Interview
"Man muss die Leute aus der Komfortzone holen"

Mit Ende April hat Marije Moors das Ortsmarketing St. Johann verlassen. | Foto: PlaTo
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Marije Moors verließ mit Ende April den Führungsposten des Ortsmarketings St. Johann; Gespräch über die Entwicklung der Organisation, Herausforderungen und ihre berufliche Zukunft.

ST. JOHANN. Im Jahr 2008 startete Marije Moors ihre Karriere beim Ortsmarketing in St. Johann. Mit Ende April hat die gebürtige Niederländerin nach 15 Jahren den Hut genommen, um sich beruflich neu zu orientieren. Die BezirksBlätter sprachen mit der ehemaligen Geschäftsführerin, wie sie von Holland nach St. Johann gekommen ist, den Entwicklungsprozess des Ortsmarketings und die Herausforderungen, die dieser Beruf mit sich brachte.

Wie bist du beim Ortsmarketing St. Johann gelandet bzw. wie hat dein vorheriger beruflicher Werdegang ausgesehen?
"Studiert habe ich in Holland, danach war ich öfters im Ausland unterwegs. Nach einer Wintersaison in Österreich bin ich hier irgendwie 'hängen geblieben'. Ich habe eine Zeit lang bei einem Veranstaltungsunternehmen in Oberösterreich gearbeitet, dann bin ich wieder zurück nach Leogang gegangen. Im Anschluss habe ich mich beim Ortsmarketing St. Johann beworben. Ich hätte mir nie gedacht, dass ich als 'Ausländerin' dort eine Chance auf diesen Job habe."

Erzähle etwas über deine Anfangszeit beim Ortsmarketing St. Johann. Wie sah damals dort die Struktur aus und welchen Tätigkeitsbereichen widmete man sich vor 15 Jahren?
"Am Anfang war ich ganz alleine. Ich hab auch die Gründungsschritte einer GmbH übernommen. Das Büro war damals noch in der Gemeinde eingerichtet. Gemeinsam mit dem Vorstand des Wirtschaftsforums habe ich mich dann auf den Weg gemacht, die Leute in St. Johann, aber vor allem die Unternehmer, kennen zu lernen. Damals hat noch keiner richtig gewusst, was die Aufgabe eines Ortsmarketings ist. Deshalb habe ich auch den Vorteil gehabt, in Ruhe alle anstehenden Projekte planen zu können. An allererster Stelle stand die Entwicklung eines Corporate Designs auf der 'To-Do-Liste'. Im Anschluss folgten die Einführung des Einkaufsgutscheines und die Gestaltung des Wochenmarktes. Für das Wochenmarkt-Projekt haben wir uns Unterstützung von einem Beratungsunternehmen geholt, um einen Treffpunkt für die St. JohannerInnen bieten zu können. Der erste Markt fand schließlich im Mai 2009 statt. Der Wochenmarkt ist bis heute eines der arbeitsintensivsten Projekte im Ortsmarketing, denn Beständigkeit und Kommunikation sind bei solchen Projekten das A und O. Durch den Markt wird der Ort belebt und die Leute freuen sich auf die wöchentlichen Markttage."

Gab es für dich Stolpersteine, die aus dem Weg geräumt werden mussten?
"Stolpersteine nicht direkt, aber wenn man in einem Ort etwas Neues schaffen will, muss man bei den Kooperationspartnern oft Überzeugungsarbeit leisten. Man muss die Leute persönlich von der Idee überzeugen und sie auch etwas aus der Komfortzone holen. Wenn man da zu schnell aufgibt, kann nichts Neues ins Leben gerufen werden."

Was waren rückblickend die größten Errungenschaften bzw. Herausforderungen beim Ortsmarketing St. Johann? Was hat sich seit 2008 alles verändert?
"Prinzipiell hat sich das Standing der Organisation verändert. Die ersten zwei Jahre waren wir noch relativ unbekannt. Danach wurden wir aber 'entdeckt'. Die gängige Meinung war, dass wir allen ein 'Rundum-Sorglos-Paket' bieten müssen und die Kooperationspartner sich zurücklehnen können. Wir haben dann aber bemerkt, dass es nachhaltiger ist, die Kooperationspartner aktiv einzubinden. Mit den Jahren sind wir auch von einem 'Ein-Frau-Unternehmen' zu einem fünfköpfigem Team herangewachsen, da gab es einige interne Umstrukturierungen hin zu einer etablierten GmbH. Anfang der 2000er-Jahre war der Bereich 'Stadtmarketing' noch sehr auf Veranstaltungsmanagement beschränkt, das hat sich in all den Jahren sehr verändert. Auch in St. Johann hat das Ortsmarketing die Attraktivität des Standortes ausbauen können. Einige Beispiele sind die Entwicklung von Strategieprojekten, die Mitarbeit beim 'Masterplan Osterkern' und einige Impulse zum Thema Gesundheit, die wir setzen konnten. Generell kann man aber sagen, dass ein Ortsmarketing immer nur so gut ist, wie es die Kooperationspartner sind. Eine der Herausforderungen ist, dass man stets dynamisch bleiben muss und sich im Klaren sein muss, was aktuell in der Wirtschaft benötigt wird. Da muss man manchmal auch den Mut dazu haben, Dinge aufzugeben und neu zu starten."

In welche Richtung wird sich das Ortsmarketing St. Johann deiner Meinung nach entwickeln?
"Der Handel wird immer ein wichtiger Bestandteil im Ort bleiben, aber aufgrund der vielseitigen Entwicklungen wird auch das Ortsmarketing in Zukunft noch breiter aufgestellt sein. Ich hoffe, dass es immer eine gute Mischung aus Strategie und Aktionismus geben wird, denn ich bin der Meinung, dass es beides brauchen wird."

Wo wird man dich in Zukunft antreffen? Wie sehen deine neuen beruflichen Aufgaben aus?
"Es wird spannend, denn mein neuer Aufgabenbereich wird noch etwas vielseitiger werden. Einerseits widme ich mich vermehrt meiner Handelsagentur Double Dutch (Agentur für Design, Lifestyle und Inneneinrichtung, Anm.), die für mich ein wichtiges Bindeglied zu meiner Heimat darstellt, andererseits werde ich ab Juni bei P3-Event in Fieberbrunn tätig sein."

Was wünschst du dir und vor allem den St. JohannerInnen für die Zukunft?
"Dass sie so bleiben wie sie sind – dass der dörfliche und gemütliche Charakter trotz den über 9.000 Einwohnern nicht verloren geht und dass sie weiterhin offen für Neues bleiben. Für mich selbst wünsche ich mir Spaß am Tun und dass ich durch die Selbstständigkeit noch mehr Projekte in die Umsetzung bringen kann.

Danke für das Gespräch!
Das Interview führte Johanna Bamberger

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