der Wiener BezirksZeitung von ihrer Arbeit.
WIEN/INNERE STADT. Die Flucht aus seinem Heimatland aufgrund eines Kriegs oder der Verweigerung, sich am Krieg zu beteiligen, ist wohl eines der schlimmsten Unglücke, die einem Menschen widerfahren können. Damit geflüchtete Menschen in Österreich Unterstützung in ihrem Asylverfahren bekommen, hat sich im Jahr 1992 die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung formiert.
Seit mittlerweile über zehn Jahren sind auch Ruxandra Staicu und Muriel Holzer Teil der Organisation, die sich ausschließlich aus privaten Spenden finanziert und deren Arbeit zu 100 Prozent ehrenamtlich ist. Sowohl Holzer als auch Staicu sind über Freunde zu der Organisation gekommen. "Ich habe mit einem Praktikum im Zuge meines Studiums begonnen, und nun bin ich schon seit über einem Jahrzehnt hier", erzählt Staicu.
Doch was genau machen die beiden? "Wir unterstützen Deserteure und Flüchtlinge in ihrem Asylverfahren und beraten sie in asylrechtlichen oder fremdenpolizeilichen Fragen", bricht Holzer die Angebote der Organisation auf einen Satz herunter.
Jugoslawienkrieg als Auslöser
Die Bewegung hat sich in den 1990er-Jahren vor allem als Reaktion auf den Jugoslawienkrieg formiert, als zahlreiche Männer, die den Dienst an der Waffe verweigerten, sogenannte Deserteure, nach Österreich kamen. "Wir sind immer zwischen 25 und 30 Personen, die in der Dessi – das ist unsere Abkürzung für die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung – arbeiten", erklärt Staicu.
Beide Damen haben Soziale Arbeit an der Fachhochschule studiert, beraten aber trotzdem auch ihre Klienten in rechtlichen Fragen vor Gericht. "Bei uns sind nicht alle Juristen, aber im Asylverfahren ist es nicht verpflichtend, dass man ausgebildeter Anwalt ist", erklären die beiden.
Bis zu 30 Fälle pro Woche
Insgesamt 20 bis 30 Fälle beschäftigen die Mitarbeiter, die in der Schottengasse im Ersten beraten, wöchentlich. Dabei bleiben sie auch von aktuellen Entwicklungen nicht verschont. "Vergangenes Jahr haben uns viele Menschen aus Afghanistan aufgesucht. Aber nun vermuten wir, dass bald russische Deserteure zu uns kommen werden", so Staicu. "Früher haben wir große Netzwerke gehabt, beispielsweise von Wien auf den Balkan. Das gibt es heute kaum mehr. Insofern wissen wir auch nicht, wie es den ukrainischen Männern geht, die versuchen, auszureisen", ergänzt Holzer.
Bei der Dessi ist man besonders mit dem Kampf gegen die lange Dauer der Asylverfahren beschäftigt. "Oft passiert zwei Jahre lang nichts", erzählt Staicu. Doch alle Verfahren, in denen innerhalb der vergangenen beiden Jahre etwas passiert ist, gelten als laufende Verfahren, weshalb man bei der Dessi zum Teil mehr als 1.000 offene Fälle hat.
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