Stimmen aus der Kulturszene
Kultur-Tausendsassa David Prieth im Gespräch

David Prieth ist Geschäftsführer der p.m.k., Vorstandsmitglied der Tiroler Kulturinitiativen, der IG Kultur Österreich und Aufsichtsratsmitglied des Tiroler Landestheaters. | Foto: Prieth
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  • David Prieth ist Geschäftsführer der p.m.k., Vorstandsmitglied der Tiroler Kulturinitiativen, der IG Kultur Österreich und Aufsichtsratsmitglied des Tiroler Landestheaters.
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Die Stadt Innsbruck möchte mit der Kulturstrategie 2030 das kulturelle Leben in Innsbruck wiederbeleben. Dazu wurden verschiedene Menschen aus der Kulturszene befragt. Einer von ihnen ist David Prieth, Geschäftsführer der p.m.k., Vorstandsmitglied der Tiroler Kulturinitiativen, der IG Kultur Österreich und Aufsichtsratsmitglied des Tiroler Landestheaters.

STADTBLATT: Wie zufrieden sind Sie mit dem Fragenkatalog der Kulturstrategie 2030?
David Prieth: Die Aufteilung fand ich gut. Es ging um eine Art Bestandsaufnahme, aber auch was man vermisst oder was man sich für die Zukunft wünscht – die Fragen waren relativ offen und ich hab da viel unterbringen können. Es gab auch noch Raum für Input, also der Fragenkatalog war gut zusammengestellt.

STADTBLATT: Wie stehen Sie zur „Kulturstrategie 2030“?
Prieth: Ich bin Mitglied der Battlegroup for Art, das ist der Zusammenschluss, der in einem Treffen zusammen mit der Stadt Innsbruck diese Kulturstrategie – so wie es sie auch in anderen Städten gibt – versucht hat anzustoßen. Wir finden es wichtig, dass man sich nicht nur von einer Legislaturperiode zur nächsten oder von einem Jahr zum nächsten, Gedanken macht, sondern sich längerfristige Konzept überlegt, wo man hinwill. Ein Konzept, auf das sich viele einigen, bei dem man nicht immer alles neu ausstreiten muss. Bei dem sich alle einbringen können und das man dann als Leitfaden verwenden kann.

STADTBLATT: Also sind Sie mit dem jetzigen Stand der Kulturstrategie zufrieden?
Prieth: Genau, wobei diese noch sehr am Anfang steht. Ich finde, es braucht eine ganz starke Transparenz, sodass sich Leute eingeladen fühlen, ihre Meinung kundzutun und sich einzubringen. Aber bisher bin ich zufrieden.

STADTBLATT: Was sind die Hauptforderungen aus Ihrer Perspektive, bzw. wo müsste man am schnellsten schauen, dass sich die Lage für Kunst- und Kulturschaffende verbessert?
Prieth: Was Corona klar gemacht hat, ist, dass prekäre Arbeitsbedingungen für Künstler und Künstlerinnen schwierig sind, weil sie in Krisensituationen – so wie jetzt – überhaupt keine Rücklagen haben, teilweise als gemeinnützige Vereine auch gar keine Rücklagen haben dürfen. Soziale Absicherung ist auf jeden Fall wichtig und Raum, z.B. Ateliers. Die Szene braucht soziale Absicherung, die Szene braucht Raum und die Szene braucht faire Bezahlung. Und im Idealfall auch noch einen Ausbildungsort in Innsbruck, sodass nicht alle nach Wien oder Linz gehen müssen, um Kunst und Kultur zu studieren.

STADTBLATT: Wäre es auch sinnvoll das System der Subventionierung zu überarbeiten?
Prieth:
Was ein großes und wichtiges Thema ist und auch zum ersten Mal seit zehn Jahren in ein Regierungsabkommen geschafft hat, ist das Thema „Fair Pay“, also faire Bezahlung für Arbeit. Faire Entlohnung, das ist einfach wichtig. Ich finde es ist falsch, dass man zwar einerseits gerne von Kulturnation spricht und sich auch damit schmückt, und andererseits sieht die Arbeitsrealtiät von kulturschaffenden Menschen aber oft so aus, dass sie sich in einer Bittsteller-Situation wiederfinden. Kulturschaffenden Menschen sollte man auf Augenhöhe begegnen und sie auch entsprechend entlohnen, sodass diese auch dementsprechend arbeiten können.

STADTBLATT: Also sind Subventionen und der Eintritt insgesamt zu wenig, als das faire Bezahlung zustande kommen könnte?
Prieth:
Genau, hier braucht es ein Umdenken der Wertigkeit. Viele Menschen im Kunst- und Kulturbereich haben sich schon daran gewöhnt, dass sie sich unter ihrem Wert verkaufen müssen, dass sie es gar nicht mehr realistisch finden, dass sie irgendwann einmal halbwegs normal verdienen. Da braucht es auch in der Szene ein Umdenken: dass die Arbeit, die wir machen, wichtig ist. Und dass mehr finanzielle Ressourcen in die Kultur reingesteckt werden müssen.

STADTBLATT: Wie schätzen Sie die Lage in Innsbruck ein, z. B. ist die Clubkultur in Innsbruck auch vor Corona schon stark in Bedrängnis gekommen?
Prieth:
Das positive ist, dass es einen extrem solidarischen Austausch gibt. Wir haben auch mit der Clubcomission Innsbruck viele Nachtgastronomiebetriebe und Clubs an einen Tisch gebracht. Wir haben zum Beispiel im Rahmen von der „Luise ist hier“-Kampagne das Thema der sexualisierten Gewalt auf den Tisch gebracht. Wir haben den Wert der Clubkultur immer wieder betont und als Netzwerk funktioniert das ganz gut. Feiern ist wichtig, aber die Rahmenbedingungen zu schaffen, sodass es für alle schön und toll und sicher ist - daran arbeiten wird gerade. Ich sehe Clubkultur als einen ganz zentralen Teil des kulturellen Schaffens und des sozialen Raumes, der wird aber teilweise etwas abschätzig behandelt. Da könnte es schon mehr zeitgenössisches Verständnis geben, wie es es auch in anderen Städten gibt. Dass die Clubkultur momentan zum Erliegen kommt, ist natürlich schade, doch die meisten Menschen in der Szene zeigen Verständnis dafür. Wo man dann kein Verständnis mehr hat, ist, wenn es irgendwelche undurchsichtigen Ausnahmen gibt, die eigentlich nicht zu argumentieren sind.

STADTBLATT: Sie sind Geschäftsführer der p.m.k., wie geht es ihnen in dieser Zeit?
Prieth:
Wir als p.m.k. haben durch unsere besondere Struktur, das heißt, dass das Programm von unseren Mitgliedsvereinen gemacht wird und wir nur die Infrastruktur stellen und zwei Halbtags-Stellen haben, sehr gut auf die Situation reagieren können. Wir sind sofort in einen finanziellen Ressourcen-Spar-Modus gefahren und kommen zum Glück jetzt bis zum Ende des Jahres ganz gut durch.

STADTBLATT: Vor Corona haben ja diverse Lokale, das Weekender, der Hafen, und und und, zugesperrt. Ist das auch ein Problem der Wertigkeit?
Prieth:
Das ist auch etwas, was die lokale Politik meiner Meinung nach unterschätzt. Wenn nämlich einmal so ein Laden zusperrt, kommt so schnell nichts nach. Die Immobilienpreise sind so hoch in Innsbruck und die Voraussetzungen, die man an so einen Raum stellt, damit man da halbwegs normal und sinnvoll einen Nachtclub reinmachen kann – das ist so speziell und schwierig in Innsbruck – wenn ein Ort verloren geht, dann kann das ein jahrelanges Loch reinwerfen. Das kann man dann nicht einfach von heute auf morgen nachbesetzen. Innsbruck ist eine Studentenstadt, es gibt viele junge Menschen – und die Orte werden zunehmend weniger und da müsste es eigentlich schon ein stärkeres Commitment und Unterstützung geben. Es kann auch nicht sein, dass wegen einem Nachbarn ein kompletter Laden wegfällt, wo hunderte oder tausende Menschen einen zentralen Treffpunkt verlieren. Da würde ich mir von der Stadt mehr Lösungen wünschen, z. B. kann man sich überlegen, ob man in stärkeren Lärmschutz oder so investiert. Also ich finde schon, dass es da ein stärkeres Commitment braucht.

STADTBLATT: Wie sehen Sie die kulturelle Entwicklung in Hinblick auf Interdisziplinarität?
Prieth:
Was mir an Innsbruck gut gefällt ist, dass in Anbetracht der geringen Größe doch relativ viel passiert – weil es viele engagierte Gruppen und Einzelpersonen gibt. Im Kulturbereich passiert auch viel übergreifend: Man kann auf eine Ausstellung gehen und da findet man Leute aus dem Uni-Kontext, aus der Subkultur, Kunstschaffende und so weiter. Also da sind die Szenen schon vernetzt. Die Entwicklung in den letzten Jahren, vielleicht seit der Fluchtbewegung 2015 und jetzt noch mehr durch Corona, ist auch dahingehend, dass sich viel im kulturellen Bereich auch klarer politisch verortet oder politisch auftritt. Ich kann mir vorstellen, dass das so weitergeht. Aktuell gibt es ja einige demokratiegefährdende Gruppierungen innerhalb dieser Coronaskepsis, und das da Kulturschaffende ihre Stimme für die Demokratie einsetzen, zur Deeskalation, finde ich auch wichtig.

STADTBLATT: Wie sehen Sie das Verhältnis zwischen der sogenannten ernsten Kunst und Subkultur bzw. auch Volkskultur in Innsbruck?
Prieth:
Ich sehe Kultur sehr breit, ich bin im Vorstand der Tiroler Kulturinitiative und auch im Aufsichtsrat des Tiroler Landestheater. Für mich hat eine italienische Oper gleich viel Daseinsberechtigung wie ein elektronisches, zeitgenössisches Konzert. Da gibt es schon auch noch viel aufzuholen. In anderen Städten tut sich da teilweise mehr, bei den Wiener Festwochen z. B., bei uns vielleicht die „Klangspuren“. Dass sich auch einmal ein Publikum vermischen kann. Diese Schranken zwischen E und U (ernste Musik und Unterhaltungsmusik) aufzuweichen, da bleibt noch viel Vermittlungsarbeit. Ich bleib da positiv, dass sich das auch verbessern wird. Man muss sich halt noch ein paar Jährchen reinhängen.

David Prieth ist Geschäftsführer der p.m.k., Vorstandsmitglied der Tiroler Kulturinitiativen, der IG Kultur Österreich und Aufsichtsratsmitglied des Tiroler Landestheaters. | Foto: Prieth
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