"Über uns wird drübergefahren"
Rund um die geplante Errichtung der 110-kV-Stromleitung zwischen Kirchdorf und Vorchdorf wird der Ton (noch) rauer.
INZERSDORF, BEZIRK (wey). Entgegen der Ankündigung, dass im Zuge der geplanten 110-kV-Stromleitungstrasse keine Enteignungen stattfinden, müssen mittlerweile sieben Inzersdorfer Landwirte das Gegenteil feststellen. Einer der Betroffenen ist Franz Tretter aus Lauterbach. Am 7. April 2014 bekam er ein Schriftstück der Netz OÖ GmbH - einem Unternehmen der Energie AG - zugestellt, in dem ihm ein "letztmaliges Entschädigungsangebot" unterbreitet wurde. Nachdem er darauf nicht reagierte und mit ihm somit keine "einvernehmliche Lösung" zu erzielen war, flatterte ihm am 24. Juli ein weiterer Brief ins Haus - diesmal vom Bezirksgericht. Darin steht kurz und bündig, dass die "Einleitung des Enteignungsverfahrens gemäß Paragraph 19 Abs 2 des OÖ Starkstromgesetzes" bewilligt wird.
"Wir Grundeigentümer haben keine Parteistellung. Über uns wird einfach drübergefahren. Im Grundbuch ist ein Veräußerungs- und Belastungsverbot eingetragen. Mit meinem Vater als eigentlichem Besitzer hat bisher aber noch niemand gesprochen. Ich selbst darf gar nichts unterschreiben." Tretter hofft nun darauf, dass es sich um eine "Einschüchterungstaktik" handelt und es bei der Drohung bleibt.
"Es geht immer nur um die Kosten"
"Im Jahr 2014 sollte man doch davon ausgehen, dass es gewisse demokratische Rechte gibt. Es gibt aber offensichtlich immer noch diktatorische Ansätze. Es geht immer nur um die Kosten - egal, was das für die Menschen und die Landschaft bedeutet", ärgert sich Inzersdorfs Gemeindevorstand Rudolf Diensthuber.
"Ging nie um Enteignung"
"Es ging immer um die `Einräumung einer Dienstbarkeit´ und niemals um eine `Enteignung´", erklärt Pressesprecher Michael Frostel von der Energie AG. "Herr Tretter ist einer jener Grundeigentümer, mit denen im Vorfeld trotz mehrfacher Angebote kein Einvernehmen hergestellt werden konnte. Daher wurde bei der Behörde der Antrag auf Zwangseinräumung einer Dienstbarkeit gestellt. Es geht darum, dass die Leitung über das Grundstück geführt und gegebenenfalls ein oder mehrere Masten errichtet werden dürfen. Auch das Betreten des Grundstückes zu Wartungs- und Montagezwecken muss gestattet sein."
Ergänzungen von Michael Praschma, 110-kv-ade:
"Wir gehen davon aus, dass mindestens 50 Grundeigentümerparteien definitiv die Errichtung der Leitung auf ihrem Grund nicht freiwillig zulassen. Die Behörde hat uns bisher über 36 Enteignungsanträge der Energie AG informiert.
Diejenigen Grundeigentümer, die im Laufe dieses Jahres doch eine Zustimmung erteilt haben, sind aber keinesfalls als Leitungsbefürworter zu betrachten. Vielmehr liegen uns vielfache Aussagen darüber vor, dass diese Zustimmungen mit massivsten Druckmitteln erwirkt worden sind. Daher haben auch bisher drei Grundeigentümer ihre Zustimmung widerrufen."
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.