Hartes Pflaster für Veranstalter. Vergnügungssteuer treibt Events zunehmend in die Peripherie

DJ-Großevents können in Innsbruck schnell zum Debakel werden, auch wenn 25.000 Besucher kommen. | Foto: Lindner Music
  • DJ-Großevents können in Innsbruck schnell zum Debakel werden, auch wenn 25.000 Besucher kommen.
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Gewerbliche Veranstalter haben in Innsbruck ihre liebe Not. Die Stadt zeigt sich bei der Vergnügungssteuer nicht kulant. Veranstalter machen um Innsbruck einen immer größeren Bogen.

(kurt). Bis zu 55 Prozent, in Einzelfällen sogar 70 Prozent, müssen gewerbliche Veranstalter vom Ticketpreis für Väterchen Staat abdrücken. Neben Mehrwertsteuer, AKM und Vorverkaufsgebühr werden im höchsten Fall auch noch 25 Prozent Vergnügungssteuer fällig. Sie variiert zwischen vier und 25 Prozent und liegt in der Hand der Gemeinde, deshalb ist die Steuer in jeder Gemeinde unterschiedlich. Außerhalb von Innsbruck kommen die Gemeinden den Veranstaltern häufig entgegen und heben teilweise gar keine Vergnügungssteuer ein.

25.000 Besucher und fast ein Minus

"Veranstaltungen sind ein Kultur- und Wirtschaftsmotor. Das Schlimmste haben wir erlebt, als wir mit unserer Agentur Lindner & Delazer concert den weltbekannten DJ David Guetta im Freigelände der Olympiaworld veranstaltet haben. Wir hatten 25.000 Besucher und die Hotels in Innsbruck und Innsbruck-Land waren ausgebucht, fast ausschließlich mit Leuten aus Nachbarländern. Innsbruck rühmt sich eine Stadt für junge Leute zu sein, für die Veranstaltung und die Veranstalter hat sich das jedoch völlig gegenteilig gezeigt, denn letztendlich wussten wir bis zum Tag des Events nicht, welche zusätzlichen Ausgaben, zu den sonst schon sehr hoch angesetzten Kosten wie Künstler, Infrastruktur, Olympiaworld, Sicherheit und und und uns erwarten. Wie befürchtet kam auf uns dann eine Forderung von 25 Prozent Vergnügungssteuer und 10 Prozent Kriegsopferabgabe zu, was uns trotz des großen Erfolges in die roten Zahlen gebracht hätte. Es folgten monatelange Auseinandersetzungen unter Mitwirkung eines Rechtsanwalts und vielen Gesprächen. Bevor es dann zum Obersten Gerichtshof ging, konnten wir uns auf einen Kompromiss einigen.", so Peter Lindner, der wohl zu Zeit größte Veranstalter Tirols. Rund 70 Prozent des Ticketpreises pro Eintrittskarte hätte er insgesamt abgeben müssen.

Steuersatz am Tag der Veranstaltung von einem Beamten festgelegt

Wieviel ein Veranstalter schlussendlich zahlt, richtet sich nach Art der Veranstaltung. "Das Schlimme ist, dass es von vornherein keine klare Regelung für DJ-Events gibt. Die Stadt scheint immer noch auf dem Stand zu sein, dass DJs wie zu Scotch Club Zeiten lediglich nur Platten auflegen und nicht Produzenten, Komponisten und Musiker sind. Ein Beamter nimmt sich heraus erst am Tag der Veranstaltung zu kommen um eine Begutachtung zu machen und aufgrund dessen den Steuersatz festzulegen. Hier macht es sogar einen Unterschied ob die Leute während einem Konzert anfangen zu tanzen oder nicht. Diese Überheblichkeit finden wir unglaublich!", sagt Lindner. Eine seriöse und gute Kalkulation eines Events wird damit nahezu unmöglich.

Ob man als Veranstalter mit seinem Event ein Minus macht, interessiert meist nicht. Sogar Veranstaltungen bei freiem Eintritt sind vergnügungssteuerpflichtig, hier werden dann Pauschalen eingehoben. Heuer im Jänner wurde zumindest die Kriegsopferabgabe abgeschafft, das ist aber nur ein kleiner Trost, da bald die Mehrwertsteuer um drei Prozent angehoben wird.

Keine Wertschätzung von seiten der Stadt

Heuer im September hat sich Lindner & Delazer durchgerungen, in der Olympiaworld einzubuchen. "G'stört im Park" soll sich über die kommenden Jahre zu einem zwei- bis dreitägigen großen Festival entwickeln, doch die Zukunft scheint ungewiss: "Nachdem wir uns längere Zeit von Großveranstaltungen zurückgezogen haben, hat man uns Änderungen versprochen. Auf Grund dessen haben wir in der Olympiaworld heuer wieder einen Termin angemeldet mit "G'stört im Park" am 05. September, als Start einer Festivalserie, die wir in den nächsten Jahren groß ausbauen wollen und man glaubt es nicht, vom gleichen Beamten kam wieder die erschreckende Ansage, dass muss er sich erst anschauen und bis dahin bemisst er mit 15 Prozent Vergnügungssteuer. Wie soll man hier kalkulieren? Abgesehen davon kann man die Leute nicht mit noch höheren Eintrittspreisen belasten. Der Ärger sitzt momentan tief, denn fünf Kilometer weiter würden wir mit Freude empfangen werden und vor allem nicht zusätzlich belastet. Die Wertschätzung ist also immer noch nicht in der Stadt Innsbruck eingekehrt und vor allen Dingen haben wir das Gefühl, dass hier niemand begreift, wie wertvoll so ein Festival touristisch, wirtschaftlich, kulturell und vor allen Dingen für die jungen Leute wäre. In Innsbruck hat man als Veranstalter oft das Gefühl ein Bittsteller zu sein", sagt Lindner enttäuscht.

Leute raunzen über hohen Eintritt

"Die Leute raunzen, dass nichts los ist oder der Eintritt zu hoch ist. Aber die meisten wissen ja nicht wie viel wir pro Ticket abgeben müssen. Auch die Gagen der Künstler explodieren. Es regiert noch immer der Irrglaube, dass man sich mit einem Großkonzert eine goldene Nase verdient", sagt Natalie Schretter (CEO Music Hall und frühere langjährige Marketing-Chefin von fiveSTARS). Der Sommer sei ohnehin "Kampfzeit" in Innsbruck, sagt sie. Obwohl die Music Hall keine klassische Studenten Location ist, würde sie sich im Sommer nicht über ein größeres Open-Air-Event drüber trauen. "Ab 22 Uhr ist draußen Schluss, da muss man in die Halle gehen, das interessiert die Leute im Sommer nicht. Die Party im Anschluss kannst du vergessen, da zieht es die Leute nach draußen und sie gehen lieber in der Stadt weiterfeiern", sagt Schretter.

Kulante Peripherie

Während sich Umlandgemeinden bei größeren Veranstaltungen relativ kulant zeigen und Veranstaltern entgegenkommen, ist Innsbruck bei der Einhebung strikt. Deshalb wandern Veranstaltungen immer häufiger in die Peripherie ab.
Wer sich in Innsbruck aber niedergelassen hat und hier eine eigene Location betreibt, muss in den sauren Apfel beißen.
"Das ist wettbewerbsverzerrend. Ok, es gibt diese Steuer, aber dann sollte sie zumindest auch überall gleich eingehoben werden", findet Andy Franzelin vom Weekender Club. "Es hat einen Grund, warum Mega Acts die überall Stadien füllen, nicht mehr in Innsbruck veranstaltet werden, da geht man halt lieber zu den Ski-Openings, oder so", sagt er. So sieht das auch Edi Gruber (Club Cubique): "Es kann nicht sein, dass es hier und dort komplett unterschiedlich geregelt wird. Wenn das Gesetz so ist, ist es so, aber dann muss es halt auch für alle gelten". Gruber ist als DJ viel in Deutschland unterwegs, dort gibt es keine Vergnügungssteuer. Er kennt die deutsche Szene recht gut und meint: "Ansiedeln würde sich keiner meiner Kollegen in Innsbruck. Die lachen sich schief, wenn ich ihnen sage, dass es so eine Steuer bei uns gibt", sagt Gruber.

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