Innere Stadt
Gehen im Stadttheater Walfischgasse wieder die Lichter an?

- Das Theater in der Walfischgasse wird nur noch sporadisch genutzt.
- Foto: Nathanael Peterlini
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Die Traditionsbühne in der Walfischgasse steht seit Jahren leer. Einzig ein paar Sonderveranstaltungen werden angeboten. Nun hat sich aber womöglich ein neuer, dauerhafter Interessent gefunden.
WIEN/INNERE STADT. Das Stadttheater in der Walfischgasse steht seit fast zehn Jahren leer. Die Räumlichkeiten – einst eines der Theaterzentren Wiens – bilden somit ein trauriges, kulturelles Loch inmitten der Inneren Stadt.
Nun könnte sich das aber ändern. Für die Bühne am Kärntnertor hat sich offenbar ein neuer Interessent gefunden. MeinBezirk erklärt die Hintergründe.
Der Anwärter
Die Rede ist von einer Ikone der gegenwärtigen österreichischen Künstlerszene. André Heller ist ein vielfältiger Kunst-Unternehmer, der sich letztens intensiv mit dem Theater auseinandergesetzt habe, erzählt ein Anrainer, der anonym bleiben will. Interesse bestehe demnach, eine Übernahme könnte bevorstehen.

- Könnte womöglich Interesse am Stadttheater haben: André Heller.
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Das Stadttheater möchte sich nicht näher dazu äußern. Auf Anfrage erklärte man aber, "es ist etwas beim Entstehen". Der potenzielle neue Mieter wolle sich vorerst bedeckt halten und zu einem späteren Zeitpunkt einheitlich über seinen Plan informieren.
Historische Bühne verkümmerte
Die Räumlichkeiten am Kärntnertor sind wichtiger Teil der Geschichte der Wiener Schauspielkunst und gehen bis in die 1950er-Jahre zurück. Gründer war kein anderer als der österreichische Kabarettist und Autor Gerhard Bronner.
Nur wenige Meter entfernt vom einstigen "Theater am Kärntnertor" gründete er 1959 das "Neue Theater am Kärntnertor". Gemeinsam mit der bereits vorher gegründeten Kabarett-Gruppe, dem "namenlosen Ensemble", feierte Bronner in den kommenden Jahren große Erfolge. Werke wie "Der g’schupfte Ferdl", "Der Halbwilde", "Der Bundesbahnblues" oder "Der Papa wird’s scho richten" wurden von ihm geschrieben und aufgeführt, lautet es auf Wien Geschichte Wiki.

- Erstmals gegründet wurde das Stadttheater von Gerhard Bronner, letzte Intendantin war Anita Ammersfeld.
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Als sich das Ensemble 1961 schließlich auflöste, lud Bronner die Grazer Kabarett-Gruppe "Würfler" ins "Neue Theater am Kärntnertor". Diese trat recht erfolgreich auf. Bronner engagierte daraufhin einen Teil der Gruppe für das Theater. Zwei Jahre lang erhielt das neugegründete "Kärntnertor-Ensemble" viel Lob, bis sich die alten "Würfler" von Bronner trennten. Bronner hielt den Kabarettsaal bis 1965.
Mehrere Jahre mehrerer Gruppen
In den darauffolgenden Jahren wurde das Theater mehrmals vermietet. Von 1973 bis 1976 stand es den beiden freien Gruppen "Werkstatt" rund um Hans Gratzer und "Cafétheater" rund um Dieter Haspel zur Verfügung.
Von 1978 bis 2003 wurde das Theater von Helmut Siderits als "Kleine Komödie" geführt. Die Namen kamen und gingen, die Bühne blieb – über die Jahre entwickelte sie sich zum geschätzten Treffpunkt für sarkastische und politische Komödien-Kenner, eben Kabaretts.
Ein letztes Mal Kabarett
2004 übernahm Anita Ammersfeld als neue Intendantin das Theater und gründete das Stadttheater Walfischgasse. In den kommenden zehn Jahren blühte die Bühne nochmal auf. Über 2.200 Vorstellungen und zahlreiche Künstler später verkündete Ammersfeld etwas überraschend das Ende des Projekts.

- Einst war das Stadttheater eines der Zentren Wiens für Kabarett.
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Die Räumlichkeiten wurden mit September 2015 an die Wiener Staatsoper vermietet. Anstelle des Stadttheaters Walfischgasse nahm dort bis August 2020 die Agrana Studiobühne Platz. Die zusätzliche Spielstätte der Wiener Staatsoper nutzte die Räumlichkeiten für Kinderopern, Konzerte, Vortragsreihen und Künstlergespräche.
Nur noch vereinzelt Stücke
Seit 2020 werden die Theaterräumlichkeiten sporadisch für Veranstaltungen genutzt und stehen zur neuerlichen langfristigen Vermietung frei.
Eine solche Veranstaltung findet etwa am Mittwoch, 20. November, statt: Vorgestellt wird "Schreib nur bald, bitte!" von Andrea Eckert. Das Stück dreht sich um den Briefwechsel zwischen der jüdischen, deutsch-schwedischen Schriftstellerin Nelly Sachs und dem Dichter Paul Celan. Die beiden berühmten Lyriker waren beide Opfer der NS-Judenverfolgung.

- Am 20. November rezitiert Andrea Eckert den Briefwechel von Nelly Sachs und Paul Celan.
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Mit den Briefen schafften sie sich einen Raum, um über ihr Leid zu reden. Rezitieren wird Andrea Eckert, abgerundet wird die Vorstellung mit Musik von Solistinnen des 1. Frauen-Kammerorchesters von Österreich. Die Abendkasse öffnet um 19 Uhr, Eintritt kostet 25 bis 35 Euro.
Was nicht ist, kann sein
Ein Stückchen der Geschichte Wiens, das den Wandel der Stadt mit angesehen und mit verarbeitet hat. Ein eigentlich historischer Raum für Kabaretts verschiedenster Arten, der nun seit Jahren still steht.
Es bleibt abzuwarten, ob das Stadttheater einen neuen Intendanten gefunden hat und was künftig aufgeführt wird. Eines steht fest: Es ist höchste Zeit, dass die Vorhänge im Stadttheater wieder aufgehen.
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