Portrait Gertraud Weghuber

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MOLLN (wey). Lesen gehört seit meiner Kindheit zu meinen Lieblingsbeschäftigungen.
Wie sehr habe ich mich gefreut, wenn ich zum Geburtstag oder zu Weihnachten ein Buch geschenkt bekam. In ganz kurzer Zeit hatte ich es das erste Mal gelesen, dem folgte ein zweites, ja ein drittes Mal. Dann musste ich wieder geduldig auf ein neues Buch warten, bis ich wieder Geburtstag hatte oder Weihnachten kam.
In der Zwischenzeit holte ich meine alten Bücher hervor, ich liebte sie alle! Nachts, mit der Laschenlampe unter der Bettdecke, tauchte ich ein in die Welt der Sagen. Ich identifizierte mich mit den Personen in Mädchenbüchern, unternahm Phantasiereisen, es wurde niemals langweilig!
Viele Jahre später erfreuten sich meine Kinder an meiner Begeisterung fürs Lesen. Ich las ihnen vor, solange sie noch nicht selbst lesen konnten, wir erweckten die Figuren zum Leben, indem wir Gedanken weiter spannen, zeichneten und bastelten. Zum Fernsehen, das wir nie vermissten, blieb wenig Zeit. Heute wiederholt sich das, denn nun lese ich mit großer Freude meinen 4 Enkelkindern vor.

Eine meiner Lieblingsschriftstellerinnen ist Marlen Haushofer. Aus Frauenstein/OÖ. stammend, leider allzu früh verstorben, geriet ihr Werk in Gefahr, vergessen zu werden.
Schon vor mehr als 35 Jahren stieß ich auf ihren Roman „Die Wand“. Ich hatte mich im Rahmen einer Facharbeit für meine Lehramtsprüfung Deutsch mit der Kinderliteratur Marlen Haushofers beschäftigt, nahe liegend war dann, auch ihre Romane für Erwachsene kennen zu lernen. „Die Wand“ faszinierte mich so sehr, dass ich das Buch an zwei langen Abenden las. Das Schicksal wollte es, dass ich (Linzerin) den Mann kennen lernte (und kukrz darauf heiratete), der in der Heimatgemeinde Marlen Haushofers lebte. So kam ich nach Molln, wo ich mich bald auf die Spuren der großen Schriftstellerin machte. Als HS-Lehrerin und Schulbibliothekarin hatte das Lesen natürlich auch in meinem Unterricht einen hohen Stellenwert. Mit Begeisterung spielte ich mit meinen SchülerInnen Theater, unter anderem auch Szenen aus dem Kinderbuch „Müssen Tiere draußen bleiben“ von M.H..

Meine Kinder sind längst erwachsen, seit einigen Jahren bin ich in Pension, somit habe ich wieder mehr Zeit für mich, für unterschiedlichste Lektüre: Bücher, die mich entspannen; solche, die mich fordern; Bücher, die mir die Welt der Poesie eröffnen und solche, die Sehnsucht erwecken, neugierig machen. Bücher sind meine Begleiter zu Hause, aber auch treue Gefährten auf Reisen.

Meine Begeisterung für Literatur teile ich gerne mit anderen. Bewährt hat sich bereits meine literarische Wanderung „Auf den Spuren Marlen Haushofers“, bei der ich Interessierte – auch ohne literarische Vorkenntnisse – mit dem Werk Marlen Haushofers vertraut mache. In die Wanderung eingewoben ist der Besuch der Wallfahrtskirche Frauenstein mit der bekannten Schutzmantelmadonna von Meister Gregor Erhart (um 1510), einem Kunstwerk von europäischem Rang.
Das alte Schulgebäude, in welchem die Autorin bis zum 10. Lebensjahr die Schule besuchte, ist Ausgangspunkt der Wanderung. Auf dem Schulweg, der durch Wiesen und Weiden führt, laden einige Stationen ein, mehr über die Kindheit M.H. zu erfahren. Erinnerungen, festgehalten im Kindheitsroman „Himmel, der nirgendwo endet“, machen die Kindheit der Schriftstellerin lebendig. Zudem gewinnt der Wanderer Einblick in das Leben der Menschen in diesem engen Tal, in dem von November bis März kein Sonnenstrahl Zugang findet.
Vorbei am ehemaligen Wohnhaus der Familie Frauendorfer – so der Mädchenname der Autorin -, gelangt man durch das immer enger werdende Tal, eingerahmt von steil aufragenden Bergrücken, auf einer stetig ansteigenden Forststraße zum Originalschauplatz von „Die Wand“.
Kein Ort eignet sich besser für eine Lesung aus diesem Roman als jener freie Platz vor dem Jagdhaus, ein Ort, der dem Leser die große Einsamkeit der Protagonistin vor Augen führt:

„Durch die Wand wurde ich gezwungen, ein ganz neues Leben zu beginnen, aber was mich wirklich berührt, ist immer noch das gleiche wie früher: Geburt, Tod, die Jahreszeiten, Wachstum und Verfall.
Die Wand ist ein Ding, das weder tot noch lebendig ist, sie geht mich in Wahrheit nichts an, und deshalb träume ich nicht von ihr.“
Beim Zurückwandern kann man es kaum erwarten, aus der Schlucht – wie im Roman beschrieben – heraus zu treten, um bis zu der fiktiven Wand zu gelangen. Spätestens hier beginnen Diskussionen mit „was wäre, wenn…“.

Ja, was wäre, wenn… Das werden sich ganz bestimmt alle BesucherInnen der Verfilmung des Romans „Die Wand“ fragen. Regisseur Julian Pölsler ist ein sehr sensibler Film gelungen, indem er sich ganz nah an die Romanvorlage hielt. Die großartige Schauspielerin Martina Gedeck verkörpert die namenlose Frau ohne Worte, der Text kommt aus dem Off.

Ganz sicher lohnend ist es für Literaturbeflissene unter den Wanderern, sich mit Marlen Haushofer auf einer literarischen Wanderung zu beschäftigen.
Kein Geringerer als J.W. v. Goethe meinte: „Wer den Dichter will verstehen, muss in Dichters Lande gehen.“

Anmeldungen zu Lesungen oder einer literarischen Wanderung auf Anfrage:
gertraud.weghuber@webspeed.at

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