Arbeiterkammer Kirchdorf
1,5 Millionen Euro erkämpft

AK-Bezirksstelle Kirchdorf | Foto: Abeiterkammer OÖ
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Die telefonische und E-Mail-Beratung ist im Krisenjahr 2020 in der Arbeiterkammer Kirchdorf deutlich gestiegen.

KIRCHDORF. Die Covid-19-Krise schlägt sich auch in der Bilanz der AK Kirchdorf über das Jahr 2020 nieder: Die Sorgen, Ängste und Probleme der Beschäftigten im Bezirk führten zu einer Steigerung der telefonischen Beratungen um mehr als 50 Prozent. Die Beratungen per E-Mail haben sich mehr als verdoppelt. Insgesamt suchten 5.601 Arbeitnehmer Rat und Hilfe. „Die Pandemie hat auch der Region Kirchdorf eine Ausnahmesituation beschert. Die Menschen hatten so viele Fragen wie nie zuvor. Es ging vor allem um Unklarheiten bei der Entlohnung, Pension, Kündigungen, Kurzarbeit, Sicherheitsvorkehrungen, Kinderbetreuung, Home-Office und Auslandsurlaube“, sagt AK-Vizepräsidentin Elfriede Schober. Insgesamt hat die AK im Bezirk Kirchdorf 2020 1,5 Millionen Euro für die AK-Mitglieder hereingeholt.

Telefone liefen heiß

Die weltweite Krise forderte die Arbeitnehmer auch im Bezirk Kirchdorf so stark wie noch nie: Zu den traditionell häufigen Anfragen rund um die Beendigung von Arbeitsverhältnissen, zum Entgelt und zu Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension kamen neue Themen hinzu. Hannes Stockhammer, Bezirksstellenleiter der AK Kirchdorf: „Corona hat natürlich auch uns in der AK Kirchdorf enorm gefordert. Die Menschen haben uns gebraucht, wie nie zuvor. Gerade auch aus dem Tourismus gab es viele ratsuchende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Darüber hinaus herrschte viel Unsicherheit zu Themen wie Entlohnung während der Kurzarbeit, Home-Office, Urlaubs- und Zeitausgleichsanordnungen, Risikogruppen und wer aller dazu zählt, Kinderbetreuung in Zeiten geschlossener Schulen und Kindergärten und vieles mehr. Wir konnten hier massiv dazu beitragen, die erste Verunsicherung zu nehmen und sind den Menschen zur Seite gestanden.“

Durch außergerichtliche Interventionen haben die Kirchdorfer AK-Experten im letzten Jahr 32.079 Euro hereingebracht. Durch Rechtsvertretung vor dem Arbeitsgericht mussten 137.956 Euro erkämpft werden. Insgesamt hat die AK Kirchdorf 53 Fälle zu Arbeitsrechtsfragen gerichtlich oder außergerichtlich abgeschlossen und 170.035 Euro erkämpft. Im Fall mit dem größten Streitwert erreichte die AK eine Nachzahlung von 47.139 Euro. Aber auch bei kleinen Summen kämpft die AK konsequent um die berechtigten Ansprüche ihrer Mitglieder. In einem Fall musste die AK wegen offener 72 Euro vor Gericht gehen. Mit Erfolg.
In Sozialrechtsangelegenheiten (Pensionen, Renten, Pflegegeld) erstritt die AK Kirchdorf im vergangenen Jahr in 87 Fällen insgesamt 1,065.233 Euro. Zusätzlich wurden 2020 für Arbeitnehmer/-innen aus insolventen Betrieben 246.815 Euro durchgesetzt. In Summe erreichte die AK Kirchdorf im Vorjahr an arbeits- und sozialrechtlichen Ansprüchen sowie an Forderungen nach Insolvenzen für ihre Mitglieder Zahlungen von insgesamt 1,482.083 Euro.

Fleischer unter Kollektivvertrag entlohnt

Zwei Jahre lang war ein Mann aus dem Bezirk Kirchdorf als gelernter Fleischer in einem oberösterreichischen Fleischwaren-Betrieb beschäftigt. Als ihn der Arbeitgeber kündigte, kam der Mann zur AK Kirchdorf, um sich seine Endabrechnung kontrollieren zu lassen. Die Experten stellten fest, dass dem gelernten Fleischer ein höherer Bruttostundenlohn zugestanden wäre – er wurde unter dem im Kollektivvertrag geregelten Lohn bezahlt. Weiters stellte sich heraus, dass der Beschäftigte täglich um drei Uhr früh zu arbeiten begann, einstempeln durfte er aber erst um fünf Uhr. Die geleisteten Nachtarbeitsüberstunden wurden ihm nie bezahlt. Auch andere Überstunden sind nie verrechnet worden.
Die AK Kirchdorf übernahm die Vertretung und forderte das ausstehende Geld beim ehemaligen Arbeitgeber ein. Die Firma weigerte sich allerdings, zu zahlen. Laut ihrer Darstellung habe der Mann alle geleisteten Stunden auch bezahlt bekommen und darüber hinaus hätte ihm die Firma auch Lebensmittel, Wäsche und eine günstige Dienstwohnung zur Verfügung gestellt. Der Mann gab an, dass diese Angaben der Firma nicht stimmten. Er habe keine gratis Verpflegung bekommen und die angebliche Dienstwohnung wäre eine Unterkunft gewesen, die er sich mit einem Kollegen geteilt habe, mit einem Bett auf dem Gang.
Da ein Teil der Ansprüche des Arbeitnehmers schon verfallen waren, strebte die AK Kirchdorf einen Vergleich ein. Die von der Firma zunächst gebotenen 1.000 Euro wurden nicht angenommen – die AK erreichte letztlich eine Vergleichssumme von 2.250 Euro.

AK verhalf Schwerkrankem zu Invaliditätspension
Ein 59-jähriger Mann suchte bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) um die Zuerkennung der Invaliditätspension an. Diese wurde ihm abgelehnt. Er wandte sich an die AK Kirchdorf.
Der Mann arbeitete zuletzt als Kundendienstmitarbeiter im Marketingbereich. Nach einem Schlaganfall litt er unter schweren gesundheitlichen Problemen: Schwindel, Kopfschmerzen, schwere Migräne, chronischer Tinnitus und Depressionen. Er war nicht mehr in der Lage, einer geregelten Arbeit nachzugehen.
Die PVA lehnte den Antrag des Mannes auf Invaliditätspension ab, weil aus ihrer Sicht keine Invalidität vorliege. Die Arbeiterkammer klagte gegen diesen Bescheid beim Arbeits- und Sozialgericht und legte der Klage ein umfassendes medizinisches Gutachten bei. Das Gericht folgte dieser Klage und gab der AK recht. Dem Mann wurde die Invaliditätspension schließlich rückwirkend ab dem Datum der ersten Antragstellung zuerkannt.

Rekordzahlen auch für ganz Oberösterreich
Noch nie suchten so viele Menschen Rat und Hilfe bei den Servicestellen der AK Oberösterreich wie im Jahr 2020. „Die Zahl der Anfragen erreichte eine Rekordhöhe: Rund 375.000 Anfragen bearbeiteten die AK-Expertinnen und -Experten“, so die AK-Vizepräsidentin.
Durch Lockdown und Corona-Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz waren persönliche Beratungen nur mehr eingeschränkt möglich. Ihr Anteil sank übers Jahr gerechnet um 28 Prozent auf rund 45.000. Das tat der Beratungsqualität jedoch keinen Abbruch. Denn umso mehr wurden Telefon und Internet als Instrumente der Fragebeantwortung genutzt. So stieg die Zahl der Mail-Anfragen um 71 Prozent auf mehr als 50.000. Die meisten Anfragen erfolgten per Telefon. Fast 280.000 mal griffen die AK-Mitglieder zum Hörer, um sich Rat zu holen. Das entspricht einem Anteil an den Gesamtberatungen von 74,6 Prozent (+ 20 Prozent).

Trotz der Ausnahmesituation kam die „klassische“ Rechtsberatung nicht zu kurz. Insgesamt konnte die AK Oberösterreich 2020 für ihre Mitglieder 119,7 Millionen Euro erkämpfen. Geld, das den Betroffenen eigentlich zugestanden wäre, das sie aber erst mit Hilfe der Arbeiterkammer bekommen haben: darunter vorenthaltene Löhne, unbezahlte Überstunden oder fehlende Kündigungsentschädigungen. Der Großteil – rund 56,2 Millionen Euro – entfiel auf das Sozialrecht. Ein weiterer großer Anteil – nämlich 46,4 Millionen Euro – wurde in Insolvenzverfahren für die von Firmenpleiten betroffenen Beschäftigten erkämpft. Und in Arbeitsrechtsangelegenheiten holte die AK 13,8 Millionen Euro herein, rund zwei Millionen mehr als im Vorjahr. Der Rest des Gesamtbetrags entfällt auf Interventionen in Konsumentenschutzangelegenheiten und auf die Lohnsteuerberatung.

Schutz für Schwangere

Die AK Oberösterreich hatte schon während des ersten Lockdowns im März ein präventives Beschäftigungsverbot für Schwangere während der Corona Krise gefordert. Mit einer neuen Regelung sind nun viele schwangere Beschäftigte in der Pflege, in der mobilen Pflege, in Krankenhäusern, in Kinderbetreuungseinrichtungen und anderen Bereichen mit direktem Körperkontakt zu anderen Personen (Friseurinnen, Physiotherapeutinnen, Kosmetikerinnen, Masseurinnen) besser geschützt. Wenn eine Änderung der Arbeitsbedingungen (kein Körperkontakt, Mindestabstand von zwei Metern) oder die Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz (etwa Home-Office) nicht möglich ist, dann hat die Arbeitnehmerin einen Anspruch auf Freistellung unter Fortzahlung des bisherigen Entgelts. Wird die Freistellung in Anspruch genommen, haben Arbeitgeber einen Anspruch auf Ersatz des Entgelts.

Regelung für Home-Office
Die Arbeit im Home-Office hat durch die Corona-bedingten Lockdowns eine unglaubliche Dynamik erfahren. Nutzten vor Beginn der Pandemie nur rund fünf Prozent der Arbeitnehmer in Österreich Home-Office, arbeiteten laut einer IFES-Erhebung im April und im Oktober 2020 bereits rund 40 Prozent der Beschäftigten von Zuhause aus. Nach mehrmonatigen Verhandlungen haben sich Sozialpartner und Bundesregierung Ende Jänner auf eine Home-Office-Regelung geeinigt.
Die neuen Regeln stellen klar, dass der Arbeitgeber Arbeitsmittel wie Laptop, Handy und auch WLAN bereitstellen oder einen Kostenersatz zahlen muss. Die Abschreibung von Kosten für Anschaffungen und die Steuerfreiheit für Zuschüsse vom Arbeitgeber sorgen dafür, dass Betroffene einen finanziellen Ausgleich bekommen. Zudem ist nunmehr das wichtige Thema Unfallversicherung geregelt. Das betrifft auch Wegunfälle vom Home-Office in die Arbeitsstätte, zu einem Arzttermin oder wenn man die Kinder in den Kindergarten bringt.

AK-Bezirksstelle Kirchdorf | Foto: Abeiterkammer OÖ
AK-Bezirksstellenleiter Hannes Stockhammer | Foto: AK/Wimmer

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