Dowas
"Wir wollen strukturelle Ungleichheit durchbrechen"

Ann-Malin Schneider und Susanne Schwärzler leiten das Projekt „Housing First“.  | Foto: Rosa Schmitz
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Unter Frauen ist die verdeckte Wohnungslosigkeit häufig. Das neue Projekt des Vereins Dowas für Frauen „Housing First“, will dieser Realität entgegensteuern.

Dowas für Frauen ist ein Netz, das auffängt. "Wir leben in einer Gesellschaft mit vielen Normen. Manche Menschen erfüllen diese nicht. Dann braucht es externe Unterstützung, welche diese Menschen auffängt“, sagt Mitarbeiterin Susanne Schwärzler. Der Verein will weiblichen Lebenswelten Raum geben und fordert Frauenrechte ein. Im Vordergrund stehen Beratung, Begleitung, betreute Wohnmöglichkeiten und Unterstützung bei der Existenzsicherung für Frauen, die an der Veränderung ihrer Lebenssituation arbeiten wollen. Um das Angebot zu erweitern, wurde ein neues Projekt ins Leben gerufen: Housing First.

Das Projekt läuft seit Januar 2022 und ist zu 100 Prozent vom Land Tirol gefördert. "Wir sind das zweite Housing First für Frauen in Österreich, das erste in Tirol", sagt Schwärzler. Die Sozialarbeiterin und ihre Kollegin Ann-Malin Schneider (Psychologin) stehen an der Spitze. "Unser Ziel ist es, Frauen die Möglichkeit zu geben, runterzukommen. Einen eigenen Raum zu haben, zu dem sie die Tür schließen können. Etwas, das die meisten von uns für selbstverständlich halten", erklärt Schwärzler.

Für alleinstehende, volljährige Frauen

Das Angebot ist für alleinstehende, volljährige Frauen. Bei ihnen ist die verdeckte Wohnungslosigkeit häufig. Sie schlafen oft beim Partner, einem Ex-Freund, einer Freundin oder bei den Eltern. Das wechselt oft und passiert häufig über einen relativ langen Zeitraum. Grund dafür sind vor allem strukturelle Probleme in der patriarchalen Gesellschaft. „Die gilt es zu verändern. Wir wollen den Kreis brechen", sagt Schneider. 

Insgesamt stehen in der Stadt Innsbruck 5 Wohnung zur Verfügung. Sie sollen leistbar, dauerhaft und inklusiv sein. Die Warteliste dafür ist lang: Rund 30 Anfragen sind bereits eingegangen. Die Mitarbeiterinnen hatten ein langes Gespräch darüber, wie mit dem Zustrom umzugehen sei. "Schlussendlich haben wir uns entschieden, die Anfragen chronologisch zu bearbeiten", sagt Schneider. Zwar würden sie anderen Vorgehensweisen kennen. Aber aus Erfahrung sei das so der fairste Weg. "Alles andere ist unsere Meinung nach einfach zu subjektiv", erklärt Schwärzler. "Es fühlt sich richtiger an, nicht beurteilen zu müssen, wer die Wohnung mehr braucht, wessen Situation schlimmer ist." Auch setzen Schneider und Schwärzler ihr volles Vertrauen in die Fähigkeit aller Frauen, alleine zu leben.

Eine langfristig Bleibe

Diesen Sommer zieht die dritte Frau ein. Sie ist, sowie die anderen, über eine externe Institution zu Dowas für Frauen gekommen. "Meist erreichen uns seitens der Frauen Anfragen aus Frauenhäusern, Ambulanten Betreuungseinrichtungen/-angeboten und Sozialpsychiatrischen Einrichtungen, die selbst keine dauerhaften Lösungen bieten können", sagt Schneider. Für deren Unterstützung gibt es bei Housing First kein Ablaufdatum. „Kern von Housing First ist, dass die Frauen langfristig in den Wohnungen bleiben", sagt Schwärzler. Miete zahlen sie selbst – entweder durch ein Einkommen aus Erwerbsarbeit, eine Alterspension oder finanzielle Unterstützung vom Staat, zum Beispiel Invaliden-Rente. Aber bei der Kaution und Möbelierung der Wohnung wird ihnen unter die Arme gegriffen. Sofern nötig. 

Bei Dowas für Frauen verläuft alles ohne Druck und Zwang. "Unsere Unterstützung ist würdewährend und sehr individualisiert – wir passen uns den Bedürfnissen der Frauen an", sagt Schwärzler. Das Ganze startet mit einem "Infogespräch". Tiefer geht es erst in der Begleitung. "Wir brauchen fürs Erste einfach eine Einschätzung der Lebenssituation", sagt Schneider. Wie lang es danach dauert, bis eine Frau in eine Wohnung einziehen kann, ist unterschiedlich. Allerdings sicher einige Wochen oder sogar Monate. Aber Schneider und Schwärzler sind den Frauen gegenüber durchgehend transparent über alle Teile des Prozesses, so dass sie aktive Teilnehmerinnen sind: “Schliesslich sind sie die Expertinnen ihres eigenen Lebens“, sage sie.

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