Bildungsdirektor
Robert Klinglmair spricht über seine berufliche Vision

Bildungsdirektor Robert Klinglmair geht, weil er in seiner neuen Funktion mehr für Schüler bewirken kann | Foto: LPD/Helge Bauer
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Noch-Bildungsdirektor Robert Klinglmair im Abschieds-Interview über Erfolge, Widerstand und was er in seiner neuen Funktion beim IQS bewirken will.

WOCHE: Herr Klinglmair, Sie lieben die (berufliche) Herausforderung. Ist die Bildungsdirektion keine Herausforderung mehr für Sie?
Robert Klinglmair: Die Bildungsdirektion war und wird auch eine große Herausforderung bleiben. Aber bildungspolitisch kann ich in dem neuen Institut – dem Institut für Qualitätsentwicklung im Österreichischen Schulwesen (IQS) – mehr bewirken. Denn eines muss ich klarstellen: Jobangebote hat es in den vergangenen Jahren einige gegeben. Aber keines davon war so interessant, dass es sich gelohnt hätte, die Funktion als Bildungsdirektor abzugeben. Es ist ja auch quasi mein "Baby", ich habe schon fünf Monate bevor die Bildungsdirektion offiziell gegründet worden ist, das Projekt übernommen. So einfach ist es also nicht für mich, diese Funktion abzulegen. 

Wie haben Ihre Eltern auf Ihren überraschenden Wechsel reagiert?
Meine Mutter sagte ‚Das passt einfach zu dir!‘ und erzählte mir von einem Ereignis aus der 2. Klasse Volksschule. Da bin ich Mitten im Unterricht aufgestanden und habe gesagt: ‚Ich kann das alles schon. Ich gehe jetzt zu meinen Eltern nach Hause und wenn ihr was Neues lernt, ruft mich an!‘

Auf welche Erfolge als Bildungsdirektor blicken Sie stolz zurück?
Die Einrichtung der Bildungsdirektion ist schon ein großer Erfolg gewesen. Mittlerweile ist auch schon die Innenrevision in ganz Österreich über die Bühne gegangen und von da haben wir einen guten Bericht bekommen. Wir waren – oder sind – bei vielen Dingen vorne: Wir haben als Erste aufgezeigt, wie man erfolgreich einen Schulcluster errichtet, wie wir die Kosten-Leistungs-Rechnung pilotieren, wir sind als Erster mit der neuen Webseite online gegangen und haben das Projekt „Get your teacher“ flächendeckend eingesetzt. Weiters konnten wir den Lehrüberhang von 355 auf 278 deutlich senken. Und wir konnten dank des Einsatzes von administrativen Unterstützungspersonal den Pflichtschulleitern wieder jene Funktion zuteilen, für die sie eigentlich gedacht sind.

Das alles haben Sie geschafft trotz großen Widerstands?
Natürlich gibt es immer Vorbehalte, wenn man etwas einsparen muss. Aber wir haben das alles umgesetzt, weil es letztlich darum geht, die Ressourcen besser – sprich effektiver und treffsicherer – einzusetzen und das ist uns gut gelungen; dieser Prozess soll konsequent fortgesetzt werden.

"Die Bildungsdirektion ist mein Baby, das lasse ich nicht leichtfertig hinter mir", so Robert Klinglmair | Foto: LPD/Helge Bauer
  • "Die Bildungsdirektion ist mein Baby, das lasse ich nicht leichtfertig hinter mir", so Robert Klinglmair
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Diese ganzen Veränderungen mögen ja intern große Spuren hinterlassen haben. Für Außenstehende – etwa Elternteile – aber sind diese nicht sichtbar. So lauten auch viele Kommentare zu Ihrem Abschied 'Gut so, er hat eh nicht viel getan!'. Was reagieren Sie darauf?
Ich lese keine Kommentare. Das ist so wie beim Fußball – es gibt sechs Millionen Teamchefs und alle wissen es besser. Fakt ist aber, und das muss ich zugeben: Es hat Kommunikationsdefizite gegeben. Die Bildungsdirektion ist nicht die Bildungsreform, sie ist Teil eines auf zehn Jahre angelegten Prozesses. Da kann es nicht innerhalb von zwei Jahren Ergebnisse geben. Die Verwaltung war ein Kernstück der Reform. Auch die Schulen können das große Ganze zum Teil noch nicht fassen, weil sie die Veränderungen immer nur in Häppchen serviert bekommen. Daher habe ich es mir im vergangenen Jahr zur Aufgabe gemacht, angehende Schulleiter im Rahmen eines Hochschullehrgangs persönlich über das große Ziel – das Gesamtbild – in Kenntnis zu setzen und die Rückmeldungen sind durchwegs positiv.

Was wird Ihre Aufgabe beim IQS sein?
Das Vorgängerinstitut (das Bifie) hatte die Aufgabe, alle Leistungsstudien (wie etwa PISA) durchzuführen und auszuwerten. Bloß hat man mit den präsentierten Zahlen nichts mehr gemacht. Wir wussten, in was die Schüler gut, wo Bedarf besteht und das war’s dann. Ich mache es mir zur Aufgabe, diese Ergebnisse zu nutzen, um erforderliche Maßnahmen daraus abzuleiten. Sprich, wir wissen dank der künftigen Tests (die teilweise nicht mehr das System, sondern das Individuum testen werden), wo die Stärken und wo die Schwächen bei welchen Kindern & Jugendlichen liegen und welche Unterstützung sie brauchen. So sollen dann unter anderem der Unterschied zwischen der bildungsfernen Schicht und den Akademikerhaushalten verringert sowie die Chancen- und Geschlechtergerechtigkeit verbessert werden. Dazu wird auch die Vernetzung der Bildungsforschung dringend notwendig sein. Wir haben wirklich sehr gute Leute in dem Bereich, aber derzeit fehlen die Synergieeeffekte für die Schule.

Sie könnten jetzt eigentlich die Füße hochlegen, sich erholen und geistig auf die neue Funktion einstellen. Tun Sie aber nicht, sondern bleiben „bis zum Schluss“. Wieso?
Es war mein Wunsch bis zum Ende des Schuljahres zu bleiben. Wir haben eine Krise und in den kommenden zwei Monaten ist noch Einiges zu tun. Ich lasse das jetzt nicht alles einfach liegen.

Apropos Krise: Mitten in einer solchen wurde ja kürzlich auch der Präsidialleiter ausgewechselt…
Stefan Primosch ist ein Top-Mann, keine Frage, aber es gilt sich in die Komplexität des Bildungssystems einzuarbeiten. Immerhin hat sein Vorgänger Peter Wieser rund 20 Jahre Erfahrung, er hat die Gründung der Bildungsdirektion und das Krisenmanagement in der Pandemie mitgestaltet.

Zum Abschied sagen Sie...
Vielen Dank für die großartige Chance, die ich erhalten habe, die Bildungsdirektion und -reform (mit)gestalten zu dürfen. Wir haben trotz der Krise viel weitergebracht, haben uns einen Namen in Wien gemacht, sind in vielen Sachen Vorreiter und durften viel mitwirken. Ich hoffe, dass ich auch in meiner neuen Funktion viel zur Weiterentwicklung des Schulsystems beitragen darf.

Bildungsdirektor Robert Klinglmair geht, weil er in seiner neuen Funktion mehr für Schüler bewirken kann | Foto: LPD/Helge Bauer
"Die Bildungsdirektion ist mein Baby, das lasse ich nicht leichtfertig hinter mir", so Robert Klinglmair | Foto: LPD/Helge Bauer

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