Frei im Theater: The Room
Getanzte Allegorie auf das Leben

- "The Room", von dem Caroline Finn in ihrem gleichnamigen Tanzstück erzählt, macht nahezu alle seine Bewohner:innen irgendwann zu Diener:innen des Systems.
- Foto: Birgit Gufler
- hochgeladen von Christine Frei
Räume sind ein Stück weit unser Schicksal und zuweilen wohl auch unser Verhängnis. Wir werden in sie hineingeboren, hinein- oder abgeschoben. Auf Wohnungssuche und unter prekären Lebensumständen landet man zuweilen in veritablen Bruchbuden. Doch mitunter verwandeln sich selbst Kellerverliese wie von Zauberhand in einen vermeintlichen Wohnraum, wobei sich die ursprüngliche DNA dieses letztlich unwirtlichen, alles und jeden nivellierenden Lebensraumes irgendwann wieder über deren Bewohner:innen und Gäst:innen drüberzustülpen scheint.
Allegorie auf das menschliche Leben
Was uns Caroline Finn in ihrem am 7. Dezember 2024 in den Kammerspielen uraufgeführten Tanzstück „The Room“ zeigt, das ist nichts weniger als eine Allegorie auf das Mysterium des menschlichen Lebens, das uns als Solitär in die Welt presst und uns dabei Stück für Stück die jeweils gültigen oder opportunen Spielregeln aufdrängt. Man muss die vielen alptraumartigen Sequenzen, die sie dafür entwickelte, nicht sofort verstehen – besonders eindrücklich ist gleich zu Beginn die torkelnde Frau im roten Abendkleid, die ihren zweiten Stiefel über der Hand trägt – um doch sofort zu wissen, wie es sich für uns Menschen anfühlt, an einem bedrohlich falschen Ort gelandet zu sein, von dem man nur noch flüchten möchte, es aber zuweilen nicht mehr zum richtigen Zeitpunkt schafft. Sodass man wie im altbekannten grausamen Kinderspiel „Reise nach Jerusalem“ sprichwörtlich ausgeschieden wird.
Inspiriert von Pinter und Greenaway
Während sich Finn beim Titel des Tanzabends ganz klar auf das erste Stück ihres Landsmannes Harold Pinter bezieht, verweisen einzelne szenische Tableaus wie nicht zuletzt Michael Nymans zwischen Fatalismus und spiritueller Erlösung changierende Musik unverkennbar auf Peter Greenaways Meisterwerk „Der Koch, der Dieb, seine Frau und ihr Liebhaber“. Mit welch luzider Selbstverständlichkeit Finn die inhaltlichen und bildnerischen Impulse ihrer beiden Landsmänner aufgreift und daraus etwas originär Eigenständiges kreiert, ist schlichtweg atemberaubend. Ganz große Kunst, die weit über einen Tanzabend hinausreicht. Allein schon die exquisite Musikliste, die Sounddesigner Peter Teszas zu einem grandiosen Ganzen verwebte, formt einen grandiosen dramaturgischen Spannungsbogen.
Tänzerisch eine Klasse für sich
Für Bühne und Kostüme setzte man auf die hauseigene, einmal mehr kongeniale Kreativpower von Ausstattungsleiter Michael D. Zimmermann und der Leiterin der Kostümwerkstätten Andrea Kuprian: Sie schufen trotz der stückimmanenten Düsternis ein gleichwohl hochästhetisches szenisches Setup. Tänzerisch ist „The Room“ ohnedies eine Klasse für sich. Finn übersetzt das irrlichternde Getriebensein in flirrende Gruppen- und Einzelsequenzen, die einen von der ersten Sekunde weg in den Bann schlagen, weil man sich in diesen zitternd-verstörten, furios aus dem Ruder laufenden Körpern emotional sofort wieder erkennt.





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