Geplante Erweiterung Skigebiet Hinterstoder
"Wir nehmen die Kritik an der Lift-Erweiterung ernst"

Foto: Jeffrey van daele/Fotolia

Schon seit Jahren ist die Anbindung von Vorderstoder an das Skigebiet Hinterstoder-Höss ein Thema. Vor kurzem wurde der Planentwurf für die Einleitung zur Umwidmung an das Land Oberösterreich geschickt, das diesen prüfen soll.

HINTERSTODER, VORDERSTODER. Die Gegner des Projekts wollen ein "Konzept für einen zukunftsfähigen Ganzjahres-Tourismus anstatt weiterer Pläne zur Naturzerstörung". Unter anderem fordert die Bürgerinitiative "lebenswertes Vorderstoder" von der oö. Landesregierung, dem Projekt eine endgültige Absage zu erteilen. Bereits rund 10.000 Menschen haben die entsprechende Petition der Bürgerinitiative unterzeichnet.

"Realitätsverweigerung"

Die Grüne Naturschutzsprecherin Maria Buchmayr spricht im Zusammenhang mit den Ausbauplänen von "Realitätsverweigerung". „Mit großer Sorge verfolgen wir alljährlich, wie der Klimawandel unseren Gletschern zusetzt. Es besteht die reale Gefahr, dass der Dachsteingletscher noch innerhalb unserer Generation verschwindet. Wer angesichts dieser klaren Belege für das rasche Fortschreiten der Klimaerwärmung unbeirrt Pläne für Skigebietserweiterungen verfolgt, muss sich zu Recht den Vorwurf der Realitätsverweigerung gefallen lassen“, reagiert sie auf die Ausbaupläne zwischen Vorderstoder und Hinterstoder.
„Neue Skipisten und Lifte in einer Höhenlage von 800 bis 1.100 Metern sind mit Sicherheit keine Investitionen in die Zukunft“, bringt es Maria Buchmayr auf den Punkt und verweist auf die mit Schneearmut verbundene Notwendigkeit einer permanenten künstlichen Beschneiung. Das würde einen massiven Eingriff in den sensiblen Wasserhaushalt der Region darstellen und auch hohe Energie- und Investitionskosten bedeuten. Zudem würde die angedachte Rodung von 43 Hektar Wald die landschaftliche Einzigartigkeit des Stodertals massiv verändern. „Wir Grüne sind wie auch die Naturschutzorganisationen zutiefst überzeugt, dass erfolgreicher Tourismus in Oberösterreich auch ohne Beton und Naturzerstörung gelingen kann. Die Attraktivität der Pyhrn-Priel-Region ist ihre unberührte Landschaft, in der man Ruhe und Entschleunigung, weitab von Massentourismus, erfahren kann.

"Stodertal muss Naturjuwel bleiben"

Auch für die Vorsitzende der Naturfreunde OÖ und Dritte Landtagspräsidentin, Gerda Weichsler-Hauer, ist klar: „Das Stodertal muss als Naturjuwel ein Tourismusmagnet bleiben und darf nicht durch eine Skigebietserweiterung zerstört werden. Gerade weil der Tourismus im Stodertal so wichtig ist, gilt es auf nachhaltige Investitionen zu setzen, die Menschen ganzjährig in Stodertal ziehen und nicht nur in den immer kürzer werdenden Wintermonaten." Auf die globale Erderwärmung blickend, ist für Weichsler-Hauer ist klar: „Ein schönes Stück Natur darf nicht zugunsten von Skiliften zerstört werden, die vielleicht in wenigen Jahren Skiliftruinen sind“. Ein ganzjähriger, nachhaltiger Tourismus ist nicht nur für die Umwelt, sondern auch für die lokale Wirtschaft sinnvoll: „Wenn 80 Prozent der Bevölkerung vom Tourismus leben, muss man langfristig denken, um Arbeitsplätze in der Region zu sichern und zu schaffen. Das Stodertal ist nicht nur im Winter einen Besuch wert."

Begleitmaßnahmen nötig

Ein "Ja" zur Skigebietserweiterung gibt es von LAbg. Michael Gruber (FPÖ), "aber nur im Einklang mit Begleitmaßnahmen". Er präzisiert: "Selbstverständlich erkenne ich den Mehrwert einer Anbindung von Vorderstoder an das bestehende Skigebiet Hinterstoder an – wohl wissend, dass die klimatische Entwicklung jeglichem Skigebiet in OÖ zusetzenwird. Nichtsdestotrotz ist aus meiner Sicht entscheidend, welche infrastrukturellen Maßnahmen, wie beispielsweise das Straßenmanagement, die Ortsbildgestaltung oder die zusätzlichen Parkflächen von und in Vorderstoder, begleitend und umweltschonend, also etwa unnötigen Flächenfraß hintanhaltend, umgesetzt werden. Die HIWU-Bergbahnen werden auch bei den zwingend notwendigen Begleitmaßnahmen ihren Beitrag leisten müssen."

Geplante Erweiterung aus Sicht des Tourismusverband Pyhrn-Priel

Die Vertreter des Tourismusverbandes Pyhrn-Priel sagen in einer Stellungnahme: "Als Urlaubsregion Pyhrn-Priel setzen wir auf einen ausnahmslos nachhaltigen sowie umweltverträglichen Tourismus und wollen unseren Gästen alpine Bergerlebnisse an 365 Tagen im Jahr bieten. Die für 2023 geplante und derzeit in Begutachtung befindliche Erweiterung des Bergbahnangebots im Stodertal kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.
Der vergangene Winter, den wir trotz vorzeitigem Saisonende mit einem Gästeplus von 11 Prozent abschließen konnten, beweist eindrucksvoll, dass wir auch bei steigenden Gästezahlen und Großevents wie dem Ski-Weltcup nicht Gefahr laufen, uns in Richtung Massentourismus zu entwickeln. Dagegen spricht allein schon die Struktur unserer zumeist kleinen bis mittelgroßen Beherbergungsbetriebe, die viel zum einzigartigen Charme beitragen und die unsere Region prägen. Dies wird sich auch künftig nicht ändern.
Darüber hinaus betrachten wir die drei geplanten Gondelbahnen, die über eine Gesamtlänge von 6,6 km (ausgehend von den ehemaligen Hackl-Liften über das Steyrsbergerreith bis zur Edtbauernalm) führen sollen, aber auch als Impuls für die Sommer- und Zwischensaison im Frühling und Herbst. In diesem Zusammenhang verweisen wir darauf, dass wir im vergangenen Jahr erstmals mehr Übernachtungen im Sommer als im Winter verbuchen konnten. 2020 wird sich dieser Trend noch weiter verstärken.
Die Urlaubsregion Pyhrn-Priel ist auf dem besten Weg, sich als attraktive Ganzjahresdestination zu positionieren. Dem gilt es auch mit neuen Angeboten für Wanderer und Mountainbiker gerecht zu werden. Die Auffahrt zur Steyrsbergerreith, als Ausgangspunkt für attraktive Bergtouren, entspricht genau dieser Angebotserweiterung. In diesem Zusammenhang ist auch auf die strategische Ausrichtung und konsequente Umsetzung des Masterplans 2020 und des fortführenden touristischen Konzepts 2025 zu verweisen. Sie wurden in Zusammenarbeit mit dem Freizeit- und Tourismusforscher Prof. Peter Zellmann für die kommenden Jahre erarbeitet und beinhalten eine Vielzahl von Maßnahmen, die darauf abzielen in der Region einen sanften Tourismus zu etablieren, von dem Einheimische und Gäste ebenso profitieren sollen wie die Umwelt.
Als Tourismusverband Pyhrn-Priel nehmen wir die an der geplanten Lifterweiterung geäußerte Kritik sehr ernst. Daher stehen wir mit Gegnern und Befürwortern gleichermaßen im konstruktiven Dialog. Unser Wunsch ist eine einvernehmliche Lösung, die, bei allenDifferenzen und Kompromissen, den Schutz unserer Natur zum gemeinsamen Ziel hat."

Studie soll Daten liefern

Klima-Landesrat Stefan Kaineder machte sich im Rahmen eines Lokalaugenscheins ein Bild von den geplanten Lifttrassen und dem Ausmaß des Eingriffes in die Natur. Außerdem nutzte Kaineder auch die Gelegenheit, um die Argumente der beiden Bürgermeister von Vorder- und Hinterstoder zu hören. Zankapfel an dem Projekt ist nicht nur der Eingriff in die Natur, sondern auch, ob das Projekt aufgrund des immer schneller voranschreitenden Klimawandels wirtschaftlich überhaupt noch sinnvoll sein kann. Aktuell beträgt der Temperaturanstieg seit Mitte des 19. Jahrhunderts mehr als 2 Grad Celsius. Die Wissenschaft geht von einer enormen Beschleunigung dieses Anstiegs bis 2050 um weitere zwei Grad Celsius aus. Daher wird der Winterniederschlag in mittleren und tiefen Lagen immer häufiger in Form von Regen fallen.
Klima-Landesrat Stefan Kaineder: „Wir müssen uns die Frage stellen, wie sinnvoll ein Skigebiet in einer Höhenlage zwischen 750 und 1200 Metern ist, wenn man bedenkt, dass die Klimaerwärmung weiter voranschreiten wird. Der geplanten Skischaukel in Vorderstoder würden rund 40 Hektar Wald zum Opfer fallen und ein bedeutender und wunderschöner Naturraum würde zerschnitten. Das heißt, es muss genau geprüft werden, ob man Steuergeld in eine Skigebietserweiterung in diesen Höhenlagen investieren soll. Daher habe ich eine aktuelle Studie mit den neuesten Daten zur Entwicklung der Winterniederschläge und Schneefallgrenze im betroffenen Gebiet in Auftrag gegeben.“

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