gedenk_potenziale 2025
Künstler Richard Schwarz erhält Auszeichnung

- Der Preisträger der „gedenk_potenziale 2025“ Richard Schwarz (2. v.r.) mit Kulturstadträtin Uschi Schwarzl (1. v.r.) mit (von links) Matthias Egger (Stadtarchiv/Stadtmuseum), den Jurymitgliedern Horst Schreiber, Gisela Hormayr und Michael Haupt sowie den Gemeinderätinnen Marlene Trinkl und Irene Heisz (Kulturausschuss).
- Foto: IKM/A. Steinacker
- hochgeladen von Martina Obertimpfler
Ein Stein als Zeitzeuge – Der Künstler Richard Schwarz erhält für sein Erinnerungsprojekt „Desertieren. Ein Gedenk-Einsatz“ die Auszeichnung im Rahmen der Förderschiene „gedenk_potenziale 2025“ in Höhe von 20.000 Euro.
INNSBRUCK. Ein Stein als Zeitzeuge – Das Projekt "Desertieren. Ein Gedenk-Einsatz" des Künstlers Richard Schwarz basiert auf der Idee, einen Stein als stummen Zeugen der Geschichte einzusetzen. Dabei nimmt er Bezug auf die tragische Hinrichtung von mehr als 15 Wehrmachtsdeserteuren im Jahr 1945 in den Steinbrüchen am Innsbrucker Paschberg. Dieser Ort wird zum Symbol für das Schicksal derjenigen, die in Zeiten des Krieges den Mut hatten zu desertieren. Durch die innovative Herangehensweise von Schwarz wird das Gedenken an diese Ereignisse lebendig und erfahrbar gemacht.
„Die Auseinandersetzung mit den Wehrmachtsdeserteuren und das Thema Fahnenflucht ist sehr aktuell. Die geplante Intervention ‚Desertieren‘ besticht durch ihre Einfachheit und ihre starke Symbolik und liefert neue Impulse zur Verankerung des 5. Mai als Gedenktag an die Opfer des NS-Regimes im öffentlichen Bewusstsein“
betonte Kulturstadträtin Uschi Schwarzl anlässlich der Preisverleihung am 12. April im Bürgersaal: „Fahnenflüchtige galten lange Zeit als Vaterlandsverräter, sie leisteten damit jedoch Widerstand gegen die NS-Wehrmacht und mussten mit der Todesstrafe rechnen. Auch die aktive Rolle von Frauen im Krieg, nämlich als Unterstützerinnen der desertierten Soldaten wird thematisiert.“ Das Projekt wird bis zum 5. Mai 2025 in Innsbruck umgesetzt.
Begründung der Jury
Die Fachjury – bestehend aus Mag. Michael Haupt, Melanie Hollaus, Dr.in Gisela Hormayr, Dr.in Birgit Johler und Univ.-Doz. Dr. Horst Schreiber – erachtete das eingereichte Projekt als geeignet und begründete ihre Entscheidung wie folgt:
„Die Projektidee – ein Stein als Zeitzeuge – ist sehr ansprechend, die Symbolik des ‚Gedenkeinsatzes‘ pointiert, das Thema ‚Wehrmachtsdeserteure‘ ist hochaktuell. Insgesamt hat die Einreichung das Potenzial, die Auseinandersetzung mit den Hinrichtungen von Wehrmachtsdeserteuren am Paschberg von Stadtrand in das Stadtzentrum zu bringen. Anknüpfungspunkte zu aktuellen militärischen Konflikten sind da. Insgesamt verspricht das Projekt einen bedeutenden Beitrag zur regionalen und lokalen Erinnerungskultur zu leisten.“
Über das Projekt
"Desertieren. Ein Gedenk-Einsatz" liefert einen innovativen Lösungsvorschlag für ein zeitgemäßes und möglichst nachhaltiges Erinnern an das komplexe Thema der Desertion. Dabei wird das spannungsgeladene Verhältnis zwischen Desertion und Erinnerung fokussiert. Besonders relevant ist der Bezug zur Gegenwart: Wer könnte besser die Frage nach der Bedeutung von Desertion stellen als jene, die sich in Situationen großer Bedrängnis und ungewisser Zukunft befinden und sich fragen müssen, ob ihr Handeln "richtig" ist? Die Konsequenz dieser Überlegungen ist eine Intervention, die das Bundesheer einbindet und dazu anregt, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen.
Dokumentation bewegender Biografien
Ein Podcast und eine Informationsbroschüre dienen als Dokumentation der Aktion und erzählen die bewegenden Biografien von Wehrmachtsdeserteuren sowie ihren Unterstützerinnen und Unterstützern. Durch dieses Projekt wird ein wichtiger Bezug zu einer Veröffentlichung des Innsbrucker Stadtarchivs aus dem Jahr 1975 hergestellt, welche die Träger von Tapferkeitsauszeichnungen der Wehrmacht behandelt.

- Ernst Federspiel (r.) wurde vom Gericht der Division 418 in Innsbruck zum Tode verurteilt. Er starb am 21. April 1945 im Kugelhagel eines Exekutionskommandos der Wehrmacht im Steinbruch am Paschberg. (Im Bild Ernst Federspiel mit seiner Freundin Herta Flatscher im Jahr 1943)
- Foto: Sammlung Christina Müller
- hochgeladen von Martina Obertimpfler
Umgang mit Deserteuren
Trotz vereinzelter Anerkennung von Deserteuren als Teil des Widerstands unmittelbar nach Kriegsende war diese Wertschätzung von kurzer Dauer. Schnell wurden Deserteure als "Verräter" und "Feiglinge" gebrandmarkt. Erst im Jahr 2009 verabschiedete der Nationalrat das "Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz", das die Urteile der Wehrmachtsgerichte über Deserteure ohne Prüfung aufhob. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es praktisch keinen Anspruch auf Entschädigung – und folglich auch keinen auf Erinnerung. Erst Anfang 2024 wurde eine Gedenktafel für die Opfer der NS-Militärjustiz am Sozialministerium in Wien enthüllt, ein deutliches Zeichen für ein Umdenken im Umgang mit den Deserteuren, wie es in einer entsprechenden Pressemitteilung heißt.
Zum Preisträger
Richard Schwarz, geboren am 1. März 1984 in Wörgl, Studium der Europäischen Ethnologie, Universität Innsbruck (2003-2011), Studium Art and Science, Universität für Angewandte Kunst Wien (2009-2011). Arbeitet als „islandrabe“ in wechselnden Kollaborationen zur Umsetzung von Werken der Kunst und Wissenschaft, so z.B. für „Kufstein schreibt Stadtgeschichte“, wo von 2018 bis 2021 Zuhören, Sortieren, Nachfragen und Dokumentieren eine reichhaltige Sammlung vom Leben in der Stadt im 20. Jahrhundert lieferte und eine gemeinsame Erzählung entstehen ließ.
Informationen unter http://islandrabe.com

- gedenk_potenziale
- Foto: Stadt Innsbruck
- hochgeladen von Martina Obertimpfler
Aktive Erinnerungs- und Gedenkkultur
Das Stadtarchiv/Stadtmuseum Innsbruck geht seit 2021 mit der Förderschiene „gedenk_potenziale“ zeitgemäße Wege der Erinnerungskultur, deren Projekte an Opfer des Nationalsozialismus sowie von Gewalt, Rassismus und Antisemitismus erinnern und zum Nachdenken, zur Auseinandersetzung und zur Diskussion anregen sollen. Die bisherigen PreisträgerInnen waren die Filmemacherin und Politologin Nicola Nagy mit Film „Wir erinnern uns immer nur an morgen – Gedenken an Diana Budisavljević“ (2022) und Lucas Norer mit dem Projekt „Pausenzeichen“ mit Klanginstallationen an vier Innsbrucker Täterorten der NS-Repression (2023).
„Wortdenkmal“
In Kürze, am 5. Mai 2024, wird mit dem Kunstprojekt „Wortdenkmal“ von Christine und Andreas Pavlic das Siegerprojekt der „gedenk_potenziale 2024“ präsentiert: Zu sehen sind dann vier große, dreidimensionale Wortdenkmäler an vier verschiedenen Orten in Innsbruck.
Lesen sie weitere Nachrichten aus Innsbruck hier.



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